Full text: Amtlicher Kalender für den Regierungsbezirk Cassel (1874-1884)

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enderz In Kraft gelreten sind ferner diejenigen Bestimmungen, 
nden welche die Berichtigung der dermalen in den General⸗Währ⸗ 
nlau schafts⸗ und Hypoͤthekenbüchern befindlichen nträge und 
ndes deren mit dem 1. Juli 1874 eintretende Umwandlung in 
es u Grundbucheinträge regeln. Dieselben gewähren manche Er⸗ 
ingenleichterung, bis zu dem gedachten Zeitpunkt namentlich müssen 
alle Berichtigungen kostenfrei gerichtsseitig erledigt werden, 
chriß and liegt in der Gewährung dieser Kostenfreiheit eine 
Cufforderung davon den ausgiebigsten Gebrauch zu machen, 
anz abgesehen davon, daß es im dringendsten Interesse aller 
Zrundbesitzer liegt, festzussellen, ob die Einträge, welche über 
hr Grundvermögen bezüglich dessen Eigenthums und dessen 
zelastung in den öffentlichen Büchern sich finden, den wirk— 
ichen Bestande entsprechen und wenn dies nicht der Fall ist, 
ie berichtigen zu lassen, weil sonst mit dem 1. Juli 1874 die 
etzen aicht herichtigten unrichtigen Einträge formale Gültigkeit nach 
aren den Grundsätzen der neuen Grundbuchgesetze erlangen und 
schor später nur mit Aufwand vieler Kosten und Mühe beseitiat 
den werden können. 
unt⸗ Im Einzelnen nun hier aufzuführen, was nach dem 1. Juli 
ehen 1874 in Folge der neu eingeführten Gesetze zunächst von seit⸗ 
zesetz herigem Recht Abweichendes gültig sein wird, würde zu weit⸗ 
Theu läufig sein. Hervorgehoben zu werden verdient jedoch Folgendes: 
übe Waährend zur Zeit noch alle Verträge, welche Grundver⸗ 
un mögen oder dingliche Rechte an solchen zum Gegenstand haben, 
Aar.? bei Strafe der Nichtigkeit der Anzeige bdei dem Gericht der 
rund belegenen Sache und der Bestätigung durch dieses Gericht 
.nach vorgängiger Prüfung ihres materiellen Inhaltes bedürfen, 
ender der vorher außergerichtlich abgeschlossene Vertrag an sich 
dil unwirksam war und nur durch Zufügung einer Reubuße einen 
ein Erfolg haben konnte; ist dies nunmehr beseitigt, die Verträge 
ission bedürfen keiner Anzeige, keiner gerichtlichen Bestätigung mehr, 
3 sig durch die alleinige muͤndlich vor dem Grundbuchrichter abzu— 
Amte gebende Erklärung der Betheiligten, Eigenthum übertragen 
ungt zu wollen und die daran unmittelbar sich anschließende Ein— 
die tragung dieser Erklärung in das Grundbüch geht das Eigen⸗ 
arau thum uͤber; die Vereinbarung einer Reubuße zur Sicherung 
ende eines über Grundstücke abaeschlossenen unwirksamen Vertrags 
z au ist ungültig. J 
onal Fuͤr diese Verträge ist zwar im allgemeinen die schriftliche 
rivat Form vorgeschrieben, allein absolut nöthig ist sie nicht. Ist 
kehre die Auflassung nur mündlich von dem Grundbuchrichter vollzogen, 
visioe so soll der Eintrag im Grundbuch die schriftliche Form ersetzen. 
Eing— Der der Auflassung zu Grunde liegende Veräußerungs⸗ 
vertrag kann demnächst zwar noch vom Richter aufge— 
unal nommen werden, selbst wenn das betrefsende Grundeigenthüm 
riont nicht in fseinem Bezirt siegt, oder auch von einem Anwalt 
mal oder Notar, was den Betheiligten, die dann vor Gericht nicht 
ntln zu warten brauchen, bis ihre Sache an die Reihe kommt, 
4. * bequemer scein wird. Es können ihn aber auch die Vertrags- 
nest al abschließenden selbst nie derschteiben. In allen Fällen über— 
rmträgt erst die hinzukommende Auflassungserklärung das ding 
n ih liche Recht. Haben daber die Betheiligien vor einem Gericht, 
tder jn dessen Bezirk die Grundstücke n ischtt belegen sind, den 
aben Veräußerungovertrag aufnehmen lassen, so müssen sie nun doch 
rende vor dem Gericht der belegenen Sache die Auflassung vollzichen. 
n da Die Betheiligten werden daher am einfachsten verfahren, 
Kraf Penn sie — gerade wie scither — vor das Gericht der be— 
m g egenen Sache gehen, dort ihren Veräußerungsvertrag zu 
n be Protofoll geben, dann demselben noch die Auflassungserklärung 
fanl als Schlußtlaufel hinzufügen und schließlich sich uͤberzeugen, 
abe daß die Eintragung dem entsprechend erfolgt ist. 
ment h Neu ist bei n sodann weiter, daß die seit⸗ 
if, derige gefetziche Hypothek wegen des Kaufgeldes oder Kauf⸗ 
ftlich geldsrestes nicht mehr von Amtswegen wie seither, sondern 
achgte nur auf Antrag und mit Bewilligung des Eigenthümers, 
vie alle dinglichen Belastungen und Nebenbestimmungen, die 
zas Cigenthum oder die Befugniß des Eigenthümers über 
zas Grundstück zu verfügen, beschränken, eingetragen wird; 
veigert sich der Tigenihuͤmer, die Bewilligung zu geben, so 
ann man durch den Prozeßrichter eine s. g. Vormerkung, 
velche die Stelle des künftigen definitiven Eintrages sichert, 
intragen lassen. 
Diese Eintragung im Grundbuch ist überhaupt das Maß⸗ 
gebende, nur was daselbst eingetragen, Jedem erkenntlich ist, 
iit: Wer nach dem 14. Juli 18714 Im Grundbuch als Eigen- 
hümer eingetragen ist, gilt als solcher obne Weiteres, und 
e Stelle wo eine Hypothek oder sonstige Belastung im 
zrundbuch eingetragen ist, weist dem Eintrag sein Vorzugs- 
echt vor später eingetragenen Belastungen an. Ebenso hebt 
iur die Loschung, aber auch selbst die unrichtige Löschung 
zie Wirkfamteit dinglicher Rechte an Grundstücken auf. 
Dingliche Velastungen an Grundstücken können nach dem 
Juli in Hessen in drei verschiedenen Formen vorkommen: 
Junächst bleiben die älteren hessischen Hypotheken bestehen, 
venn sie auch nach dem 1. Juli nicht mehr neu bestelit 
verden können, daneben können nach dem 1. Juli 1874 die 
eueren Hypothbeken nach den Grundbuchgesetzen bestellt werden, 
iber diefe wird ein Hypothekenbrief ausgestellt, mit dem 
ie Forderungsurkunde verbunden wird, und endlich giebt 
8 dann demnächst die s. g. Grund schulden, über die ein 
g. Grundschuldbrief auf Verlangen des Eigenthümers 
nit Zint auiutungebogen versehen ausgegeben wird. 
Es kann nicht Aufgabe dieser Skuze sein, noch alle 
sbrigen neu eingeführten Rechtsinstitute und die vom 1. Jult 
874 fonst eintretende Aenderung der hestehenden aufzuzäblen; 
zur bezüglich des letzten der ebenberührten Formen der hypo⸗ 
hekarischen Rechte seien noch einige Worte angefügt: die 
hrundschuld, deren alleinige Einführung von der Regierung 
reabsichtigt war, ist eine selbstständige formale Realobligation, 
»er Grundschulbbrief ist der eigentliche Träger der Grund— 
chuld. Ohne Angabe eines Schuldgrundes im Grundbuch 
ingetragen und an den Grundschuldbrief gebunden, läßt 
je nur diejenigen Einreden gegen sich zu, welche dem Wechsel 
jegenüber geliend gemacht werden können. Sie mobilisirt 
ewissermaßen das Grundeigenthum und giebt dem Eigen⸗ 
hümer die Moͤglichkeit fur spälere Bedürfnißfälle dem Gläubiger 
ine bessere Hypothek zu geben, als die bereits eingetragenen 
vlaͤubiger haben, ohne deren Einwilligung nachsuchen zu müssen. 
Ob' diese neue Art der hypothekarischen Belastung des 
hrundvermögens speziell in Hessen, wo der Realcredit stets 
jsenügendes Kapital fand, nötbig war, steht dahin, jedenfalls 
var 'es unthunlich sie für Hessen auszuschließen. An der 
zevölkerung wird es liegen, die leicht möglichen Benach— 
—— 
hen Belastung namentlich dem kleineren Bauernstande er⸗ 
vachsen koͤnnen, wenn die Grundschuldbriefe in Hände ge— 
vissenloser Spekulanten gerathen, illusorisch zu machen, indem 
je sich der Bestellung von Belastungen des Grundvermögens 
n dieser Form wenigstens vorerst und ehe die Verhältnisse 
sch geklärt haben, enthält. Ueberhaupt basirt die neuere 
heseßgebung auf dem Grundsatz, daß die Gesetze für die 
dufmerksamen und Selbstständigen geschrieben sind, es heißt 
etzt: „Augen auf, oder den Beutel quf.“ Dies Alles legt den 
ämmtlichen Grundbesitzern die Pflicht auf, sich sobald als 
nöglich mit den Bestimmungen der Gesetze vertraut zu 
nachen. Erleichtert wird dies denselben dadurch, daß im 
Verlage des reformirten Waisenhbauses gleichzeitig mit diesem 
salender der Text der Gesetze stofflich geordnet und mit Noten 
jersehen erscheint. Der Titel dieses Werkes ist im Inseratentheil 
nthalten und wollen wir auch an dieser Stelle auf dasselbe 
ruufmerksam machen. 
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