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der aus seinem Schatze Neues und Altes hervor
trägt, Alles in Liebe. Und wenn dann ein Lied an—
gestimmt wurde, und Mariens Silberstimme so eigen
an's Herz griff, dann war's Vielen, als wenn ein
Engel des Trostes und Friedens seine Schwingen
sanft über den Andächtigen bewege, und ein Hauch
des Lebens hernieder steige aus einer bessern Welt.
Wenige im Thale gab's, welche diese selige Erfahrung
in der Grundmühle nicht gemacht hatten, und darum
waren auch nur Wenige, welche mit Müllers Schicksal
nicht die tiefste Theilnahme empfunden hätten. Wol
sann man nach, wie dem Valentin zu helfen wäre;
aber Niemand wußte Rath. Drüben in der Berg—
mühle kamen und gingen die Freunde, die Trost
spenden oder doch ihre Theilnahme bezeugen wollten,
und in der Grundmühle wurde es von Freunden
nicht lerr. Aber verwundert kamen und gingen die
Meisten. Denn an Trost fehlte es den beiden Familien
aicht; sie hatten ja den Hirten, der auch im dunkelsten
Trübsals-Thal seine Freunde mit seinem Stecken und
Stab tröstet; sie wußten den Weg zu ihm und er—⸗—
fuhren jetzt den zweiten Theil des Sprüchleins aus
Valentins Habermännchen: „Gebet erlöst aus Aengsten.“
Wohl schlich in den stillen Stunden manche Thräne
aus der Frauen Augen, und die Männer waren
ernster und stiller als sonst; Marie war häufig wie
abwesend und erschrack, wenn man sie anredete.
Am Sonntag Nachmittag waren Grundmüllers hinüber
in die Bergmühle gegangen; da hatten die Mütter
sich herzlich ausgeweint, und die Väter hatten stille
gesessen; Marie aber hatte draußen an dem Mühlen⸗
teiche träumerisch Blumen geflückt und einen Kranz
gewunden. Dieser Tag hatte die beiden Familien
enger verbunden, als sie es je zuvor gewesen waren;
sie waren in eine verschmolzen, ohne daß darüber
geredet wurde. Und dieses Gefühl der innigsten
Gemeinschaft des Glaubens, der Hoffnung, des Lebens
und Liebens hatte den Frieden in ihrem Herzen ge—
klärt, erhöht und befestigt, so daß, als gegen Abend
der alte Pfarrer Stahl eintrat, auch er kaum zu
trösten wagte, sondern, hoch getragen von der Kraft,
welche Gottes Wort und Gebet gebracht, im Namen
Gottes Erfüllung der Gebete freudig verheißen konnte.
Welchen Weg der Rettung die Angefochtenen würden
geführt werden, welche Mittel die Barmherzigkeit
Gottes ergreifen würde, das war der kleinen Gemeinde
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bar herrlich hinausführen werde, das stand felsenfest,
und als die Sonne sank, da schieden der Pfarrer
und Grundmüller sreudig und zuversichtlich, und
Marie trug ihren Kranz am Arm.
Und schon war der Herr mit seiner Hülfe auf
dem Wege.
Den Montag Morgen schickte Feldscheer Wolf zu
»em Pfarrey Stahl; denn in der Nacht war wit
einen Patienten eine werkwürdige Vexänderung vor⸗
zegangen. Der schwarze Stoffel hatte geschlafen
vie ein Murmelthier, und gegen Morgen hatte er
erklärt, es fehle ihm nichts mehr; aber Hunger und
Durst habe er wie ein Löwe. Von dem Bestle
des rothen Wiegand dagegen kamen Seufzer und
Schmerzenslaute, wie man sie bisher nicht von ihm
zehört hatte. Während der schwarze Stoffel es sich
chmecken ließ, bai der rothe Wiegand den Doctor
Wolf, er moͤge ihm doch den Pfarrer rufen lassen,
ex muͤsse nothwendig mit ihm sprechen. Wolf eilte
elbst zu dem Pfarrer und theilte ihm Wiegand'
Bitie mit. Dann schlich er in die Wohnung dee
Affefsors und theilte ihm mit, wie es in seiner Klini
tand, und forderte ihn auf auch zu kommen und zu
sören, was Wiegand dem Pfarrer etwa beichten
vberde. Brummend folgte der Assessor und setzte
ich in dem Nebenzimmer an die Wand der Kranken—
tube, die dünn und schadhaft war, so daß man leicht
»ernehmen konnte, was darin gesprochen wurde. Der
hfarrer war noch nicht daz ein unerwartetes Hinderriß
jatte ihn aufgehalten. Aber die beiden Kranken
velen mit einanber, und der Assessor verstand vollb
ommen genau, und was sie redeten, das war ihn
ollkommen genug. Der schwarze Stoffel suchte den
Wiegand zu etwas zu überreden. Laß das dumme Zeus
nit dem Pfaffen sprach er, du weißt, wie du mit ihtn
tehst. Du gehst in keine Kirche und zu keinem Abend⸗
nahl. Wie oft hat er dich rufen lassen, ermahnt und
gescholten. Was willst du mit ihm; was hoffft du
bu'ihm? Der kann vr nicht helfen.' Sei nur frisch
ind getrost wie ich; dann geht auch deine Schwäche
rüber, umd was ich dir verheißen, das halte i
Du sollft sehn, wir werden noch manches schöne gahr
nit einander leben und uns des Lebens freuen.
Aber Wiegand antwortete: wenn du noch länger
eben willst, so kann ich nichts dazu thun und nichts da
zegen haben. Ich aber sterbe; Pfingsten erlebe ich nicht
doͤl kaum den nächsten Tag. Was du mir also ver—
prichft, kann ich nicht mehr brauchen. Was mir aber de
zute Pfarrer so oft angeboten, das brauche ich sehr; dar⸗
aach verlangt mich, wie das Kind nach der Mutlerbrust
Du bist nicht gescheut! entgegnete Stoffel.
ehlt nichts, als ein tüchtig Stuck magerer Speck un
ein Kannchen Korn! Der Wolf hält Cinen so knaph—
daß man ganz von Kräften kommt. Wenn er wieder
tommt, dann bestell ich's für dich. p
Gib dir keine Müh und mach' dir meinetwegn
eine Unkosten; ich habe Hunger nach Gottes Bo
und nach Vergebung meiner Sünden, und das lan
mir nicht Wolf und du nicht verschaffen!