Full text: Kurhessischer Kalender (1830-1835)

icysn zu oen Jetten des Ai a th i o- 
i lu ö in Steiermark und Oesterreich beständig zu 
den Speisen gebraucht., Auch in Frankreich wurde 
es, als im Winter 1709 die Oelbaume erfroren, zu 
jjj 1 gleichem Zwecke angewandt« In Argow gebraucht 
man es ohne Nachrheii statt der Butter. Auch 
^ hat man in Frankreich aufAnrathen des berühm 
ten Rozier, seinen Gebrauch eingeführt, wodurch 
dies Reich schon viele Millionen gewonnen hat. 
So essen auch Kinder die aus dem Ueberbleibfel 
nach dem Auspressen verfertigten Kuchen ohne 
Schaden; auch zum Viehfutter sind diese Kuchen 
dienlich. 
Es ist allgemein bekannt, und von feinen Zun 
gen eingestanden, daß das oben erwähnte Oel 
vom weißen. Mohne, wenn es gut bereitet wor 
den, das gute ordinaire Baumöl weit übertreffe, 
und dem Achten Provenzer Oel im Geschmack 
fast gleich komme. 
Viele gute Haushälter haben daher den weißen 
Mohn in ihren Garten gebauet, und ihren Be 
darf von Oel daraus schlagen lassen. Im Großen 
«der und als Handelsartikel, ist er noch wenig 
gebauet worden. Die beschwerliche Sammlung, 
Abtrocknung und Oeffnung der Mohnköpfe im 
Kleinen hat bisher vielleicht manchen Landwirth 
vom Anbau desselben im Großen zurückgeschreckt. 
Folgende Anweisung zum Mohnbau im Großen, 
welche vom Herrn Gartenmeister Poske in 
Linden herrührt, zeigt verschiedene Handgriffe, 
die dabei vorkommenden Geschäfte sich zu erlelch- 
1 . lern. Die beste Zeit zum Aussäen des Mohn- 
faamens ist vom Anfange bis zur Mitte Aprils. 
Nicht früher, weil sonst so viel Unkraut entstehet, 
nicht spater, weil er sonst zu spat reifet. Der. 
offene Mohn liefert zwar mehr Saamen, wenn 
man ihn sämmtlich erhielte; da er aber bei hefti 
gem Winde zum Theil verloren geht, so ist der 
mit geschlossenen Köpfen vorzuziehen. Der Mohn ' 
verlangt einen gut begeilten, obgleich nicht frisch 
gedüngten Boden. Ein Feld, drs im vorigen 
Jahre Weißkohl., Tabak und dergleichen getra 
gen, ist ihm am angemessensten. Er kann aber 
auch auf gedüngten Brachwaizen oder Rocken 
folgen. - 
Der Acker kann sehr füglich zweifach benutzt 
werden , wenn, man Mohn nnd gelbe Wurzeln 
zusammen darauf säet* Jedoch müssen auf einen 
Kalenbergischen Morgen nicht mehr als 2 Pfund 
gelbe Wurzeln unb 1 Pfund Mohn zusammen 
gesäet werden; sonst bleiben die Mohnköpfe zu 
! klein. 
Wenn die Pflanzen bis 2 Zoll herangewachsen 
sind, so müssen sie gegätet und vom Unkrauts 
gereinigt werden, so daß jede Pflanze eine Spanne J 
lang von der anderen zu stehen kömmt. Bisher 
hat man die Mohnköpfe, wenn sie reif waren, l J. 
abgebrochen, und auf den Hausboden zum Ab- \ r 
trocknen hingeschüttet. Die so weitläufige und 
vielen Raum erfordernde Methode muß nicht nur s \ 
den Mohn bau im Großen verhindern; sondern ^ 
es werden auch die Köpfe leicht schimmlig, wo- : 
durch der Saamen Schaden leidet, und das 
Oel einen widrigen Beigeschmack bekommt. \ \ 
Herr Poske verfährt daher bei Einerndtung > t 
des Mohns auf folgende leichte Art: Wenn er I 1 
reif ist, läßt er die Pflanze aufziehen, in kleine 
Bündel zusammen fassen, daß die Köpfe gleich 
an einander zu liegen kommen, und sie nur zwei 
mal, erstens unter den Köpfen und dann am 
Wurzelende zusammenbinden, t , 
Diese Bündel werden nun, wie das Korn, in 
Stiegen aufrecht nebeneinander gestellt, wenn 
sie trocken sind, was nach Beschaffenheit der Wit 
terung in 8—10 Tagen geschiehet, eingefahren. 
Dann aber bedient er sich, statt des Oeffnens ' . 
mit der Hand und dem Messer, der Häckselschneider 
lade. Hier kann ein Mann in einem halben Tage 
mehr verrichten, als 12 Personen den ganzen 
Lag über mit dem Abpflücken. Die Köpfe werden , 
nämlich aufder Schneidelade fein und kurz durch 
geschnitten, und nachdem dies geschehen, wird 
der Saame durch ein dazu passendes Sieb abge- . , 
sondert. Er kommt auf diese Weise völlig rein 
heraus. 
Wenn der Mobn vom Lande abgenommen wor 
den, so werden die Möhren abermals vom Un 
kraute gereinigt und geben dann ein vortreffliches 
Viehfutter.. 
Bei dem Schlagen des Oels ist die Vorsicht zu 
empfehlen, daß die Quetschsteine und die Presse 
sorgfältig rein gemacht werden, wenn vorher 
andere Oele. als Lein- und Rüböl, darauf ge- > 
schlagen worden. Ferner müssen ganz neue Tücher 1 
dazu genommen werden, wenn das Oel keinen 
brennlichen. Geschmack bekommen,, sondern milde 
und angenehm bleiben soll,^ Es ist daher rath- 
fam, den Mohn, bald nachdem er geerndtet wor 
den, zu Oel schlagen zu lassen, weil die Jahres 
zeit dann noch warm ist, nnd mehr Oel. als im 
späten Herbst herauskommt. 
Man muß das Mohnöl aber erst 4 — 6 Wochen 
stehen lassen, ehe man es braucht, damit der 
darin befindliche Milchsaft sich erst zu Boden fetze, 
und es dann in andere Gefäße abklären. Wäh 
rend der Zeit, da es so steht, dürfen die Gefäße 
nicht dicht zugemacht werden, sondern man muß 
sie nur mit einem losen, leinenen Tuche, oder
	        
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