Full text: Kurhessischer Kalender (1830-1835)

meine Kinder versammelten sich um mich her, 
Di?;- fanden mit Fernando den Tod an meiner 
Seite, aber Gort iriumphirte, wir siegten, 
und Gott sey gepriesen!" — hier richtete er 
sich feierlich und furchtbar auf, — „ Gott sey 
gepriesen, SiebenzeLn hat diese Hand gemordet 
zum Sühnopfer für die —! ' Krampfhaft fuhr 
seine Hand nach dem Grabe und bleich und 
todt sank er auf den kalten Stein. 
Ruhe und Friede seiner Asche! — Ruhe und 
Frieden Vittorinen! Gott aber die Vergeltung l — 
(GeseÜsch. von Gubitz.) A. von Tromlitz. 
Der Nachtwächter. 
„ Mitternacht war vorüber, der Regen stürzt- 
in Strömen nieder, ich floh zu einem kleinen 
Wachthause und trat in einen Nachtwächter- 
Klubb. Man muß mit einem Unbekannten von 
seinem Handwerk reden, wenn man ihn gesprächig 
machen will. „Ihr Leute liebt doch auch hübsche 
Weiber und Mädchen", sagte ich, „warum 
ist es denn noch Keinem von Euch eingefal 
len, den Weibern die Stunden zu sagen?" — 
Ein lautes Gelächter war die Antwort."— Das 
ist nichts, Ihr werdet doch eine Ursach wissen?" 
•— Hier rückte der Aelteste unter ihnen seine 
Mütze. „Es ist ja eine alte Geschichte, daß 
die Weiber sich nichts sagen lassen! " — „ Gut, 
Alter, ich höre schon, Ihr habt Erfahrung. 
Aber Ihr dort, guter Freund, seyd Ihr auch 
dieser Meinung?" — „Ich mag mit den Wei 
bern nichts zu schaffen haben. Grwiß'hätte ich 
das Horn noch nicht abgesetzt, so würde schon 
aus jedem Fenster ein Weiberkopf schauen und 
rufen: daß der Hecht nicht blau, und die Glocke 
nicht zehen sey." — „Euer Witz ist belesen, 
mein Freund, schade, daß Euch Geliert nicht 
gekannt hat." — Der Dritte nahm unaufge 
fordert das Wort: „Wer wollte die lieben 
Weiber aus ihrer Ruhe stören! Laßt ste schlafen, 
so ist der Mann doch vor einer Gardinen-Pre 
digt oder vor etwas noch Schlimmerem sicher." — 
„Fürwahr, Ihr Leute genießt eines großen 
Vorzuges, daß Ihr vor dieser unerbaulichcn 
Art von Predigten sicher seyd." 
Der Vierte hatte bisher nur den Kopf geschüt- 
t-elt. „Wollen Sie auch meine Meinung wissen?" 
sagte er jetzt. Ich glaube, es sey den Herren 
so viel zu sagen, daß man an die Weiber nicht 
denkenkann; deshalbhabeichmichaufeinigekleine 
Sprüchelchen befleißigt. Wenn ich um zehen 
Uhr an den Weinkellern und Kaffeehäusern vor 
über gehe, und höre, wie die Kannengießer den 
Staat regieren, während in ihrer Wirthschaft 
Alles darunter und darüber geht, so stimme ich 
meinen Spruch an, daß es besser sey, zu Hause 
die zehen Gebote zu befolgen, als auser dem 
Hause sich um die ehemaligen zehen Kreise des 
heilgen römischen Reiches zu bekümmern. Um 
eilf Uhr habe ich schon manchen feinen Herrn 
ertappt, der in ein Haus schlich, in welches 
er nicht gehörte; da trete ich denn hin und 
singe von den eilf Jüngern, die ihrem Meister 
treu blieben, und daß es eben so große Sünde 
sey, seine Frau, als seinen Meister zu ver 
rathen. — Wenn es Mitternacht ist, stelle 
ich mich vor das Fenster, wo ein einsames 
Studir-Lämpchen flimmert, und erinnere den 
Gelehrten, daß die Nacht zum Schlaf gemacht 
sey, und daß der liebe Gott die Sonne nicht 
würde haben untergehen lassen, wenn er nicht 
gewollt hätte, daß wir auch zu Bette gehen 
sollten. — Um ein Uhr bin ich den Gaunern 
und Dieben, die im Finstern herumschleichen,, 
auf den Fersen, und schärfe ihnen in's Gewissen, | 
daß ein Auge wacht, welches durch die finsterste 
Nacht sieht. — Wenn ich um Zwei durch die 
Straßen gehe, so schallt mir zuweilen noch 
Jubel und Gesang entgegen; da trete ich dicht 
unter das Fenster und singe mit lauter Stimme: 
daß es zwei Wege zum Glücke gebe, einen 
guten und einen dösen, und daß diejenigen auf 
dem falschen Wege sind, die noch um zwei Uhr 
um den Punschnapf sitzen.'— Um drei Uhr 
ist Alles still und todt, nur ein Paar Spiest 
Häuser sind noch erleuchtet. Wenn ich dann 
bedenke, daß dort die Ruhe und das Glüa 
mancher Familie auf ewig gemordet wird, fl 
stoße ich noch einmal so laut in's Horn, und 
singe von den drei Männern im Feuerofen. und 
von den Bösewichtern, die für ihre Missethat 
in dre Hölle fahren werden. — Um vier Uhr 
führt mich der Weg vor der Thür des träget 
Handwerkers vorüber, der den gestrigen Rausck 
noch verträumt, während die emsige Hausfrau 
schon die Spindel lustig dreht, singe ihm den 
goldenen Spruch von der Morgenstunde vor, 
und wandere flugs und fröhlich nach Hause.^, 
„Seyd ihr verheiratyet, guter Freund' 
fragte ich den verschmitzten Apvlogen des schonen 
Geschlechts. — „Ja wohl, Herr, und zwa 
mit einem recht schmucken Weibchen."— 
lange?'s - „ Seit vier Wochen." - „Nr" 
das hätte ich errathen können." — Ich 
der Gesellschaft einen Thaler hin, um aus^' 
Gesundheit des schmucken Weibchens zu tnrue / 
und ging meines Weges." 
(Grsellsch. von GusiH.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.