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HZarnisonsort angewiesen wurde, hätte ausruhen
zunen von allen Muͤhen, Kämpfen und Nöthen.
Allein Belgrad war keine Stätte zur Erholung.
Ein Veteran dieses Regiments schreibt, es habe
»ort „von wegen der vielen todten Tuͤrken dermaßen
zestunken, daß man es bale nit hätte abhalten
oͤnnen“. Unter diesen Umständen empfanden es
insre Hessen gewiß als eine Wohlthat, als sie
—BV————
chönen Italiens erhielten, freilich nicht, um zu
uhen und zu genießen, sondern um auch dort zu
aͤmpfen, nämlich wider die Spanier, und um neue
suhmeslorbeeren zu pflücken.
Wo drückt der Schuh?
——
Das ist eine Frage, auf welche bekanntlich nach
»em Sprüchwort Niemand besser soll Antwort geben
oͤnnen, als Jeder für sich selbst. Aber es gibt gar
jewichtige Fälle, in denen die Bedrückten wohl wissen,
»aß er sie drückt, und doch eigentlich nicht recht, wo,
a im Gegentheil, wo sie an dem kranken Fuße und
in dem drückenden Schuh herumdoctern aber an der
alschen Stelle und darum das Uebel schlimmer machen,
tatt besser. In solcher Lage scheint mir zum guten
Theil eben unser deutsches Volk zu sein.“
Als uns Gott in den Jahren 1870 und 71 die
roßen glänzenden Siege und durch sie nicht allein
Befreiung von aller Angst vor dem draͤuenden Erb—
einde, sondern auch in einem ruhmoollen Frieden
ine — bis dahin unerhörte — Summe als Kriegs-—
ntschädigung zuwandte, da schien es in den Augen
bieler, als müsse nun das goldne Zeitalter ftracks
einen Einzug bei uns halten. Da schien es ganz
nvermeidlich, daß nunmehr unser Volk von oben
is unten mit Reichthum müsse uͤberschüttet werden.
UAnd um ja bei dem erwarteten allgemeinen Geld⸗
egen nicht leer auszugehen, sondern recht viel heim—
cagen zu können, suchte sich Jeder ein recht großes
vefß anzus chaffen, und wenn's ihm auch noch so theuer
in stehen kani; — das war die Zeit der Grüudungen.
Ind wer nicht selbst das Gefäß in Haͤnden halten
onnte, als Verwaltungsrath ꝛc., der eilte, um
denigstens einen anderen Vertrauensmann zu der
hefaͤltigkeit zu dewegen, daß er für ihn mithielt und
nitauffing, wenn der Regen losging. Nun,
ind wie ist's geworden? Der Goldregen hat ver—
eblich auf sich warten lassen; dagegen der große
drach ist gekommen. Und noch immer kann man
ih nicht wieder erholen. Der Mann, welcher
* seinen Genossenschaften alle socialen Uebel zu
eilen gedachte, (Schulze-Delihefch) haf jüngft
ffentlich bekanunt, — es war zu Heidelberg in einem
zelegentlich der Jahresversammlung des Volksbildungs⸗
hereins gehaltenen Vortrage:
„Wer bezüglich unsrer socialen Verhältnisse nicht
jerade im untersten Thal stehe, werde zugeben, daß
msre gesammten wirthschaftlichen uünd sitt
ichen Zustände nunmehr aͤuf einer Stufe ange⸗
angt seien, von der sie in den Abgrund bo76
Ruins zu stürzen drohten.“ J
In Bezug auf die wirthschaftlichen Verhältnisse
insres Vaterlandes bedarf es keines Nachweises fur
zie nur allzutraurige Wahrheit jenes Zugeständnisses.
Der Druck, der auf, allen Geschäften und Erwerbs—
weigen ruht und in dem Comptoir des großen
Fabrikanten und Kaufherrn ebens owohl empfunden wird,
pie in dem schwülen Dachstübchen des armen Schuh⸗
lickers und der blassen Näherin, und daneben die
erdoppelten, verdrei- und vervierfachten Preise aller
ꝛebensbedürfnisse, die trotz Allem nicht wieder
eruntergehn wollen, — das alles revet eine fuͤr
gedermau verstaͤndüche und nicht. zu Aberhoreure
Sprache. — Ist's denn möglich, daß unser Volk
zurch die 5 Milliarden im Gruude alfo nur ärmer
ollte geworden sein? Nein, durch die 5 Milliarden
eigentlich nicht, aber trotz derselben und darum,
peil die 3 Milliarden uns übermüthig gemacht unvb
ittlich geschadet haben, darum freilich auch durch
zie 5 Milliarven. Unser volkswirthfchaftlicher
Nuin ruht auf dem sittlich enu. Und damit Du,
ieher Leser, nicht etwa glaubst, ich gehöre zu den
Zchwarzsehern, welche das alte Weiberlied von der
„guten alten Zeit⸗ anstimmen (die in Wirklichkeit
zie existirt hat, Du müßtest denn bis in's Paradies
urückgehn wollen) und dabei die ganze neue Zeit,
»ie Gegenwart, nur durch ein schwarzgefärbtes
Brillenglas ansehen, so will ich Dir einige Zahlen
yor die Augen rücken, kalte, unpartheusche und
unbestechliche Zeugen von der ZuUnahme der Ver—
brechen in Preußen.
1872 betrug die Gesammtzahl der eingeleiteten
Antersuchungen 102,077; in 1874: 120400. Die
Verbrechen und Vergehen gegen die öffentliche Ord⸗
nung stiegen von 9201 auf 12,237, wider die Sitt⸗—
ichkeit von 1262 auf 1617, die Fälle von Wider—
tand gegen die Staatsgewalt von 4787 auf 50912,
Mord und Todtschlag von 171 auf 238, Kindes⸗
nord von 97 auf 137, Körperverletzung von 9906
auf 13,206, Diebstahl von 42,503 auf“ 44,739.
Daß der Schuh uns drückt und hart drückt,
as Tann Nieniand deugnen. Aber wy d tgenüch
rückt, aus welcher Ursache der Schuh drückt,
vie zu helfen sei, darüber sind die Gelehrten
weniger einig.