Full text: Amtlicher Kalender für den Regierungsbezirk Cassel (1874-1884)

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Sie ein Freund vom Herrn Pfarrer da sind, dann will ich 
vohl mit Ihnen gehen; sprechen muß ich Ihren Freund, der 
uuch mein Freund ist, so wie so noch einmal.“ — 
So gingen wir denn über den Hof in das bewußte Stübchen. 
zald hätte jeder seinen Schoppen vor sich, und der Schuh— 
nacher J. begann auf meine Bitte, wie folgt: 
„Ich bin ein armer Waisenknabe gewesen und hier im 
eformirten Waisenhause erzogen worden. Es ist mir da so 
ut und so schlecht gegangen wie andern Waisen auch. Als 
neine Confirmation herannahte, wurde ich gefragt, was ich 
verden wolle. Ich wollte werden, was mein Vater auch 
sewesen war, ein Schuhmacher. Ich kam in die Lehre und 
‚atte es hier wieder so gut und so schlecht wie andere arme 
ehrlinge auch; aber ich lernte was. Dann ging ich in die 
fremde; denn eine eigentliche Heimath hatte ich ja in W. 
wuch nicht. In der Fremde erlebte ich das Jahr 1848; 
ch war — — doch ich brauche Idnen ja nicht Älles zu er— 
ählen. Nachdem diese Zeit vorüber war, kehrte ich doch an 
neinen Geburtsort, nach W. zurück. Ich hatie 'was gelernt, 
etzte mich selbständig und schusterte mit eisernem Fleiße 
Taͤg und Nacht, und den Sonntag Morgen hatte ich allemal 
ine tüchtige Portion Arbeit fertig. Dämit machte ich mich 
uuf, um sie meinen auswärtigen Kunden zu bringen und 
agegen neue Arbeit und Bestellungen zu suchen. In meinem 
Itte hatte ich wenig zu thun, und es lag mir nichts d'ran; 
ch war freud geworden und meinte auch, man erblicke in 
nir immer noch den armen Waisenknaben. Meine Frau, 
die ich mir aus der Fremde mitgebracht hatte, fühlte sich 
nuch nicht wohl und heimisch. Sehen Sie, mein Herr, wenn 
ine Frau fremd in kine Gemeinde kommt, dann wird sie 
on Mann und Weib berochen, wie ein fremder Hund, und 
venn einer Frau das nicht gefällt, dann wehe ihr! Meine 
Frau verstand's also nicht, sich bekannt und beliebt zu machen, 
ind ich versiand's auch nicht. Aber so immer allein zu Hause 
u sitzen, das wird langweilig. Die Woche hindurch, na, da 
at man seine Arbeit und durch sie Zeitvertreibz aber der 
Sonntag Nachmittag! Wenn man da so hinter'm Fenster steht 
ind sieht, wie sich die Nachbarn besuchen, zusammen reden 
ind lachen, vor den Thüren sitzen oder einen Gang durch's 
Jeld machen und sich freuen über ihren Waizen und Flachs, 
iber ihre Kartoffein und Rüben und ihre Berechnungen 
dagen — und hat keinen Waizen, keinen Flachs, keinen 
ohl und keine Kartoffeln, so daß auch ein Gang durch's 
feld Einen gleichgültig läßt, — ich sage Ihnen, ein solcher 
onntag ist bleischwer zu erleben. Aber, was ließ sich 
nachen? Meine Frau war aus einer Stadt und verstand 
ichts von Felt arbeiten, hatte auch keine Lust an so ein 
ischen Gärtnerei; — ich war mehrere Male im Wirthshause 
wesen; da ich aber keine Schulkameraden hatte, blieb ich allein 
ven; keiner sprach mich an; — ich trank mein Schnaͤpechen, 
un auch einen Schoppen Bier; aber es war mir immer, 
ls schnütte mir meine Einsamkeit die Kehle zu. Ich trank 
nd ging verdrießlich und verbittert heim. Da fand ich auch 
ei meiner Frau'ein Geficht, welches die Milch im Schranke 
F gemacht hätte, wenn wir nur Milch im Schranke gehabt 
Atten. Da fehlte es denn, wie an süßer Milch so auch an 
üßen Worlen. Und da bir innerlich unzufrieden waren, 
wurden wir's auch äußerlich. Ich verdiente meiner Fran 
i genug, und sit gab mir zu viel aus. Ja, mein Herr, 
* ein Elend, menn eine Frau nur immer das Portmonnai 
Mannes sroluirtz wenn sie vichts thut, um dem Manne 
w eine Ausgabe zu ersparen, vorab aber einem Anfänger, 
ch wenn er eine gute Profession hat und auten Verdienst. — 
m Um's kurz ju machen, win waren so unglücklich, wie das 
err lef ist. Und wenn ich an den, Winter und seine 
nugen Abende dachte, dann wurde mir himmelbange. 
Deshalb hatte ich in der Nachbarschaft Kunden gesucht 
ind gefunden, und wie schon gesagt, den Sonntag, wenn 
ch gefrühstückt und mich rasiert hatte, dann machte ich 
nich auf die Lappen, meine Schuh' und Stiefel auf dem 
Buckel, und marschirte über die Berge. In L wo ich die 
neisten Kunden, hatte, ging ich, wenn ich Nachmittags mit 
hnen fertig war, in's Wirthshaus, aß etwas und trank 
affee. Meine Kunden, die meiner Arbeit und meiner Preise 
wegen mich wohl leiden konnten, luden mich ein, wenn sie 
n's Wirthshaus kamen, mich zu ihnen zu setzen, mit ihnen 
u trinken und auch wohl ein Kartenspielchen mit ihnen zu 
nachen. Ach, dann ging mir das Herz auf. Ich war doch 
inter Menschen, die in mir nicht den armen, einsamen und 
erlaßenen Waisenknaben, sondern einen tüchtigen Meister 
ahen, die mich auch allmählich gern hatten, da ich ihnen 
zon meinen Wanderjahren allerlei Ernstes und allerlei Spaß— 
zaftes zu erzählen wußte. So kam's, daß ich mich schon die 
zanze Woche auf den Sonntag freute. Ich freute mich, 
venn ich aufrichtig sein soll, auch darum, weil meine Frau 
zllein sein und sich allein ärgern und versäuern mußte. 
Und wenn das Wetier noch so garstig war, so um 9 bis 
O Uhr trabte ich mit der brennenden Pfeife im Munde zur 
dinterthür hinaus, auf dem Hundepfade durch's Feld auf 
k. los. 
Da kam mir an einem Sonntage, als der erste Schnee 
zefallen war, weshalb ich etwas später zu Hause weggegangen 
var, unser Pfarrer, Ihr Freund, auf der Hälfte des Weges 
entgegen Er hatte auf seiner Filiale gepredigt und ließ 
ein Pferd scharf ausgreifen; denn in W. läutete schon die 
Hlocke, das Zeichen zur Kirche. Als er aber mir nahe kam, 
»og er vom schmalen Wege ab, so daß ich bequem vorüber 
Jehen konnte. Ich that, als kenne ich ihn nicht und wollte 
asch an ihm vorbei. Aber er hatte mich erkannt, hielt sein 
Pferd an und fragte: „J., was bedeutet doch das Läuten dort 
n W.?«“ „Ei, das werden Sie ja wohl wissen“, antwortete 
ch schnippischz; „in einer halben Stunde geht die Kirche an.“ 
„So, das wissen Sie und kehren der Kirche den Rücken?“ 
„Ja, ich habe keine Zeit in die Kirche zu gehen; ich 
orschire meine Profession und muß den Sonntag zu Hülfe 
tehmen, wenn ich ehrlich 'rum kommen soll.“ 
„Wie wäre es aber, wenn Sie Gott zu Hülfe nähmen?“ 
„O den habe ich auch, Herr Pfarrer; das brauchen Sie 
nir nicht erst zu sagen. Adieu, Herr Pfarrer!“ Damit 
marschirte ich ab. 
Der Pfarrer hielt noch eine Weile stillez ob er mir nach⸗ 
sah und noch etwas sagen wollte? Ich aber wollte nichts 
zören und marschirte stramm d'rauf los. Ich lachte so vor 
mich hin. „Dem hast Du's abgemacht,“ dachte ich vergnügt; 
‚der hält Dich nicht wieder an. Was geht's auch den 
pfaffen an, was und wie ich's treibe? Er giebt mir doch 
nichis. Und ich will auch nichts von ihm, und wenn er 
etzt käme und sich ein Paar Stiefel wollte anmessen laßen, 
ch machte sie ihm nicht. „Adieu Herr Pfarr!“« rief ich laut, 
ndem ich mich umdrehte. Da hielt er noch oben auf der 
Zöhe und sah mir nach. Ich wußte nicht, was ich daraus 
zehmen sollte. 
Aber mochte er denken, was er wollte, ich kümmerte mich 
nchts d'rum und ging meiner Wege und ging jeden folgenden 
Zonntag dem Pfarrer sogar zum Trotz, auch wenn ich 'mal 
zätte zü Hause bleiben können. Der Pfarrer wurde auch 
nicht müde mit seinen Erinnerungen und Ermahnungen. 
So begegneten wir uns denn auch am ersten Christtage, 
iber diesmal doch etwas anders. Der Pfarrer ritt scharf 
zuf mich ein, und während er sonst sein schweres Pferd hatte 
usbiegen laßen, blieb er heute auf der Bahn und ich mußte 
in den tiefen Schnee treten, wenn mich das Pferd nicht
	        
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