Full text: Amtlicher Kalender für den Regierungsbezirk Cassel (1874-1884)

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— 
Uebertreter seiner Gebote zu strafen, wie die treuen 
Erfüller zu belohnen. Den Glauben Dir zu stärken, 
dazu laß mich Dir jetzt zwei wahre Geschichten 
erzählen, die wir beide überschreiben können: 
„Denen, die Gott lieben, 
Muß auch ihr Betrüben 
Lauter Segen sein;“ 
bon denen die zweite uns aber zugleich eine Bewäh— 
rung des Sprüchwortes zeigt: 
„Was der Sonntag erwirbt, 
Schon der Montag verdirbt.“ 
Es war an einem herrlichen Sonntag im Juni, 
in der Zeit der Heuernte. Seit zwei Wochen hatte 
es fast jeden Tag geregnet; ein Gewitterschauer war 
ꝛft dem anderen auf dem Fuße gefolgt, und es war 
bis jetzt unmöglich gewesen, das in diesem Jahre 
o gut gerathene Heu aus den fruchtbaren Wiesen 
des breiten Flußthales trocken heim zu bringen. Heute 
iber war in der Witterung offenbar eine Aenderung 
ingetreten. Der goldene Hahn auf dem Kirchthurm, 
uu welchem die Bevölkerung von D. in den letzten 
Tagen so oft aufgeschaut hatte, blickte nach Osten, 
ind der wolkenlose Himmel hatte in diesem Jahre 
noch nicht ein so schͤnes Blau aufzuweisen gehabi. 
Die Glocken läuteten; aber nur vereinzelt sah 
nan die Leute zur Kirche gehen, dagegen zahlreiche 
Manner, Frauen, junge Burschen und Mädchen — 
n ihren Werktagskleidern, mit Heugabeln und Harken 
ersehen — den Wiesen zueilen. Heute schien es 
elingen zu wollen, manchen Wagen voll duftenden 
Heus in die Scheunen zu bringen. 
Zu den Kirchgängern gehörte auch ein alter Mann 
Namens Rahlenbeck. Es war ihm heute zwar nicht 
o leicht geworden, die Versuchung zu überwinden, 
ꝛie auch ihm nicht fern geblieben war. Aber „Du 
ollst den Feiertag heiligen!« hatte er seinem Nachbar 
ur Antwort gegeben, als ihn dieser gefragt haͤtte, 
ob er denn einen so schönen Tag nicht benutzen wolle; 
nan könne doch nicht wissen, ob das Wetter sich 
alten würde; und dann hatte er rasch den Sonntags— 
vock angezogen und war dem Gotteshause zugealt, 
he noch die Glocken zu läuten begonnen hatten. 
Das Wetter hielt sich, und was der Morgen 
erheißen hatte, erfüllte der Abend. Schwerbeladene 
Wagen trafen im Dorfe ein; oben auf saßen die 
Burschen und Mädchen, die nach harter Arbeit in 
iühender Sonnenhitze der Kühlung und Ruhe sich 
reuten und fröhliche Lieder sangen. Es wäre das 
aAlles sehr schön gewesen, wenn es nicht Sonntag 
gewesen wäre! 
Am andern Morgen, als die Sperlinge auf den 
Dächern zu zwitschern begannen, trat Rahlenbeck mit 
Frau und Tochter aus dem Hause, und hinaus ging's 
nach dem „Wittkampo, wie die schöne Wiese hieß, die 
schon seit mehr als hundert Jahren ununterbrochen 
einen Rahlenbeck zum Eigenthümer hatte. „Keiner dieses 
Namens hat am Sonntag auf dieser Wiese gearbeitet, 
und keines Fuhrwerks Räder haben am Tage des 
HErrn diesen Boden berührt“, hatte R. immer stolz 
erzählt. Der alte Mann freute sich heute Morgen 
erst recht, daß er sich seiner Väter würdig gezeigt 
hatte. „Mein Heu wird heute so gut trocken werden, 
wie gestern das des Nachbars⸗, sagte er, als die 
Arbeit begann. „Vielleicht rascher noch,“ wollte er 
hinzufügen, sprach aber die Worte nicht aus, als er 
ah, wie die eben aufgehende Sonne von einem 
Wolkenkreis umgeben, und er die Bemerkung machte, 
daß in der Nacht kein Thau gefallen war. 
Der Abend war nahe. Die Sonne hatte ihre 
Arbeit gethan und das vor vierzehn Tagen auf dem 
Wittkamp gemähte Gras trocken bekommen. Eben 
war der Wagen angelangt, auf den die schöne Last 
gepackt werden sollte. Schon vor einer Stunde hatten 
sich finstere Wolken am südlichen Horizont gesammelt; 
die stiegen jetzt langsam herauf. Man kounte sich's 
nicht verhehlen, daß wieder ein Gewitter im Anzug 
var; aber es war noch nicht so weit; es konnte noch 
nehr als eine Stunde dauern, ehe es sich vollständig 
ausgebildet hatte; es konnte auch verziehen, wie R. 
es schon oft bei den Gewittern beobachtet hatte, die 
oon Süden her über den Brasberg kamen. „Wir 
vollen es versuchen,« sagte er; „einen Wagen voll 
zringen wir doch wenigstens fort,“ und dann ging es 
rüstig an's Werk. — Aber die schwarzen Wolken 
zogen rascher herauf, als er geahnt hatte. Siehe, 
da zuckte schon ein Blitz quer durch sie hindurch; ein 
Donner folgte. Frau und Tochter eilten nach Hause. 
R. begleitete den Wagen. Die Pferde zogen küchtig 
an; aber sie hatten die ersten Häuser des Dorfes 
toch nicht erreicht, da öffneten sich des Himmels 
Schleusen; ein wolkenbruchartiger Regen stürzte nieder, 
und die Straße wurde derart überfluthet, daß das 
Wasser stromweise in die Keller lief. 
Vor dem Dorfe hatte R. den Wagen stehen 
lassen; er stand jetzt in der Thür seines Hauses. 
„HErr, warum hast du mir den Gefallen nicht 
gethan? sagte er, mit thränendem Auge gen Himmel 
olickend, und dann gab er sich selbst die Auͤtwort: 
„Ich habe ihm auch so oft den Willen nicht gethan,“ 
eufzte er vor sich hin, und damit tröstete er sich. 
Indessen der liebe Gott hat mit den Seinigen 
mmer Gedanken der Liebe und des Friedens. Das 
sollte R. auch jetzt wieder erfahren. In der folgenden
	        
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