Full text: Amtlicher Kalender für den Regierungsbezirk Cassel (1874-1884)

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danjost ging auch; aber innerlich jubelte er, denn er 
hatte deutlich gesehen, daß Lenchen genickt hatte. 
Aber Eins hatte er vergessen, gerade das, weshalb 
x nicht mit den andern Burschen gekommen war und 
enchen noch heute sprechen wollte er war nicht zur 
srtillerie, nicht einmal zu den Husaren, sondern zu den 
sägern geschrieben worden, und die hatten ihre Garnison 
n Marburg. Hanjost hatte gebeten, man möge ihn 
och auch zur „Adollerie⸗ schreiben, und der Bürger⸗ 
ieister, auch der Herr Landrath hatte seine Bitte umer— 
ützt; da aber gerade ein Jägeroffizier zur Ausnahme 
ommandirt war, hatte es nichts geholfen, und als ihm 
er Landrath gesagt, es gelie in Bornefeld für eine 
Zlamage, nicht zu der Ariillerie oder zu den Husaren 
u kommen, hatte er laut gelacht und erklärt, an den 
brigen Bornefeldern sei ihm nichts gelegen, Hanjost 
ber sei zum schmucken Jäger geschaffen, und da er doch 
ah, wie traurig der da stand, da krat er freundlich zu 
jimm und sagte: „Nun mach ein fröhlich Gesicht, sieh 
Dich einmal im Spiegel, ob Du nicht ein schoͤneres 
ewächs bist, als Deine Kameraden. Das ist Kanonen⸗ 
utter; wir Jäger aber sind immer vorn und pflücken 
ie Rosen, ehe Jene sie sehen, und hast Du einen Schatz, 
sollst Du sehen, dem gefällt Dein grüner Rock besser, 
ils dort die Stailjacken!— 
Hanjost aber konnte es nicht verwinden, und deßhalb 
har er hinter den andern zurückgeblieben, er schämte 
ich, der einzige Bornefelder zu sein, der nicht „gepackt“ 
enug war, um bei der Bornefelder Leibwaffe zu dienen, 
as hatte er Lenchen sagen wollen. Daß sie ihn gern 
atte, das wußte er ja, 'ob sie ihn aber auch als Jaͤger 
ern behalten wolle, das maͤchte ihm Sorge. 
So geheim die Unterredung auch gewesen, Michelhatte sie 
voch bemerkt, und wie viel Uhr es geschlagen, das verrieth 
hm Lenchens ganzes Wefen. RAbere sprach nichts. 
bends ging er in die Pfarre und sagte Lenchen, es solle 
yn dort abholen, wenn's mit seiner Hausarbeit fertig sei. 
Als nun Lenchen kam, erfuhr's das, was Hanjost 
»atte sagen wollen, daß er zum Jägerbataillon ge— 
ommen sei, und mußte hören, wie Michel in echt 
bornefelder Art daruüber hohnte. Aber Michel traf 
ꝛin Ziel nicht. Lenchen hatte eben im Pfarrhause 
or Kurzem einen Jäger getroffen, einen Verwaudten 
es Pfarrers, schlank, gewaͤndt, defsen Monur ihr viel 
esser gefallen, als die der „Adollerie und so freute es 
ch darüber, daß Hanjost auch ein Jäger werden follte, — 
ur Marburg, ach das war weit. wann würde er ein— 
nal kommen könuen. 
Es kam Michel kurios vor, daß Lenchen so ruhig 
nd heiter seinen Hohn und Spott anhoͤrte, und es stieg 
m ein Zweifel auf, ob er den nicht doch sich über die 
wei geirrt habe. Doch sein Plan, der mit dem Pfarrer 
esprochen, blieb unabänderlich. Als die beiden heim 
ngen, da sagte er: „Lenchen, morgen fruüh verschlaf 
dich nicht, wir wollen nach Cassel. Leg Dir jetzt Deine 
dleider zurecht. ich will zum Wille gehn, der soll uns 
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hinfahren.“ Ob sich Hanjost und Lenchen noch ge— 
prochen? Beide waren seelenvergnügt. 
Auf dem Wege nach Cassel haͤtte Michel seine alte 
Redeweise, die Lenchen gar nicht mehr kannte, wieder 
ingenommen: Cassel — schöne Stadt — theures Pflaster, 
iber Mädchen „Druselsprung“ lernen ; Frau Räthin — 
achte Frau; Mädchen können mehr lernen wie Drusel— 
prung — u. s. w. Der Sinu der kuriosen Reden 
vurde Lenchen erst klar, als sie bei dem Rath Müller 
ꝛintraten. Die Frau, eine Base vom Pfarrer in 
Bornefeld, hatte bei ihrem Besuche im vorigen Sommer 
denchen kennen gelernt und geäußert, das Mädchen 
Jefalle ihr ausnehmend, und es wäre ihr eine Freude, 
venn sie es in ihrem Hause als Stütze haben könne. 
Damals hatte das Michel rund abgeschlagen. Gestern 
Abend, als er das Gespräch von Hanjost und Lenchen 
im Gartenzaun belauscht, waͤr er in die Pfarre gegangen 
ind hatte fertig gemacht, daß Lenchen zu der Frau 
Räthin gehen solle, wenn sie noch Lust habe. Es traf 
ich nun so, daß Lenchen gleich bleiben konnte, da der 
Herr Rath kränklich geworden war und also eine Hülfe 
um so erwünschter kam. 
Zwar erschrack Lenchen —VDD—— 
hr in die Augen, als sie erfuhr, was geschah. Aber 
ie faßte sich rasch; sie hatte auch zur Frau Räthin 
chon im vorigen Jahre eine große Liebe und viel V 
rauen gewonnen und blieb um so lieber, da Vetter 
Michel, um seinen Abschiedsschmerz zu verbergen, recht 
infreundlich und bärbeißig war. Wir übergehen, wie 
Lenchen den Leuten immer lieber und fast unentbehrlich 
purde; sie war eben ein Mädchen für Alles, aber nicht 
latterhaft, sondern gründlich in allen Dingen, ja es kam 
o weit, daß ihr eigenllich das ganze Hauswesen anvertraut 
ind sie als Kind gehalten wucde und sich fühlte als Kind 
m Hause, und dem Rath wurde sie unentbehrlich. Er 
itt an den Augen und an Schlaflosigkeit, und so mußte 
enchen ihm vorlesen, was die Raäthin bisher, jedoch 
ur mit Mühe gethan, da sie eine schwache Brust hatte, 
o daß sie nicht lange aushalten konnte. Lenchen aber 
nit einer glockenreinen Stimme fand sich bald zurecht, 
o daß sie die Zeitungen und auch andere Unterhaltungs⸗ 
chriften mit Verständniß vorlesen konnte. Sie war, 
venn man sie hörte, eine vollkommen gebildete Jungfrau, 
nan wurde aber seltsam überrascht, wenn man ihre 
Bornefelder Tracht zu sehen bekame Denn unter keiner 
Bedingung wollte sie diefelbe ablegen, und Raths nöthigten 
ie auch nicht dazu — so wie sie war, gefiel sie ihnen 
gerade, und auch die vornehmen Leute, die bei ihnen 
»erkehrten, wurden gar bald von ihrer Erscheinung ge— 
vonnen. Aber der Familie Müller wurde sie dadurch 
u großem Segen, daß sie die Hausandacht einführte. 
Lenchens Kammer war dicht neben der der Frau Räthin — 
o hoöͤrte diese, wie Lenchen jeden Abend in der Schrist 
as und betete. Das gefiel ihr, denn in ihrem Vater— 
ause war's auch so gewesen, feit sie aber in der Stadt 
ebte, war diese heilsame Zucht abgeschafft wörden:
	        
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