Full text: Kurhessischer Kalender (1830-1835)

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mit einer Blasenhaut, worin Löcher gestochen 
werden, zubinden, damit das Del frei ausdün 
sten könne. Je älter das Mohnöl wird, desto 
mehr verbessert es sich. 
Auf einem Morgen werden im Durchschnitt 
15 Himten Mohnsaamen geerndtet. Aus einem 
Himten werden 16 Pfund Oel geschlagen. Das 
Del ist wenigstens 6 gGr. werth und reißend 
dafür abzusetzen. Der Geldertrag eines Morgens 
wäre also Zz Thlr. 9 gGr. Die Nachernbte der 
Möhren würde füglich die Kosten bezahlen, und 
durch Viehfütterung den Dünger ersetzen. 
In Thüringen, wo man viel Mohn baut, bringt 
man den Mohnsaamen in die sogenannten Oel- 
mühlen, welche vom Wasser getrieben werden. 
Es werden daher die inwendig nach einem Bogen 
ausgehöhlten, und unten mit eisernen Platten 
versehenen Gruben des Grubenbaums mit dem 
Saamen angefüllt, wo denn immer wechselweise, 
zwei hölzerne, mit Eisen beschwerte Stampfen, 
die von ter Daumwelle gehoben werden, in jede 
Grude fallen, welche den zumAuspressen bestimm 
ten Saamen zerquetschen. Der nun gequetschte 
Saamen wird dann in Haartücher geschlagen, 
und mit denseiben in die Näpfe oder zwischen die 
Preßplatten gelegt. Nachdem diese in die Gruben 
der Oelladen gesetzt sind, wird derLösekei! einge 
steckt, und hiernach der Preßkeil vom Oelschlägel 
hineingetrieben, worauf das Oel aus einer Oeff- 
nung im Boden in der Oellade, in die untergesetz 
ten Gefäße läuft, und Jungfernöl genannt wird. 
Die einmal ausgepreßten Saamen werden noch 
einmal gestampft, mit Wasser angefeuchtet, und 
wieder in der Oellade ausgepreßt. Dieses Oel 
ist von minderer Güte, und weniger haltbar, als 
das Jungfernöl. 
Um den Mohnsaamen aus den Köpfen zu brin 
gen, hat übrigens schon vor vielen Jahren, ein 
in Erfurt als Denker und Künstler genau be 
kannter Bäcker, Namens F ischer, emeMohn 
mühle erfunden. In Ansehung des Ertrages kann 
man im Durchschnitt 80^bis 100 Körner, in guten 
Jahren und in zweckmäßigem Boden bis an 200 
Körner erndten. Da nun das Mohnöl feiner ist 
und besser, besonders zur Verspeisung gebraucht 
wird, a's das vom Rübsaamen, weshalb es 
auch theurer bezahlt wird; so ist der Anbau 
des Mohnes im Großen sehr Vortheilhaft. 
3) Lein und Flachs. 
Ueber den Leinsaamen in Ansehung 
seiner Beschaffenheit und Aussaat. 
Der Handel mit dem Leinsaamen ist groß und 
beträchtlich; die deutschen Seestädte, Lübeck, 
Hamburg und Bremen, ingleichen Holland, be 
sonders Amsterdam, holen davon jährlich eine 
unbeschreibliche Menge, bei ganzen Schiffsla 
dungen aus den wegen ihres reichen und vortreff 
lichen Flachsbaues so bekannten, an dem balti 
schen Meere gelegenen Ländern, Liefland, Cur- 
land, Polen und Preußen, und deren Städten, 
Riga, Reval, Pernau, Libau, Memels 
Tilsit, Königsberg und Danzig, ab, um 
damit andere Länder zu versorgen, die zwar auch 
Flachsbau treiben, deren selbst erbauter Lein- 
saame aber keinen so gutenFlachs giebt, als der, 
welcher aus den erwähnten nordischen Ländern 
kommt. Besonders aber versorgen sie damit 
Schlesien, die Lausitz, Westphalen, und die 
Braunschweigschen und Lüneburgschen Lande, 
Halbcrstadt und Magdeburg, ingletchen andere 
deutsche Provinzen, die Niederlande, und auch 
Frankreich. 
Bei dem Einkäufe des Leinsaamens ist über 
haupt dahin zu sehen, daß er fein, blank oder 
glanzend , röthlich, starkkörnig, rein, und soviel 
als möglich ohne Dotter und Seide und andere 
dergleichen Unreinigkeiten, von einem öligen Ge 
schmacke, und ohne Geruch sey. Was die beson 
dern Kennzeichen betrifft, aus denen die verschie 
denen^ Gattungen des Leinsaamenö, nach dem 
Unterschlede der Länder und der Städte, woher 
solcher kommt, erkannt werden, so bestehen solche 
in folgenden: 
Der Rigaische Leinsaamen kommt in 
Tonnen von eichenem Holz, die zwei kreuzweise 
eingebrannte Schlüssel mit der Jahrzahl, wann 
solche ausgesendet worden sind, zum Zeichen füh 
ren; der Curländische Leinsaamen kommt in 
Tonnen von Föhren - oder Tannen-Holz, die 
oben mit dem eingebrannten Zeichen L. B , «tuen 
aber mit der Jahrzahl, da sie abgesandt worden, 
bemerkt sind; beide Gattungen sind in der Güte 
einander gleich. Der Leinsaamen von Pern au, 
Reval und Memel haben ebenfalls jeder sein 
besonderes, aufdieTonnen eingebraütesZeichen; 
ausserdem sind die Memelschen Tonnen noch darin 
unterschieden, daß sie länglicher und schmäler 
sind, als die L i b a u i sch e n. 
Schlag saat oder Sch lagsaamen enthalt 
die unreifen oder beschädigten Körner, die nicht 
zur Aussaat benutzt werden können; damit diese 
Gattung nicht den Ausländern für guten Leirr^ 
saamen verkauft werde, läßt die Obrigkeit zu 
Riga, vor der neuen Zufuhr deö frischen Saamens, 
oder in den legten Tagen des Augustmvnatö, alle 
Speicher der Bürger durchsuchen und nachsehen, 
ob darin noch alter vorjähriger Saame liege. 
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