empört auch unser Herz sein muß über ihre Frevel—⸗
thaten, sollten wir uns fragen vor dem Herzenskündiger:
Hätte die Social-Demokratie eine solche Macht in
anserm Volke zu dessen Verderben werden können, wenn
dieses Volk in Wahrheit ein christliches ge—
blieben oder vielmehr geworden wäre? Hat
nicht wachsende Entfremdung von Gott und Gleich—
gültigkeit gegen Alles, was dem Menschenleben auf
Erden erst seinen wahren Werth und Halt giebt, nämlich
seine Bestimmung, seinen Beruf für ein ewiges Dasein,
alle Stände im Volk ergriffen? Ist nicht das wüste Jagen
nach Gewinn und Genuß in unserm Volke übermächtig
geworden, ein schmachvolleres Joch als das französische?
Ist es nicht in den höheren und niederen Ständen ver—
gessen, daß wir einst Gott Rechenschaft zu geben haben
uͤber die Verwendung der von ihm uns hienieden an—
vertrauten Güter und Gaben? Ist nicht auf die stets
wachsende Gleichgültigkeit gegen die christliche Heils—
lehre und ihre Abschwächung durch Irrlehre unter dem
Schilde der Freisinnigkeit jetzt offenbarer Abfall vom
Christenthum, ja ein potenzirtes Heidenthum aufgetreten?
Ja, es ist eine Gesammtschuld, die wir tragen! Es
find Eiterbeulen, welche aufbrechen am Leibe des Volkes
und anzeigen, wie das Blut und die Säfte des Leibes
berderbt sind. Darum sollen wir auch nicht, als die
Reinen, eine wenn auch noch so verderbliche Partei im
Volke verdammen, als die allein Schuldigen, obwohl wir
sie bekämpfen. Sie will sich ihrerseits, aber vergeblich,
bon der Mitschuld an den Gräuelthaten rein waschen.
Es geht jetzt erschreckend auf, was längst mit vollen
Händen gesäet worden ist auf Cathedern und Kanzeln,
nämlich die Lehre von einer Autonomie des
Menschen, einer edlen Humanität, bei welcher
die in ihm wohnende Sünde ganz ignorirt,
ja geleugnet wird. Hiernach hat sich Erziehung,
Bildung, Gesetzgebung conformirt. Aber jetzt erfüllt es
sich, was ein verewigter Wahrheitszeuge gesagt hat:
„Humanität ohne Divinität (d. h. ohne Suchen nach Gott)
wird Bestialitaͤt.“ Die Bestie hat vor 100 Jahren die
Zähne gefletscht in der französischen Revolution und
ihren Gräueln, vor 30 Jahren in der deutschen politischen.
Jetzt stehen wir, wenn nicht Gottes Erbarmen es ver—
hindert, vor einer socialen Revolution. Der Fort—
schrittsmann Schultze-Delisch sagte schon vor 10 Jahren
im Abgeordnetenhaus: „Die sociale Frage ist die mo—
derne Sphinx. Wehe dem, der die Bestie entfesselt.
Sie wird ihn mit Löwenklauen packen und zerreißen!“
Sonst war die Treue der Ruhm der Deutschen;
dieser Ruhm ist dahin. Auch der des deutschen Fleißes
und der Tüchtigkeit der deutschen Erzeugnisse. Sonst
war es eine Ehre, ein Deutscher zu sein; jetzt müssen
wir uns des deutschen Namens schaͤmen andern Volkern
gegenüber. vor Allem dem von uns besiegten französischen,
dessen Milliarden uns nur Verderben gebracht, und
welches jetzt die größten Anstrengungen macht zu seiner
Lräftigung und Wiedererhebung. Wie hat uns Gott
—
ands, sowohl in den Befreiungskriegen, als auch in
den juͤngsten Kämpfen! Gott hat uns nicht verlassen,
da wir in größter Gefahr waren; aber wir haben
Gott verlassen, da wir gerettet waren.
Jetzt stehen wir vor einem Abgrund, der sich mitten
im veutschen Volke aufgethan hat. Wahrlich, wenn
das ehrwuͤrdige, ruhmgekrönte Haupt unseres theuern
daisers nicht mehr sicher ist vor seinem Volke, wer wagt
es, sich im Volke sicher zu halten? Wer möchte wähnen,
daß menschliche Präventiv⸗ und Repressiv-Maßregeln
ind Gesetze, wie nothwendig sie auch geworden, schützen
ind bessern können, wo solches Verderben herein⸗
zebrochen? Nur von oben her, von Gott kann uns
vahrhaft Hülfe kommen und Heilung von der schweren
drankheit, vom Verderben. Dazu gehört aber, daß
iejenigen im Volke, welche sich schmerzlich ergriffen
ühlen und gedemüthigt, wie damals, als siebenjährige
Schmach auf Preußens Volk lastete, auch aufwachen aus
aller falfchen Sicherheit und dem Verlassen auf mensch—
liche Hülfe, sich in Buße und Glauben zu dem wenden,
welcher darauf gnädig herabsieht und Gebete erhört.
— Ein edler Saͤnger in den Befreiungskriegen, Mar
von Schenkendorf, der mit gelähmtem Arm auszog in
den Kampf fürs Vaterland, sang damals:
Du läßt dich wiedersehen, des Volkes alter Hort!
Seil Allen, die verstehen dein Zeichen und dein Wort!
Du wandelst in den Lüften, im Wetter um uns her;
Du rollst in Felsenklüften die Donner stark und schwer!
O Herr, wir sinken nieder vor deiner Herrlichkeit;
Noch einmal sende nieder die letzte Gnadenzeit!
O hör' auf unser Flehen und übe noch Geduld,
Wenn wir dir eingestehen die Armuth und die Schuld!
Herr Gott, der allen Sündern in Gnaden gern vergiebt
Und an gefallnen Kindern in Strafen Wohlthat übt,
Wir alle sinken nieder und rufen flehend an,
Woll'n sein dein's Reiches Glieder und kämpfen Mann
für Mann!
Zu diesem Kampfe für Gottes Wahrheit und Reich
in unserm Volke, für die Errettung unseres Volkes vom
Verderben, so wie gegen Alles, was uns so weit brachte,
— zur gemeinsamen Bitte für unsern theuern Helden—
kaiser, den die Gottlosen zum Opfer ausersehen, der bei
einen Siegen stets Gott die Ehre gab und jetzt sein Gott⸗
hertrauen so herrlich offenbart, dessen Herz die Mörder—
hand tiefer verwundet hat als seinen Leib, — hierzu
bollte der alte Veteran seine theuern Mitbrüder auf—
fordern, ehe Gott ihn abruft in sein seliges Friedens⸗
reich.“
Auflösung der Charaden und Räthsel im voriährigen
Kalender:
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