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nahmen', fürchteten mit Recht, einem ne’!?n '
Sturmi der.Fernde unterliegen zu müssen. Sie
ließen also noch in der auf ihren Sieg folgenden
Nacht alle ihre Weiber und Kinder sich versam
meln und kündigten ihnen an, daß sie sich vor
Anbruch des Morgens nach der nächsten Stadt
begeben sollten. Umsonst flehten sie um die Ver
günstigung, noch einmal mit ihren Lieben zu
fechten und mit, ihnen zu Serben; sie mußten
dem ernsten Gebote iHrer Männer und Väter
nachgeben, und verließen nach der letzten Umar
mung derselben mit Thränen und Wehklagen
ihre Vaterstadt und Alles, was ihnen darin
theuer war.
Noch standen die von den Ihrigen verlassenen
Helden mit gesenkten Häuptern, um sich in den
letzten Minuten der Nacht zu berathschlagen,
was sie am folgenden Tage zum Besten der Vater
stadt zu thun und zu leiden hätten, als man
jenseits der Saone eine fast unabsehbare Reihe
von Menschen erblickte, die brennende Pech
fackeln trugen und zugleich den Schall einer
lebhaften und frohen Kriegs-Musik hörte. Es
war der Graf Ranzau mit acht Regimentern
Infanterie und 800 Reitern, der, um den Bela
gerten neuen Muth und dem beschimpften Feinde
noch mehr Schrecken einzuflößen, diese feierliche
und triumphirendeArt des Anzuges gewählt hatte.
Nach dem ersten Entzücken eilten die Bürger
auf den Wall und zündeten Freudenfeuer an.
Ja, Einige gingen im Taumel ihrer Wonne so
weit, daß sie einen Ausfall thaten. Dieser,
von den Feinden gar nicht erwartete Besuch
setzte Alles bei ihnen in Schrecken und Angst,
und ehe sie sich besinnen konnten, hatten die
tapfern Bürger einen Haufen derselben nieder
gemacht und einige von ihnen gefangen genommen.
Dieser neue Auftritt brachte dem Feinde die
Meinung bei, daß die Belagerten eine sehr große
Verstärkung erhalten haben müßten. Er nutzte
also den Rest der Nacht, sein Lager abzubrechen,
und zog in aller Stille davon. Nur erst mit
Anbruch des Tages erfuhren die Einwohner
diesen Abzug und verloren sich in Erstaunen,
als sie von 80,000 Mann keinen Einzigen mehr
auf dem so furchtbaren Lagerplatze erblickten.
Sie eilten in die Kirche, um Gott ihr feierliches
Dankopfer darzubringen, und überließenFch so
dann dem Genusse der Ruhe und der Erquickung.
Als man aber erfuhr, daß noch starke Hau-
fen der Feinde in den nächsten Dörfern lägen
"nd R a n z a u den Kern seiner Truppen erwählte,
An Jene zu vertreiben, vergaßen die meisten
Bürger Ruhe und Schlaf, und erboten sich,
^ltzuziehen. Ranzau, der den Ruhm allein
verdienen wollte, gebot ihnen, zurück zu blei
bn, vnd einige junge Offiziere, die sich schäm
ten , Ändern'fechten zn sollen., wiesen dl/--
jenigeu von ihnen, die mit ihrerBttte anhielten^
sogar gewaltsam zurück. Ranzau fand den
Feind und griff ihn an, wurde aber in die Flucht
geschlagen und mußte die Stadt suchen. Die
Bürger wiederholten ihre Bitte, ihnen zu erlau
ben, mit zu fechten, mit dein bescheidenen Zusatze,
sich nicht unter die Soldaten zu milchen, son
dern zufrieden zu seyn, wenn man ihnen den Nach-
zua überließe. Ranzau.gab es endlich zu, und
ließ den Kern der Bürgerschaft ein eigenes CorpS
bilden. Dieses focht >im Felde so muthig, als
sie Alle bisher hinter den Mauern gethan hatten,
und trug nicht wenig dazu"bei, den Feind gänz
lich aus der Gegend zu vertreiben.
Nach dieser erhaltenen Ruhe schickten die
ckapfern Bürger eine Deputation an den Prinzen
von Co n de ab, der die große französische Armee
kommandirte, um ihm im Namen der Stadt
für die ihr zugesandte Hülfe feierlichen Dank
abzustatten und sich seiner ferneren Gunst zu
empfehlen. Er empfing sie mit der größten
Freundlichkeit und versprach, dem Könige ihre
bewundernswürdige Tapferkeit zu melden. Dies
geschah, und LudwigXIV. bezeugte den Helden
von St. Jean nicht nur seinen vollen Beifall,
sondern bewilligte auch ihrem Städtchen die
immerwährende Freiheit von Krön-Abgaben.
(Geftllsch. von Gubltz.)
Der Pfarrer von Villarcajo.
'(Erinnerung aus meinem KriegSkkben in Spanien.)
Ich kam mir meinem Detaschement nach
Villarcajo, um in der dortigen Gegend die Con-
tributivn an Geld und Lebensmitteln einzutrei
ben. Stumm und finster stand die Menge, die
mit verhaltenem Grimm unsern Einmarsch ansah.
Desto freundlicher empfing mich der Pfarrer,
ein siebenzigjähriger Greis, von langer majestä
tischer Gestalt, bei dem ich mein Quartier bekam.
Nach einigen Worten, die sogleich herzlich wur
den, da er erfuhr, daß ich ein Deutscher sey,
trat der Alcalde in's Zimmer, um mit mir das
Nöthige wegen meines Geschäfts zu verabre
den.— „Der Senor Coronet ist kein Franzosei"
sagte der Pfarrer; „er gehört einer Nation
an, die schon das verloren, um welches wir
noch kämpfen — die Freiheit! — die nächst
Gott dem Menschen das Höchste seyn muß.
Er wird gewiß nur fordern, was ihm aufge
geben wurde, und nicht vergessen, daß erpreßtes
Gut Fluch, und keinen Segen bringt." „Sicher
nicht mehr, als meine Ordre vorschreibt!" fiel
ich ihm in die Rede, zeigte ihm selbige, und
in wenigen Minuten war das Geschäft beendigt;