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sollten. Michel hörte die Spottreden ruhig an; denn
wenn er auch nicht gleich ein passendes Wort in seinem
Schatze finden konnte, hatte er seinen Beutel schoͤn ge⸗
füllt, und das war ihm zunächst genug, da er bei einer
Schwester gute Unterkunft fand. Es wurde aber kaum
still in Bornefeld, da rief der Ortsdiener Müller aus:
„Michel will sein Werk im Ganzen oder getheilt gegen
sofortige baare Zahlung heute in acht Tagen öffentlich
meistbietend verauktioniren“. Wieder wurde der Fall
vielfach besprochen, denn das war in Bornefeld unerhoͤrt,
daß ein Bauer sein väterlich Erbe so „verschleuderte“.
Und als der Termin kam, fand sich Niemand ein, der
bieten wollte; „sofortige baare Zahlung“ das war auch
ein garstiger Haken. Denn jetzt im Frühjahr baar
zahlen, wo man nicht recht wußte, wie die Ernte ausfallen
würde, das war bedenklich. Mancher Bauer in Borne—⸗
feld hatte wohl ein paar große Strümpfe voll „große
Thaler“ im Kleiderschrank liegen; aber daran hatie man
doch, wenn man am Sonntag Abend sie auf den Tisch
schüttete und erst darin „mährle“ und dann wieder zählte,
seine helle Freude, deshalb trennte man sich nicht gern
davon; man mochte auch dem Michel den Gefallen nicht
thun, ihm sein Land abkaufen, damit er mit der „langen“
Pfeife) herum gehen könnte. Die Weiber vorab haselirten
und die nicht am wenigsten, die den Michel gern zum
Schwiegersohn gehabt hätten: „Konnte der nicht sein
Werk behalten und freien? Dann hätte er zu arbeiten
und zu essen! Sollen wir nun für ihn arbeiten? Und
wenn auch wol den Männern die gut bestellten Länder
und die schönen Wiesen gefielen, des „Geschnatters und
Gezerges“ der Weiber wegen durften sie nicht daran
denken, in den Termin zu gehen. Und so saßen denn
der alte Ausrufer, der Buͤrgermeister und der Michel
allein lange Zeit auf dem Rathhause. Der Bürgermeisier
klappte endlich sein Protokoll zu, Michel kratzte sich
hinter den Ohren, der Ausrufer ging verdrießlich heim.
Der Müller mußte aber gleich wieder ausschellen, in
acht Tagen solle ein neuer Termin gehalten werden.
In Bornefeld aber wurde viel simulirt und in den
Häusern viel geredet; da im ersten Termin gar nichts
geboten worden war, so dachten Viele: siehe, wärest
Du hingegangen, so hättest Du wol billig ein Stückchen
Land kaufen können; die Anlieger sahen, wie die Frucht
auf Michels Ländern besonders gut stand, und wie sie
so ein Stückchen miteinarbeiten könnten ohne Kosten und
zroße Mühe, und wie die guten Bornefelder noch mehr
speeulirten, genug — im zweiten Termin war die große
Wirthsstube gedruͤckt voll, und man sah es den meisten
an, daß sie kauflustig kamen; mancher trank auch verstohlen
einen Kurzen, der „Kurasche“ wegen — — aber der
Verkäufer kam nicht, und der Bürgermeister wußte nicht,
ob er den Termin halten solle oder nicht.
Dieser Unsicherheit machte der alte Ernst ein Ende.
Das war der Rentereidiener, der bei allen Auktionen
des Amts als Ausrufer diente und ein unbezahlbarer
nützlicher Mensch war; durch seine Faxen und Schnurren,
urch sein lebendiges Augenblinzeln und Schabernakspielen
reizte er die Bieter und uzte Manchem etwas auf, was
der gar nicht wollte. Wenn nun der Verkaufstermin
nicht abgehalten wurde, so war Ernst in Gefahr, nichts
zu bekommen, und er haͤtte sich doch auf eine gute
Finnahme so gespitzt und hatte sie auch nöthig. Et
vandte sich deshalb an den Bürgermeister und sprach
Herr Bürgermeister, Sie wissen, wie der vorige Termin
zerlaufen ift; deshalb, denke ich, will Michel diesmal
ich nicht wieder ärgern und bleibt weg; er ist ja auch
nicht nöthig bis zum Zuschlag, und der kann auch später
gjegeben werden, nur muß ein jeder Höchstbietende in
Ihrem Protokoll sich unterschreiben, daß er sein Gebot
yalten will; der Termin muß sogar gehalten werden;
er ist bekannt gemacht und nicht abbesiellt worden.
Welches ist das erste Grundstück fuhr er, ohne des
Bürgermeisters Antwort abzuwarten, fort, alfo Karte B.
No. 32. 4 Acker 14 Ruthen Land auf der Breite —
ver bietet an? Es wurde geboten, abgeboten, das Ge—
»ot wurde in's Protokoll gesetzt und der Käufer Hans
Lurt Orth setzte seinen Namen dabei. So ging's fort
bis zum letzten Stück. Ernst machte seine Sache fehr
zut, und es kam ein für Bornefeld unerhörter Preis
jeraus. Aber Michel fehlte, und die Käufer wollten
»och wissen, woran sie wären, auch war über die Ernte
nichts bestimmt. Als noch darüber! discurirt wurde,
am ein Bote aus der Stadt und brachte an den Bürger⸗
neister einen eiligen Brief, in welchem Michel meldete,
da der vorige Termin gezeigt habe, daß es in Bornefeld
in Kauflustigen fehle, so habe er sein Land im Ganzen
in den Handelsmann Wolf Gans verkauft, der werde
s demnächst in einem Termin vereinzelnen, wer dann
rust habe, könne kommen und bieten.
Es war gut, daß Michel geschickt hatte, hätte er die
Vachricht selbst gebracht, wer weiß, was es gegeben hätte.
Auch jetzt gab's ein Heidenspektakel uͤber diesen Michel,
dessen Namen eine Menge Ehrentitel beigesetzt wurden.
Als es allmählich wieder ftill wurde, trat“ Eruft auf
ind sprach, wenn ihr meinem Rathe folgt, so bekommt
hr doch älle die Grundstücke, die ihr“ gekauft habt.
Macht's nur so, wie droben mit dem Berghäuschen.
Aber meinen Ausruferlohn werdet ihr mir nicht vor—
enthalten. Die Bauern nickten dem Manne zu und
zahlten ihm unweigerlich, was es einem Jeden trug
„Nun, Herr Bürgermeister, heben Sie das Protofoll
icher auf“, rief Ernst vergnügt, „in drei Jahren sehen
vir uns spätestens wieder, und nun macht's aut!
Dann ging er.
Die Versammelten blieben noch einige Zeit zusammen,
vas sie aber beredet, erfuhr Niemanb Als nach
ꝛinigen Tagen Michel wieder kam, war in Bornefeld
Alles still, es fragle ihn Neiemand, mon bot ihm wol
zie Zeit, weiter sprach man nichts mit ihm; als aber
vieder nach einigen Tagen Wolf Gans bei'm Bürger⸗
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