z
ne
machers Rappen, sonst schuͤttelt ihr den Lind⸗
wurm, und er beißt euch die Eingeweide ab,
sieben Daͤrme auf einmal ganz entzwei. Fuͤr's
Andere duͤrft ihr nicht mehr essen, als zweimal
des Tages einen Teller voll Gemuͤse, Mittags
An Bratwuͤrstlein dazu, und Nachts ein Ei, und
am Morgen ein Fleischsuͤpplein mit Schnittlauch
drauf. Was ihr mehr esset, davon wird nur
der Lindwurm groͤßer, also daß er euch die Leber
erdruͤckt, und der Schneider hat euch nimmer
biel anzumessen, aber der Schreiner. Dieß ist
mein Rath, und wenn ihr mir nicht folgt, so
hoͤrt ihr im andern Fruͤhjahr den Gukuk nimmer
schreien. Thut was ihr wollt!“ Als der Pa—
tient so mit ihm reden hoͤrte, ließ er sich sogleich
den andern Morgen die Stiefeln salben und machte
sich auf den Weg, wie ihm der Doktor befohlen
hatte. Den ersten Tag ging es so langsam, daß
wohl eine Schnecke haͤtte koͤnnen sein Vorreiter
seyn, und wer ihn gruͤßte, dem dankte er nicht,
und wo ein Wuͤrmlein auf der Erde kroch, das
zertrat er. Aber schon am zweiten und am drit⸗
len Morgen kam es ihm vor, als wenn die Voͤgel
schon lange nimmer so lieblich gesungen haͤtten
wie heut, und der Thau schien ihm so frisch und
die Kornrosen im Feld so roth, und alle Leute,
die ihm begegneten, sahen so freundlich aus, und
auch, und alle Morgen, wenn er aus der
Herberge ausging, war's schoͤner, und er ging
leichter und munterer dahin, und als er am
18ten Tage in der Stadt des Arztes ankam,
und den andern Morgen aufstand, war es ihm
so wohl, daß er sagte: „Ich haͤtte zu keiner
ungeschicktern Zeit koͤnnen gesund werden als jetzt,
wo ich zum Doktor soll. Wenn's mir doch nur
tin wenig in den Ohren brauste, oder das Herz⸗
wasser lief mir.“ Als er zum Doktor kam, nahm
n der Doktor bei der Hand, und sagte ihm:
Jetzt erzaͤhlt mir denn noch einmal von Grund
aus, was euch fehlt. Da sagte er: Herr Doktor,
mir fehlt Gottlob nichts, und wenn ihr so ge—
sund seyd wie ich, so sol's mich freuen. Der
Doktor sagte: „Das hat euch ein guter Geist
gerathen, daß ihr meinem Rath gefolgt habt.
Der Lindwurm ist jetzt abgestanden. Aber ihr
habt noch Eier im Leib, deßwegen muͤßt ihr wie⸗
der zu Fuß heimgehen, und dabeim fleißig Holz
saͤgen, das niemand sieht, und nicht mebr essen,
als euch der Hunger ermahnt, damit die Eier
aicht ausschluͤpfen, so koͤnnt ihr ein alter Mann
werden,“ und laͤchelte dazu. Aber der reiche
—— sagte: „Herr Doktor, ihr seyd ein
einer Kauz, und ich versteh' euch wohl, und
bat nachber dem Rath gefolgt, und 87 Jahre,
2Monate, 10 Tage gelebt wie ein Fifch im
Wasser so gesund, ugd dat alie Neujahr bem Arzt
20 Dublonen zum Gruß geschickt. (Hebel.)
n,
en
ad
re
se
18
1
10
en
Xxe
—
4
er
e
zr⸗
kte
u⸗
so
ise
J
t,
2:
un
ror
d/
en
die
cht
eg/
zer
u⸗
le,
ad
ild
f
hr
ich
ibt
nit
*
Nuͤtzliche Lehren.
15
Die Menschen nehmen oft ein kleines Unge⸗
mach viel schwerer auf, und tragen es ungé⸗—⸗
duldiger, als ein großes Ungluͤck, und der ist
aoch nicht am schlimmsten daran, der viel zu
klagen hat, und alle Tage etwas anders. Er⸗
fahrung und Uebung im üngluͤck lehrt schweigen.
Aber wenn ihr einen Menschen wißt, der nicht
ALagt, und doch nicht froͤhlich seyn kann, ihr
fragt ihn, was ihm fehle, und er sagt's euch
kurz und gut, oder gar nicht, dem sucht ein
zutes Zutrauen abzugewinnen, wenn ihr es werth
seyd, und rathet und helft ihm, wenn ihr koͤnnt.
2.
Ist denn der Mensch deßwegen so schlimm
und so schlecht, weil die boͤsen Neigungen zuerst
in seinem Herzen erwachen, und das Gute nur
durch Erziehung und Unterricht bei ihm anschlaͤgt?
A
und Unkraut aus eigener Kraft und euer Leben
ang keine Weizen⸗Ernte; und ein duͤrres Sand⸗
feld, das nicht einmal aus eigener Kraft Unkraut
treibt, wird auch euern Fleiß und eure Hoffnung
nie mit einer Fruchtgarbe erfreuen. Aber wenn
hr den guten Boden ansaͤet zu rechter Zeit, sein
vartet und pfleget, wie sich's gebuͤhret, so steigt
m Morgenthau und Abendregen eine froͤhliche
Saat empor, und die Raden und Kornrosen und
mancherlei taubes Gras moͤchten gern, aber es
kann nicht mehr empor kommen. Die gesunde
Aehre schwankt in der Luft, und fuͤllt sich mit
ostbaren Koͤrnern. So ist es mit dem Men—
schen und mit seinem Herzen auch. Was lernen
wir daraus? Man muß nicht unzeitig klagen
and hadern und die Hoffnung aufgeben, ehe sie
erfuͤllt werden kann. Man muß den Fleiß, die
Mube und Geduld, die man an eine Handvoll
Fruchthalmen gerne verwendet, an den eigenen
Kindern sich nicht verdrießen lassen. Man muß
dem Unkraut zuvorkommen, und guten Samen,
schoͤne Tugenden in das weiche zarte Herz hin⸗
— und Gott vertrauen, so wird's besser
werden.
3.
J Man vergißt im menschlichen Leben nichts fo
leicht, als das Multipliciren, wenn man es noch
so gut in der Schule gelernt hat und kann. Und
doch lernt man in der Schule fuͤr das Leben,
und die Weisbeit besteht nicht im Wissen, son⸗
dern in der rechten Anwendung und Ausuͤbung
davon.
Es kann Jemand einen Tag in den andern
nur einen Groschen unnoͤthigerweise ausgeben.
Maucher, der den Groschen uͤbrig hat, thut es,