Full text: Amtlicher Kalender für den Regierungsbezirk Cassel (1874-1884)

Diakonissenhaus zu— Treysa. 
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“ Auffallend ist's, daß eine der schönsten Erweisungen des 
uwin sristlichen Geistes, die Diakonissensache, welche schon so unendlich 
R! elen Segen gestiftet hat, einem großen Theile des evangelischen 
W Hristenvolkes gleichgültig, einem vielleicht noch größeren Theile 
9 llig unbekannt ist. Auch, bei uns in Hessen hat sie seit Jahren 
9 Stätte gefunden. Bet Treysa, hoch auf dem Ufer der 
ihe Werra, liegt das Diakonissenhaus, welchem schon Viele, krank 
in Leib und Seele, dort Zuflucht suchend, genesen am Körper und 
voll Frieden in der Brust, zu bleibendem Danke verpflichtet sind. 
Ar Den lieben Kalenderlesern wird in den folgenden Sätzen, so 
u als irgend möglich, Nachricht von diesem christl. Liebes— 
verke gegeben, um sie zu veranlassen, nicht mehr gleichgürtig 
der theilnamlos daneben hin zu gehn. Insbesondere die eben 
sungfrauen in Stadt und Land sollen darauf aufmerksam 
emacht werden, wo und wie sie sich einem köstlichen Berufe 
udmen können. 
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53. 
Diakonissen sind Jungfrauen, die als Dienerinnen Christi 
ie Pflege der Nothleidenden zum Beruf des Lebens machen 
nd sich zu diesem Beruf vorbereiten lassen. Verwundeie ver⸗ 
inden, Kranke pflegen, Kindlein erziehen, Gefallene aufrichten, 
— Arme und Alte sorgen, Traurlge trösten, Allen die Liebe 
risti erweisen ist ihre köstliche Pflicht. 
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Die Jungfrauen, welche als Diakonissen das Amt der 
warmenden Vebe zu uͤbernehmen willig sind, müssen setn nicht 
unger als 18, nicht älter als 36 Jabre, gesund an Leib und 
Seele und vor allem muß die Liebe Christi sie zu diesem Beruf 
ttiben. Arme und Reiche, Vornehme und Geringe, Städter 
nd Landbewohner, Adlige und Nichtadlige nimmt der Herr zu 
esem Amte an. Noch viele Hunderte Jungfrauen können in 
eser Arbeit des Herrn ihres Gemüths Befriedigung, ihrer 
ʒeele Frieden finden. Darum hessische Jungfrauen tretet zu 
iesem Amte! 
Die Diakonissen erhalten keinen Lohn, ader Nabrung, 
kleideng, PflegeTaschengeld fuͤr hre Bedürmisse und, wen 
arbeite ünfahig werden, gute Versorgung gibt ihnen das 
iakonissenhaus, dem sie freiwillig sich angeschlossen. Frei 
mmen sie, frei gehen sie, wenn die Liebe Christi erlischt, 
ltern ihre Dienste fordern uü. s. w. 
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d In den Dialkonissenhäusern werden Jungfrauen zum 
iakonissenamte vorbereitel. Haben sie die Vorbeneitungszeit 
tstanden, dann werden sie zu ihr m Amte, nach apostolischem 
rgange eingesegnet. Die Diakonissen heißen Schwestern. 
)as evangelifche Diakonissenhaus für Hessen ist in, Treysa. 
undert Jungfrauen können noch als Schwestern in dieses 
Rakonissenhans eintreten und helfen, den Armen, den Kranken, 
en Verwahrlosten, den Kindlein und allen Hilfsbedürftigen 
nseres eben Hessenlandes erbarmende Liebe erweisen. 
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„Im Diatonissenhause zu Treysa arbeiten die Schwestern 
m Krankenhause, — — für e Mädchen 
ind im Seminar für Lehrerinnen an Kleinkinderschulen. Im 
hantenhaufe werden Arme und Reiche, ohne Unterschied der 
onfession, mit gleicher Liebe und Treue sorgfältig gepflegt. 
d Arme aus armen Gemeinden unseres Landes werden im 
dialonissenhause frei gepflegt, wenn sie, einen Armenscheln 
sden in Arht die Hettbariit der, Krankheit bescheinigt / die 
emeinde sich für die Kosten für Arzt und Arznei (E5 Pfg. 
aͤglich) sowie des Begräbnisses verpflichtet. Sieche, Unheilbare, 
— 
Bemüthsleidende werden wegen Mangel an Raum nicht auf— 
zenommen. 
Im Erziehungsbause finden verwahrloste Mädchen Auf⸗ 
nahme, die nicht unheilbar krank, nicht unter 6, nicht über 
jZ'Jahre alt sind. Das Kostgeld für Mädchen aus unsexem 
ande beträgt 120, aus anderen Landestheilen id0 Mark jährlich. 
Hie Erziehung ist christlich; die Mädchen lernen außer den 
Schulkenninissen und Handarbeiten, was eine Magd im Haus— 
alt verstehen muß. 
Den Stand der Kleinkinderlehrerin, die Kinder vor dem 
z Jahre spielend zu erziehen, vor dem Bösen zu hüten, zum 
Buten anzuleiten, bietet jungen Mädchen eine sehr anständige 
Fxistenz. In Trepsa währt die Ausbildung 1 Jahr, ese 
die Pension 300 Mark. Gute Elementarkenntnisse, Gesundheit, 
Liebe zu Kindern, christlicher Sinn find erforderlich. 
In Cassel unterhält das Treysaer Diakonissenhaus Sack 
Nr. Todie Mägdeherberge „Marthahaus“. Hier finden 
Mädchen, die Dienste suchen, für 20 Pfg. täglich Kost und 
dogis; soichen mit guten Zeugnissen werden unentgeltlich Stellen 
beforgt. Freundlichst sind die in Cassel dienenden Mädchen ein— 
zeladen bei den Schwestern im Marthahause des Sonntags 
die freien Nachmittage zu verleben. Mit dem Marthahause 
berbunden sind eine Mägde-Erziehungs- und eine Kleinkinder— 
schule. Die Schwestern in Cassel sind daneben ständig in der 
Privat⸗, der Armen⸗ und Krankenpflege thätig. 
In Marburg arbeiten die Schwestern in den Siechen⸗ und 
im Jacobshospital, dazu nehmen sie sich in der Stadt der 
sranken und Armen sorgfältig an Auch einen blühenden 
Jungfrauen-Verein leiten sie. Gleichfalls pflegen Treysaer 
Schwestern im Diakonissenhaus zu Arolsen, im Hospital zu 
Meerholz, in der Heilanstalt für scrophulöse Kinder zu Sooden, 
auch stehen sie dem Frauenstifte zu Jesberg vor. 
Gern werden, wenn es nöthig ist, Schwestern zur Kranken⸗ 
pflege vom Diakonissenhause zu Treysa aus in alle Orte unseres 
rLandes gesandt; leider aber kann nur selten den Bitten um 
Schwestern zur Privaipflege entsprochen werden, weil die Zahl 
der Schwestern so gering ist, die an sie gestellten Forderungen 
sedoch fehr zahlreich sind. 
Vermögen hat das Diakonissenhaus nicht, durch seine 
Arbeit verdient es wenig. Die Gaben seiner Lieben er— 
— 
Marthahaus. Das Diakonissenhaus u. seine Schwestern 
dienen den Hülfsbedürftigen unseres hessischen Landes 
und darum ist es jedes guten Hessen Ehrenpflicht, 
das hessische Diakonissenhaus zu Treysa zu unterstützen. 
Wer mehr über das Diakonissenhaus und die Diakonissensache 
erfahren will, der bestelle sich alsbald bei der nächsten Poststation 
die „Monatsfschrift für Innere Mission und kirchl. Leben“, welche 
feit Anfang dieses Jahres in Treysa erscheint und jährlich nur 
1Mark koset. Hebt man sich die einzelnen Nummern sorgrältig 
auf, nachdem man sie mit der Familie und den Nachbarn ge— 
esen und besprochen hat, und läßt sie am Schlusse des Jahres 
ir wenige Groschen vom Buchbinder binden, so hat man einen 
tattlichen Band, der auch im folgenden Winter noch einmal 
mit Nutzen und Freude gelesen werden kann.
	        
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