Full text: Amtlicher Kalender für den Regierungsbezirk Cassel (1874-1884)

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Um's kurz zu machen, ich schusterte die Woche und feierte 
en Sonntag. Ich will nicht leugnen, daß es uns oft recht 
ratzig und knapp ging, und oft der Satan mir in die 
Ohren plisperte: „wenn Du den Sonntag nach L. gingest, 
)ann hättest Du doch ein ganz anderes Leben!“ Aber ich 
ziß die Zähne aufeinander und hielt aus, und eigen war's, 
venn die Noth groß war, kam auch immer wieder Hülfe, 
ind die Sonntage waren doch wirklich schön. Zwar den 
dachmittag blieb ich meist allein zu Hause; denn meine Frau 
ing zu Bekannten. Aber dann las ich für mich in einem schönen 
zuche, repetirte auch die Lieder, die ich im Waisenhause 
jelernt hatte, und endlich wagte ich mich an die Bibel. 
Gegen Ostern kam eines Tages des Pfarrers Magd und 
estellte, ich solle einmal in die Pfarre kommen, um einem 
dinde 'was anzumessen. Die Frau Pfarrer empfing mich 
ehr freundlich und sagte: „da Sie jetzt so regelmäßig zu 
dirche kommen und den Sonntag heiligen, wie sich's schickt, 
o wollen wir versuchtn, ob wir bet Ihnen können arbeiten 
aßen. Messen Sie unserm Ludwig da ein Paar Stiefel an. 
And wenn die Stiefel fertig sind, dann bringen Sie sie 
vohl selbstz mein Mann möchte Sie auch gern einmal sprechen.“ 
Ich that nach diesem Wort. Der Herr Pfarrer nahm 
nich mit auf seine Stube, und ich blieb laͤnge dei ihm. Nach 
dieser Unterrebung war ich sein eigen, und ich sage noch jetzt: 
er ist mein bester Freund. Denn er ließ nicht nur selbst bes 
nir arbeiten und bezahlte stets baar, sondern er recommandirte 
nich auch in der Gemeinde, und ehe das Jahr zu Ende ging, 
hatte ich einen Gesellen und einen Lehrling. Der erstere war 
war tüchtig in der Arbeit, stichelte und hämmerte von früh 
zis spät / ais wenn er dem großen Christoph da oben auf 
»em Winterkasten Stiefel, oder den Gänsen Schuhe machen 
ollte. Aber als am Sonnabend Abend bei der Betglocke 
Schicht gemacht wurde, der Lehrling die fertige Arbeit weg— 
rug, und ich den Werktisch aufräumen und bei Seite setzen 
vollte, — da wurde er vbstinat. Ich aber ließ mich nicht 
xre machen. Er begehrte auf; er wollte gleich wieder fremd 
verden, und was so die Drohungen mehr sind. Aber es 
lieb bei meiner Ordnung, d. h. als der Lehrling heim kam, 
durde gegessen, dann die Bibel herbet genommen, ein 
sapiter getesen und darnach noch eine Predigt von Hofacker. 
er Gesell machte große Augen; auch blinzelte er zuweilen, 
vie meine Frau gefehen haben wollle, und endlich gingen 
vir ganz zůfrieden zu Belte. 
LVerwundert sab ich am andern Morgen auch den Gesellen 
untaglich gekleidet eintreten, und ohne Muck und Zuck be— 
zleitete er uns zur Kirche, blieb den Nachmittag zu Hause 
ind gestand mir am Abend, fo gefalle es ihm doch eigentlich 
ser so habe er's im Vaierhause auch gehabtz — aͤber in 
Fremde fei er so lange mit seinem Sonntage verspottet 
orden, bis er ihn an den Haken gehaͤngt und gethan habe 
vie seine Collegen. 
w Als im anderen Frühjahr ein Stückchen Land, freilich am 
alde gelegen, zum Verkaufe kam, meinte meine Frau, welche 
m Dorfe dekannt geworden war und sich nach der Art der 
udermn Frauen zu tragen und zu beschäftigen gelernt hatte 
wäre doch hübsch, wenn wir das Ländchen kaufen könnten. 
Zarauf batie ich nur gewartet; denn mein Wunsch war's 
—V und das Geld dazu lag parat; ich hatte in dem Jahre 
et vieler Arbeit mir ein hübsches Sümmchen erspart. So 
se ich das Ländchen und bezahlte es baar. Das machte 
zufsehn im Dorfe und fellte mich in der Achtung der Leute 
unf Schuh hoher. 
Nun gingen wir daran, das Ländchen, welches ganz in 
— steckte, zu graben und zu bestellen; denn so eine Feld⸗ 
4 q thut einem Schusterleibe gar zu gut. Kartoffeln ist 
as Feldgeschrei. Aber Erbsen find meine Leibkost, und so 
oflanzte ich am Waldsaume hin zwei Reihen Erbsen. Gott 
gab seinen Segen zum Gedeihen unserer Früchte; die Kartoffeln 
wurden nicht krank, wie es dazumal meist geschah, und die 
Erbsen wuchsen zusehends. Ich hatte lange Erbsreiser dabei 
zesteckt; aber sie reichten nicht, und Schoten gab's — so was 
zatte ich noch nie gesehen. Fast täglich aßen wir, als die 
Zeit kam, mein Leibgericht, so daß meine Frau des Pflückens 
müde wurde, und wir alle uns an der guten Kost fast über— 
drüssig aßen. Nun beschloßen wir die übrigen reifen zu lassen. 
Aber die Sperlinge, diese listigen Diebe, wußten auch, was 
gut schmeckte und zogen in Schaaren heran. Gläser, Lappen 
und was ich alles aufhängte, scheuten sie wohl einen Tag; 
den andern aber waren die Räuber frecher als vorher. Des— 
hdalb machte ich mir zwischen einem Waldbusch und den 
Erbsen ein Bänkchen und setzte mich mit einem Buche darauf, 
so oft ich ein Stündchen übrig hatte, um die ungebetenen 
Gäste zu verscheuchen. 
An einem Sonntag ⸗Nachmittag saß ich auch da, als 
zwei der reichsten Bauern im Dorfe durch den Wald kamen, 
über dies und das discourirend. Bei meinem Land machten sie 
Halt, und ich hörte ungesehen und unabsichtlich ihr Gespräch. 
„Sieh, was der Schuster wackere Kartoffeln und Erbser 
hat!“ Wohlgemerkt: ich hieß schon seit einiger Zeit der 
Schuster, d. h. der beste im Ort, der auch die meiste 
Arbeit hat. 
vig Wabrhaftigen Gott! So steht ja im ganzen Felde 
„Ja, er hat sich's auch genug Schweiß kosten laßen. Der 
Hudel ist ein echter Kerl geworden.“ 
„Wer hätte das gedacht! Er und seine Frau waren hoch⸗ 
nüthig, als sie kamen, gingen in keine Kirche, er jeden 
Sonntag über Feld, und sie im Werktagsrock und Wochen⸗ 
dreck gaffte hinter dem Fenster.“ 
„Seit er in die Kirche geh't, ist's anders mit ihm geworden, 
und der Pfarrer hält ein großes Stück auf ihn. Benk' nur, 
als ich neulich die Taufe in der Pfarre bestellte, bat er mich 
'ogar, ich möchte dem Schuster das Gärtchen, auf welchem 
seines Vaters Haus stand, ehe es abbrannte, überlaßen, daß 
er sich ein Häuschen darauf bauen könnte. Was meinst Duü 
dazu? Bezahlen kann er's wohl nicht, und ein Haus bauen 
tann er wohl erst recht nicht. Deshalb gefällt mir der Vor—⸗ 
schlag nicht, auch wenn mir der Pfarrer versichert, ich würde 
nichts an dem Schuster verlieren.“ 
„Gevatter, der Pfarrer hat Recht. Laß ihm das Plätzchen. 
Für Dich hat's keinen Werth, und wenn Du's nicht zu jauker 
hältst, so bezahlt er Dir's auch baar. Wie viel hast Du 
denn dazumal bezahlt?“ 
„Ach, daran erinnere mich nicht! Ich habe das Gärtchen 
zus Mißgunst gekauft; der Schäfer wollte es partout haben, 
und dem zum Trotz habe ich 20 Thlr. zuviel dafür gegeben, 
zabe auch nur Aerger und Verdruß und Schaden davon 
zeerntet. Wenn's der Schuster haben will, so laß ich's ihm 
20 Thlr. billiger, als ich gegeben habe; für 30 Thlr., ja 
für 25 Thlr. kann er's kriegen.“ 
Damit gingen die Bauern weiter. Ich saß wie auf 
zlühenden Kohlen, und als sie weit genug weg waren, daß 
ije mich nicht mehr sehen konnten, eilte ich spornstreichs heim 
und erzählte meiner Frau das Gehörte. Am andern Tage 
steckte ich 25 Thlr. in die Tasche und ging zum Eigenthümer 
des Bauplatzes. Wir waren bald einig, und als ich die 
25 Thlr. auf den Tisch zählte, schob mir die Bäuerin mit 
Thränen in den Augen 5 Thaler wieder zu und sprach; 
„möge der liebe Gott Dir und uns den Handel segnen; für 
uns war das Grundstück kein Segen!“ 
Ich schaute zum Bauer aufz der aber hatte auch so eign'e 
Augen, fah seine Frau gar freundlich an und sprach; „Amen!“
	        
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