Full text: Amtlicher Kalender für den Regierungsbezirk Cassel (1874-1884)

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Bitten und Vorschlaͤge fuͤr Freunde nuͤtzlicher Thiere. 
Mahnung zur Schonung der Fische. 
Motto: Fischen, Jagen, Vogelstellen, 
Verdirbet manchen Junggesellen. 
Wie die Vögel in der Luft, so verdienen die Fische 
m Wasser unsere aufmerksamste Beachtung. Erfreuen 
uns jene durch die Pracht ihres Gefieders, die Ge⸗— 
chwindigkeit und Anmuth ihres Fluges und die Lieb⸗ 
ichkeit des herzerquickenden Gesanges, so bewundern 
vir an den Fischen ihre wie Stahl, Silber, Gold 
ind Perlen glaͤnzende Bedeckung, ihr munteres Spiel in 
»en Wellen, ihre blitzartigen Bewegungen unter dem 
zurchsichtigen Spiegel des Wassers. Ohne die Millionen 
zroßer und kleiner, in wunderbaren Gestalten und Farben 
vechselnden Fische würden die Meere und Flüsse, Seeen 
und Bäche todt und öde sein, wie die Luft ohne Vögel, 
die Erde ohne die Säugethiere es wäre. Die Fische 
bilden ein eben so nothwendiges Glied in der Kette 
der dem Menschen zur Freude und zum Genusse ge— 
schenkten Geschöpfe als die andern Produkte unserer 
an mannigfaltigen lebenden Wesen so unendlich reichen 
Erde. Darum sind sie aber auch in gleichem Maße 
des Schutzes der Menschen würdig und bedürftig wie 
alle übrigen ihrer Herrschaft unterworfene Kreaturen. 
Alle an Fischen veruͤbte Quälereien sind um so verab— 
scheuungswürdiger, sündlicher und strafbarer, als dieselben 
nicht im Stande find, den ihnen bereiteten Schmerz 
durch Töne der Klage kund zu geben, und sie weniger 
Waffen zu ihrer Vertheidigung besitzen als viele der 
vollkommener organisirten Thiere. Und doch, wie oft 
beobachten wir recht grausame Mißhandlungen, die an 
Fischen aus Unverstand, Muthwillen, Rohheit, Habsucht 
oder gar zum Vergnügen der Menschen verübt werden. 
Anstakt die zur Nahrung des Menschen gefangenen Thiere, 
obald sie ihrem Lebenselemente, dem Wasser, entzogen 
ind, sofort zu tödten, oder, sollen sie lebendig dem 
däufer überliefert werden, in Gefäßen mit Wasser zu 
Markte zu bringen und dort bis zum Verkaufe darin 
zu belassen, steckt man sie in trockene Körbe, schleppt 
sie stundenweit zur Stadt und läßt sie auf offenem Markte, 
der Sonnenhitze ausgesetzt, langsam verschmachten.*) 
Sind sie endlich halbtodt in die Hände der Käufer über— 
Jegangen, so wissen diese oft nicht, wie man sie vollends 
tödten soll, während doch ein einziger Schlag auf den 
Kopf und ein Stich oder Schnitt in das Hinterhaupt 
ausreicht, ihnen rasch das Leben zu nehmen. In maunchen 
Küchen werden die Aale sogar erst auf dem Hackebrett 
festgenagelt, um ihnen bei lebendigem Leibe die Haut 
abzuziehen, ehe man ihnen den Lebensfaden durchschneidet. 
Auf, Anregung des Casseler Thierschutzvereins ist auf dem 
Fischmarkie in Cassel ein steinern Bassin hergerichtet, in 
welchem alle lebendig zum Verkaufe gebrachten Fische in 
frischem, fließendem Wasser aufbewahrt werden sollen. 
Doch schrecklicher noch und größer sind die Qualen, 
welche die armen wehrlosen Fische beim Fangen erdulden 
müssen. Werden sie, wie es allenthalben sein sollte, 
in Netzen gefangen und regelrecht geschlachtet, so wird 
niemand etwas dagegen einwenden. Wenn man aber 
ieht, wie von All und Jung, Groß und Klein dies 
ernste Geschäft zu einem Vergnügen herabgewürdigt 
vird, dem sie stunden-, ja tagelang sich hingeben, dann 
muß man an die Wahrheit des Sprüchwortes glauben: 
„Fischen, Jagen, Vogelstellen, 
Verdirbet manchen Junggesellen.“ 
Ganz besonders sollte man die Knaben und Jünglinge 
warnen und ihnen wehren, sich dieser Leidenschaft hinzu— 
geben. Anstatt ihre Schulaufgaben zu fertigen, etwas Nütz⸗ 
iches zu lernen, den Eltern bei der Arbeit zu helfen, das 
Zauswesen zu fördern und den Wohlstand zu mehren, 
tehen sie an Ufers Rand oder liegen bis in die Nacht 
m feuchten Grase, verderben Kleider und Schuh und 
auern mit gieriger Lust auf Raub, indem sie angeln. 
Neben dem Angeler steht ein Topf voll lebender 
Würmer oder kleiner Fische. Diese werden lehendig an 
die mit Widerhaken versehene Angel befestigt; der Rücken 
vird durchbohrt, der Angelhaken vollständig mit ihrem 
Fleische bedeckt, ohne die inneren edleren Theile zu ver— 
setzen, so daß fie recht lange in dieser martervollen Lage 
aushalten können. Von andern Fischern wird der Fisch— 
vaken dem Fischchen so hinter dem Kiemendeckel einge— 
toßen, daß derselbe über der Zunge aus dem Munde 
hervorragt; zur besseren Befestigung zieht man dem armen 
Thierchen noch einen an der Angelschnur befindlichen 
Draht durch den Rücken, läßt es als Lockspeise in das 
Wasser, wo dasselbe oft stundenlang sich unter unsäglichen 
Schmerzen windet und krümmt und durch seine Be— 
vegungen größere Fische herbeilockt. Kommen solche 
dann heran, so schnappen sie nach dem Köder, verschlingen 
denselben und bohren sich die spitzen, mit Widerhaken 
oerfehenen Angeln so fest und tief in die Kiefer, daß 
sie nicht mehr davon los können und mittels der Augel— 
schnur aus dem Wasser gezogen werden. Hocherfreut 
empfängt der jugendliche Räuber seine Beute, schleudert 
ie auf's Trockene, reißt den Haken heraus und wirft 
das gefangene, jämmerlich zerfleischte Thier noch lebend, 
aber von Schmerz gepeinigt in das neben ihm stehende 
Gefäß, (zum Abschlachten desselben nimmt er sich jetzt 
nicht Zeit) um so rasch als möglich ein neues Opfer 
seiner Raublust zu erbeuten. Daß bei solch unbarm— 
herzigem Treiben unendliche Schmerzen verursacht werden, 
das zu bedenken, kommt dem herz⸗ und gedankenlosen Ge— 
sellen nicht in den Sinn; er hört ja weder den armen Wurm 
noch den kleinen oder großen Fisch je einen Schmerzenslaut 
oon sich geben; ja das Krümmen, Schlagen und Springen 
des an der Augel festhängenden Gefangenen bereitet dem
	        
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