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Der aber stand wie im Traume, nur die Hand des
Mädchens hielt er kramphaft fest.
Der Oberförster prustete gewaltig, endlich kam er
um Worte: „Grebe, ich bitt' Euch um Gotteswillen,
hrecht ein gutes Wort, sonst stößt Euch das Blut das
sderz ab! Ihr seht ja, wie's mit den Beiden beschaffen
t und daß meine alten Augen richtig gesehen hatten.
ind nachdem er nun unsers Glaubens geworden, so
innt Ihr ja gar nicht anders als dem lieben Paare
uren elterlichen Segen geben. Was er da von arm
esprochen, ist dummes Zeug; Ihr habt ein Vermögen,
sovon noch zwei Wachtmeisiersfamilien leben könnten
hne Noth, und was ihm noch blüht, das weiß man
icht; einsam und heimathlos will er wohl nicht gerne
leiben und hier findet er eine Heimath.“
Der Grebe war wie im Traͤume; er haͤtte nichts
emerkt und war zu überrascht, als daß er reden konnte;
reschaute unverwandt nach seiner Frau, die ja so oft
as Rechte traf, die aber nach ihm; denn in solchem
)auptstücke wollte sie nicht vorgreifen dem, der das
utscheidende Wort zu sprechen hatte, da stürmte Martin
erein: „Hurrah!“ rief er und hieng an dem Wachtmeister.
Hurrah, nun wirst du mein Schwager und Sabyllchen
rau Wachtmeisterin! Herr Oberförster, ich will auch
Lachtmeister werden, wie der! Hurrah, Hurrah!“
Fast gleichzeitig erhoben sich die Eltern, die Mutter
gte ihr liebes Kind an des Wachtmeisters Brust und
rach: „wenn's der Vater zufrieden ist, so gebe Euch
hott seinen Segen!“ „O ja“, stotterte der Grebe, aus
efer Brust und mit fester Stimme setzte er, sein Mützchen
bnehmend und die Haͤnde faltend hinzu: in Gottes
damen, Amen!“
Sabyllchen schaute mit verklärtem Blicke zu dem Wacht—
neister auf, der umfaßte sie fest und drückte den ersten
uuß auf ihren Scheitel; dann reichte er den beiden
Ulten und dem Oberförster die Hand, sprechen konnte
rwnicht; Martin aber stürmte hinaus und schrie auf
em Hofe aus Leibeskräften: „Hurrah, Hurrah, der
Wachtmeister und Sabyllchen sind Brautleute und ich
verde Wächtmeister!“ —
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„Am Z3. Christtage war bei Grebens in Harleshausen
dochzeit. An dem Altare in der kleinen alten Kapelle
F,sie stand an dem Platze der jetzt noch der Kirchhof
eißt mid ein Stück alter Mauer, in Bippig's Haus ein—
ebaut, ist der einzige Rest derselben — stand der
farret Cunz den Brautzug zu erwarten. Voran trat
e Braut, geführt von dem alten Oberförster und inem
sremden. Hatte der Oberförster seine Uniform, Knöpfe
ind Tressen noch so blank poliert, war des Fremden
Aniform —DD
iur auf der Braut. .Oft war sie ja in seinem Hause
»ewesen, sie war liebe Gespielin und Freundin feiner
genen Töchter; er hatte ja längst gewußt, daß das
MNädchen foͤn war, aber so schön. so aumuthiag, so fromm
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Jatte er sie nie gesehen; er sagte nachher seiner Frau, er
ei ordentlich verlegen geworden; denn es sei ihm gewesen,
ils trete ein Engel in's Kirchlein, dem er seinen Platz
räumen müße. Seine Verlegenheit wurde größer, als
neben die Braut der Bräutigam trat, nicht in der Wacht—
neister-⸗-Montur, sondern in der schönen und strahlenden
Uniform eines Husarenofficiers. Ganz verwirrt schaute
ꝛx auf das Paar; da sie sich aber die Hände reichten, so
mußte es ja richtig sein und er wartete tief bewegt doch
mit voller Würde seines Amtes.
Als er in's Hochzeitshaus trat wurden ihm die Rächsel
zelöst; der fremde Officier stellte sich ihm vor als Major
Nicolaus Luckner und fügte hinzu: „Sie dürfen sich nicht
vundern, ehrwürdiger Herr, daß ich am Hochzeitsfeste
neines Lieutenants nicht fehlen wollte. Wir haben schon
ange von Passau her als treue Freunde uns gekannt
und gehabt, dazu ist er hier vor dem Dorfe mein Retter
aus schmählicher Gefangenschaft, vielleicht vom Tode,
zeworden. Und seine liebe Frau hat mein ganzes Herz
gewonnen. Zudem konnte ich ihm ja auch die Nachricht
zringen, daß er seinen Abschied, den er beantragt, nicht
erhalten, wohl aber zum Lieutenant befördert worden ist.
Hebe der Herr dem lieben Paare den Segen, den Sie
»orher auf dasselbe herabgefleht haben.“
Am folgenden Tage war Nachfeier der Hochzeit im
Pfarrhause und in der Oberförsterei zu Kirchditmold
ind noch mehr Gäste als gestern in Harleshausen hatten
ich eingefunden. Das junge Ehepaar, der Major Luckner
ind der Oberförster hatten auf der Studierstube des
pfarrers noch eine besondere Unterredung. Es wurde
ie Trauung ins Kirchenbuch eingetragen, aber noch ein
Protokoll aufgenommen, in welchem der junge Mann
erklärte, er wolle nicht mehr Runki, sondern Runk heißen;
r habe mit der Vergangenheit abgeschlossen und dafür
solle sein Name auch Zeugniß ablegen.
Am 12. Dezember des Jahres 1759 war das Kirchlein
u Harleshausen wieder dicht gefüllt und die Hochzeits—
äste des Lieutenants Martin Runk und seiner Eheliebsten
A—
hres Erstgeborenen eingefunden. Das Knäblein erhielt
den Namen Nicolaus; denn der »weltberühmte Oberst
Nicolaus Luckner“ (so ist's im Kirchenbuche zu lesen)
var Pathe. Der Vater des Täuflings trug aber nicht
nehr die Lieutenants-Uniform, wie der Pathe nicht
nehr die eines Majors; Runk war Rittmeister und
?uckner Oberst geworden. Am 1. August des Jahres
satten sie mit ihren Schwadronen, verstärkt durch die
zeiden Hessischen Husarenregimenter bei Minden einen
zlänzenden Sieg errungen. Diese beiden Freunde hatten
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Batterie von 17 Kanonen eroberte. Schon am 29ften
zesselben Monats wars ihnen gelungen, bei Frankenberg
»as berüchtigte Fischersche Freicorps, die Plage des
Hessenlandes. zu zersprengen und zum Theil gefangden