Full text: Amtlicher Kalender für den Regierungsbezirk Cassel (1874-1884)

Du selbander. Also saß meine Käthe bei mir, wenn 
ich studirte, und da sie nicht wußte, was sie reden sollte, 
fing sie an und fragte mich: Herr Doctor, ist der Hoch⸗ 
meister in Preußen des Markgrafen Bruder? Er war 
aber ein und dieselbe Person.“ — Wie lieb Luther 
seine Käthe hatte, die er im Scherze bisweilen seinen 
„Herrn Käthe“ oder auch Domintis et Moses meus 
Mein Herr und mein Moses (Gesetzgeber) — nannte, da⸗ 
von geben seine Briefe und sonstigen Aussprůche beredtes 
Zeugnis. Er sagt: „Und ist mir, Gottlob, wohlgerathen; 
denn ich hab' ein fromm getreu Weib, auf welches sich 
des Mannes Herz verlassen kann.“ Am 11. August 
1526 schreibt er an Mich. Stiefel: „Es grüßet Käthe, 
meine Rippe. Sie ist mir in allem gehorsam und 
gefügsamer, als ich je geglaubt hätte, sodaß ich mich 
reicher schätze, als Crösum mit seinen Schätzen.“ In 
den Tischreden lesen wir: „Luther redete von seiner 
Hausfrau und sagte, er achte sie theurer denn das König⸗ 
reich Frankreich und der Venediger Herrschaft; denn ihm 
ein fromm Weib von Gott geschenkt und gegeben wäre; 
das wäre überflüssige Ursache genug, sie lieb und werth 
zu halten, daß sie Glauben und sich ehrlich hielte, wie 
einem frommen, züchtigen Weibe gebühret.“ — Von 
dem ihm liebsten Briefe des neuen Testaments, dem 
Briefe an die Galater, sagt er: „Die ist meine Epistel, 
meine Katharina von Bora.“ — Als er nach 12jähriger 
Ehe einst in Gotha schwer krank lag, ließ er seinen 
Freunden sagen: uxori solatio esce, quod annos 
duodecim laetum felixque matrimonium habuisgent 
(es solle seiner Gattin zum Troste dienen, daß sie 12 Jahre 
lang eine fröhliche und glückliche Ehe gehabt hätten). — 
In Briefen, die er im Jahre 1540 von Eisenach aus 
an seine Käthe schrieb, redete er sie an: „Meiner gnädigen 
Jungfer Katherin Lutherin von Bora und Zulsdors 
ein kleines Gütchen, das Luther durch Katharinens 
Sparsamkeit sich hatte erwerben können) gen Wittenberg, 
meinem Liebchen. G. (nade) u. F. (riede) Meine liebe 
Jungfer und Frau Käthe!“ Ebendaher spaͤter: „Der 
reichen Frauen zu Zülsdorf, Frauen Doctorin Katherin 
Lutherin, zu Wittenberg leiblich wohnhaftig und zu 
Zülsdorf geistlich wandelnd, meinem Liebchen zu Handen.“ 
Gesegnet war Luthers Ehe mit sechs Kindern, drei 
Söhnen und drei Töchtern, von deuen zwei Töchter 
früh gestorben sind, Elisabeth im Alter von acht Monaten, 
Magdalene 13 Jahre alt. Aus Briefen und sonstigen 
Aeußerungen gewinnen wir einen klaren Einblick, ein 
wie zärtlicher, liebevoller und treuer Vater Luther ge⸗ 
wesen ist; wie fröhlich kann er mit den Kleinen spielen, 
wie liebreich ernst sie mahnen, und wie blutel vas 
Vaterherz bei ihrem Verlufte! 
Nach der Geburt seines ersten Sohnes schreibt er 
an Spalatin: „Ich danke Euch im Herrn, daß Ihr 
mir als einem glücklichen Ehemann, den Gott so bleiben 
lassen wolle, Glück wünscht, weil ich von meinem lieben 
Weibe ein jung Johann Lutherchen durch Gottes Segen 
bekommen und aus Gottes wunderbarer Gnade zu 
Vater worden. Bittet aber, daß mir Christus da 
stind vor dem Satan bewahre, welcher wohl nicht 
unterlassen wird, dadurch er mir an dem Söhnlei 
Leid thue, wo es Gott zulassen wollte.“ 
Wir besitzen drei Briefe Luthers an diesen älteste 
Sohn Johannes, geboren den 7. Juni 1526, von dene 
wir wenigstens einen, den ersten, hier vollständig zur 
Abdruck bringen wollen. Er ist von Coburg ausar 
19. Juni 1530 geschrieben und hat folgenden Wortlaut 
„Gnad und Friede in Christo, 
mein herzliebes Söhnichen. 
Ich sehe gerne, daß Du wohl lernest und fleißig betes 
Thue also mein Söhnichen, und fahre fort; wenn ic 
heim komme, so will ich Dir einen schönen Jahrmark 
mitbringen. Ich weiß einen hübschen lustigen Garten 
da gehen viel Kinder innen, haben güldne Röcklein an 
und lesen schöne Aepfel unter den Baͤumen und Birnen 
sKirschen, Spilling und Pflaumen, singen, springen und 
sind fröhlich, haben auch schöne kleine Pferdlein mi 
züldnen Zäumen und silbernen Sätteln. Da fragte 
ch den Mann, dessen der Garten ist, weß die Kinder 
vären? Da sprach er: es sind die Kinder, die gern 
beten, lernen und fromm sind. Da sprach ich: Lueber 
Mann, ich habe auch einen Sohn, heißt Hänsichen 
Luther, möchte er nicht auch in den Garten kommen, 
daß er auch solche schöne Aepfel und Birnen essen 
möchte und solche feine Pferdlein reiten und mit diesen 
indern spielen? Da sprach der Mann: wenn er gerne 
betet, lernet und fromm ist, so soll er auch in den 
Garten kommen, Lippus und Jost auch, und wenn sie 
alle zusammen kommen, so werden sie auch Pfeifen, 
Ppauken, Lauten und allerlei Saitenspiel haben, auch 
tanzen und mit kleinen Armbrüsten schießen. Und er 
zeigte mir dort eine feine Wiese im Garten, zum Tanzen 
zugerichtet, da hingen eitel guͤldne Pfeifen, Pauken und 
eine silberne Armbrüste. Aber es war noch frühe, daß 
die Kinder noch nicht gessen hatten; darum konnie ich 
des Tanzens nicht erharren, und sprach zu dem Manne: 
ach, lieber Herr, ich will flugs hingehen und das Alles 
neinem lieben Söhnlein Haͤnsichen schreiben, daß er 
a fleißig bete und wohl Terne und fromm sei, auf 
daß er auch in diesen Garten komme; aber er hat ein? 
Muhme Lehne, die muß er mitbringen. Da sprach der 
Mann: es soll ja sein, gehe hin und schreibe ihm also 
Darum, liebes Söhnlein Hänsichen, lerne und bete ja 
zetrost und sage es Lippus und Justen auch, daß sie 
auch lernen und beten, so werdet ihr miteinander in 
den Garten kommen. Hiermit bist Du dem allmächtigen 
Gott befohlen und grüße Muhme Lehne und gieb shr 
einen Buß von meinetwegen. Anno 1530. 
Dein lieber Vater 
Martinus Luther.“ 
Aus den Tischreden stehe hier Folgendes: „Als Dr. 
Martin Anno 38 den 17. August hörete, daß sich seine
	        
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