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Der Fremde greift in seine Westentasche; aber es ist
kein Geld darin. Da zieht er eine kostbare goldene Uhr
heraus und reicht sie dem nicht weichenden Dränger hin.
Dieser aber wies mit zornigem Blicke die reiche Gabe
zurück. „Sie glauben wohl, da ich arm bin, könnten's
mich durch, Ihr Geschenk von meiner Pflicht bringen?
Jetzt gehen's erst recht mit!“
Und so führt denn der Grenzmann den angeblichen
König fort auf's nächste Zollamt. Daselbst erkennen
die Beamten alsbald den König Friedrich August von
Sachsen (f 1854) und bitten um Entschuldigung ob
des Irrthums. Der König, ein Freund der Pflanzen—
kunde und auch ein Kenner auf diesem Gebiet, hatte
nämlich einen botanischen Ausflug gemacht und seinen
Wagen in einem sächsischen Dorfwirthshause nahe an
der Grenze zurückgelassen. Im Weggehen sprach er zu
dem ganz verdutzt dastehenden Grenzmann: „Sie sehen,
daß ich die Wahrheit gesagt und demnach nicht gerade
einen Bestechungsversuch in Absicht gehabt habe. Jetzt
können Sie mit gutem Gewissen die Uhr von mir an—
nehmen; tragen Sie dieselbe zum Gedächtniß an mich
und diese Stunde. Auch werde ich an Ihren Kaisfer
schreiben und ihm sagen, was er für einen rechtschaffenen
Diener an Ihnen hat. Sie sind ein braber Mann.
Nennen Sie mir Ihren Namen.“
Jetzt fehlte es weder an freudiger Annahme der dar—⸗
gereichten Uhr noch später an dem königlichen Empfehlungs⸗
schreiben und der entsprechenden Weiterbeförderung des
pflichtgetreuen Grenzjägers.
brinz ließ ihn kommen, unterhält sich mit ihm, und die
rockenen Antworten des schon graubärtigen Wusketiers
zefallen ihm so wohl, daß er den Soldaͤten auffordert,
ich eine Gnade auszubitien. Der Musketier sagt, er
visse nichts zu bitten und bleibt bei dieser Aeußerung
nuch bei einer wiederholten Aufforderung. Auf vieles
Zureden läßt er sich denn endlich also vernehmen, wie
da oben zu lesen steht.
Räthsel.
1. Erste und zweite Silbe.
Wir tragen nicht Schmuck, weder Orden noch Stern
Doch weilen wir stets vom Hofe nicht fern.
Dritte und vierte Silbe.
Wir machen beredter, als Worte oft kund,
Was tief sich verbirgt auf der Seele Grund.
Das Ganze.
Mich bringst, du nicht fort, ob auch winzig und klein.
Wo einmal ich war, kehr' ich wieder zur Pein.
2.
Finster siehst du mir in's Auge,
Möchtest gerne mir entfliehn,
Ahnest nicht, wie oft ich tauge,
Edle Früchte groß zu ziehn.
Nimm ein Zeichen, heitre Mienen
Rufe dann ich oft hervor,
Werde gern der Freude dienen;
Willig leihst du mir dein Ohr.
Nimm noch zwei, und alles Leben
Wäre ohne mich dahin.
Leid und Freude kann ich geben,
Sucht bei Andern näch dein Sinn.
Nimm noch eins und folg der Lehre:
Sei im Guten fest, wie ich;
Dauernd so dem Bösen wehre,
Dann kann viel geschehn durch dich.
Der Musketier, der gern Reiter werden will.
„Nun, wenn's ja so sein soll: ich bin 25 Jahre bei
den Füßern gewesen, nun möchte ich's doch auch ein—
mal bei den Reitern probieren.“
Der so spricht, war ein hessischer Musketier, der sich
im brabantischen Feldzug ganz besonders brav gehalten
und die Aufmerksamkeit des Befehlshabers, der ein
preußischer Prinz war, auf sich gezogen hatte. Der
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Zum Jahresschluß.
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Auf dunkeln Schwingen senkt sich wieder
So ahnungsvoll, so tröstlich mild,
Des Jahres letzter Abend nieder
Zum winterlichen Schneegefild,
Der Abendglocken fromm Gelaͤute
Tönt hehren Klanges durch die Nacht
And predigt, wenn ich's recht mir deute:
„Der Herr hat alles wohlgemacht!“
Verrauscht ist nun der bunte Reigen
Des Jahreslaufs mit Lust und Leid;
Doch Gottes ewge Storuo Roinon
So tröstlich aus der
Am freundlich winkt
Der Abendsftern in
Ob Jahee kommen —WM
„Der Herr hat
dabt Dank — wie seid ihr schnell entschwunden,
Ihr Freuden, die das Jahr mir bot!
Fahr hin — nun bist Du überwunden,
Ull dieses Jahres Müh und Noth;
Schlaft wohl, ihr abgeschiednen Lieben!
Ob einmal noch der Schmerz erwacht,
Mir ist ein süßer Trost gebleben:
„Der Herr hat alles wohlgemacht!“
Ind wenn auch ich in dumpfer Bahre
Jetzt bei den andern draußen schlief?
ned Vnrr ws noch im alten Jahre
Zoottes Engel rief?
zeiner Jahre Sünden
ier dunkeln Nacht,
eerst getrost verkünden:
wohlgemacht!“
Run sammelt sich im Kreis der Zecher
Die Welt zum rauschenden Gelag
Ind übertäubt im Klang der Becher
Der Mitternacht gewichtgen Schlag;
Ich aber will — schlasen legen
And unter Gottes treuer Wacht
Entschlummern mit dem Abendsegen:
„Der Herr hat alles wohlgemacht!“
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In seinem Schatten ohne Sorgen
Zchlummr' ich hinein in's neue Jahr,
Als Morgenstern erscheint Er morgen,
Der Abendstern mir heute war,
Mein Pilgerstab ist Gottes Treue,
Die gnädig mich hieher gebracht;
Bom alten Jahr ererbt's das neue:
„Der Herr hat alles wohlgemacht!“
KRarl Gerof
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