Full text: Kurhessischer Kalender (1830-1835)

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Mensch mit seinem aufmerkenden Verstände und 
seiner forschenden Vernunft hingestellt. Dieses 
vernünftige Wesen ist das Höchste, was wir auf 
Erden schätzen, das Einzige, um dessen Willen 
alles andere, was ohne Leben und Vernunft ist, 
für uns einen Werth hat, dem Alles unterworfen 
ist. Sowie es hier auf der Erde ist, so schließen 
wir, wirds auf den übrigen Welten auch seyn. 
Zu welchem Zwecke und Nutzen sollten die todten 
Massen derWeltkörper und ihreSchätze daseyn, 
wenn ihr denkender, ihr vernünftiger, ihr herr 
schender Bewohner nicht wäre? Diese vernünf 
tigen Wesen der übrigen Welten sind nun ent 
weder weit höhere, vollkommenere und edlere 
Geister, als wir, die auch den Herrn der Welt 
preisen, und seinen Namen verherrlichen, was 
wir freilich weder sehen noch hören können, oder 
sie stehen weit unter uns, gehören aber alle 
zu der Familie des himmlischen Vaters; denn 
die Geschöpfe gehen von dem geringsten bis 
zu dem erhabensten Engel in einer stufenweisen 
Reihe nach einander fort. Das ist die große 
Kette der Natur, sie reicht unfehlbar von dem 
einen Ende des Weltalls bis an das andere 
hin, das heißt sie ist, wenigstens nach unsern 
Begriffen, so wohl in Ansehung ihrer Größe, 
als in Rücksicht auf die Verschiedenheit ihrer 
Glieder, davon der Mensch auch eins ist, , unend 
lich; mit einem Worte, sie reicht von Gott bis 
zum Nichts herab. „Herr, wenn ich deine Him 
mel ansehe," spricht der Psalm,,, deiner Hände 
,, Werk, den Mond und die Sterne, die du gemacht 
„hast, was ist der Mensch, daß du sein geden 
kest? des Menschen Sohn, daß du also dich 
„sein annimmst? Kaum hast du ihn etwas unter 
„die Engel erniedriget; aber mit Ehre und 
„Schmuck wirst du ihn einst krönen." Der große 
Dichter Haller sagt: 
Die Sterne sind vielleicht der Sitz verklärter 
Geister, 
Wie hier das Laster herrscht, ist dort die 
Tugend Meister. 
Guter Rath an den Landmann rc. 
(Fortsetzung.) 
2) Mohn. 
Gartenmohn, auch gemeiner Mohn, 
schlafverursachender Mohn, kspaver 
komnikerum, calcybus cajpsulisque glabris, 
foliis amplexi caulibue incisis, Linn., mit ver 
schiedenen Spielarten, von denen man vorzüg 
lich den weißen Mohn mit etwas Hellern 
Blättern und weißemSaamen, und den schwar 
zen oder braunenMohn, mit schwarzem oder 
braunem Saamen unterscheidet. Diese Art, deren 
Stengel und Blätter sowohl, als die Blumen 
kelche und Saamenkapseln ganz glatt sind, wird 
in ganz Europa nicht nur häufig in Gärten, 
sondern auch hin und wieder auf ganzen Aeckern 
gezogen, sie blühet im Juni und Juli, und trägt 
im August und September reife Früchte. Ur 
sprünglich ist sie vermuthlich in Asien und den 
Morgenländern zu Hause, jetzt aber findet man 
sie auch in den mittägigen und mittlern Ländern 
von Europa auf Aeckern und an ungebauten 
Oertern wild. 
Die Saamenkapseln werden auch in ganz Eu 
ropa manchmal so groß wie Pommeranzen, in 
den Morgenländern aber werden sie noch größer, 
so daß nur eine einzige Kapsel bisweilen ein 
Maaß halt; die Saamen, die sie enthalten, 
haben bei einigen Pflanzen eine weiße, bei andern 
aber eine graue, braune oder schwarze Farbe, 
wornach man diese Art in die vorhin angege 
benen zwei Hauptspielarten theilt. 
Der Saame ist von beiden Arten klein, nieren 
förmig, runzlich und so zahlreich, daß eine 
einzige Wurzel in einem Sommer 52,000 Körner 
giebt. Diese Saamenkörner, ob sie gleich aus 
derselben Kapsel erhalten werden, die den Mohn 
sast zeuget, haben doch keine Kräfte, wie das 
Opium, wie es aus dem täglichen ökonomischen 
Gebrauch derselben bekannt ist. Selbst schon in 
den ältesten Zeiten wurde er häufig'genossen. 
Jetzt wird er häufig in Polen, Schlesien, Böh 
men, Mähren, Deutschland, Ungarn, Italien 
und Frankreich, in oder auf Kuchen gegessen. 
Uebrigens ist es gleichviel, ob man den weißen 
oder schwarzen Saamen genießt. - - 
Dieser Saame ist ohne Geruch, hat aber einen 
milden, süßen Geschmack und ein unschädliches 
Oel, das dem Mandelöle ähnlich ist. Er hat 
daher erweichende, lindernde, demul-irende und 
einwickelnde Eigenschaften; und eben so, als die 
süßen Mandeln, ist es wider Husten, Strangs 
urine und Fieber heilsam. Man pflegt ihn tu 
einer Milch, aber selten allein, sondern in Ver 
bindung von Melonen oder Kürbißkörnern oder 
Mandeln zu reichen. 
Durch das Auspressen hat man aus einem 
Pfunde von ihm 4 und mehr Unzen Oel erhalten. 
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