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Unterhaltendes und Belehrendes
Neujahrslied.
Ein neues Jahr ist angefangen,
Laß es ein Jahr der Gnade sein!'
Herr, jedes blicket voll Verlangen
In diese künft'ge Zeit hinein.
Laß jeden finden und erfahren,
Was seiner Seele dient und frommt;
O Heil uns, wenn in allen Jahren
Dein Reich uns immer näher kommt.
Die Tage flieh'n und tauchen nieder,
Die Jahre schwinden, wie ein Rauch;
Du sprichst: Ihr Menschen kommet wieder!
Und nimmst sie weg mit einem Hauch.
Du führst heraus die Zahl der Sterne,
Vor dir ist alles Fleisch wie Heu;
Was du gebeutst, das kommt von ferne,
Und deine Hand macht Alles neu.
O laß auch uns ein Neues hören
In dieser neuen Gnadenzeit,
Ein Neues aus des Himmels Chören,
Ein Neues aus der Ewigkeit!
Ein neues Wort von alter Treue,
Die täglich neu die Hand uns beut,
Ein Wort, das unser Herz erfreue,
So oft es seine Kraft erneut.
Hilf, Gott, mit deinem Gnadengeiste,
Daß dieses angefang'ne Jahr
In deinem Reich ein Bess'res leiste,
Als der Gewinn des alten war!
Erwecke du den Trieb der Seelen,
Der ein erneutes Herz begehrt,
Und laß es nicht an Früchten fehlen,
Wenn sich der alte Mensch bekehrt!
Laß deinen Namen neu erschallen,
'So weit dein Reich die Erde deckt;
Laß alle falschen Götter fallen,
So weit das Kreuz die Arme streckt!
Du hast den heil'gen Christusnamen
Zum Gnadenthrone hingestellt;
Aus diesem Lebenskeim und Saamen
Erneuere die erstorb'ne Welt!
Laß Trost und Freuden neu verkünden
Den Herzen, die zerschlagen sind;
Zerbrich das Joch der alten Sünden
Und rette das verirrte Kind!
Vergieb uns, Herr, was wir bereuen,
Und lege du den bessern Grund,
Auf dem wir Tag für Tag erneuen
Den festgeschlosfnen Gnadenbund! H. Puchta.
Aus einem Bericht über den evangelischen
Verein der Gustav-Adolph-Stiftung.
Am 6. November 1832 hatte sich eine unabseh
bare Menge evangelischer Christen zu Breitenfeld bei
Lützen versammelt auf der Stelle, wo König Gustav
Adolph geblieben war. Sie umstanden den Gedenk
stein feines Todes, den ihm der Kaufmann Grüner
in Leipzig hatte mit der Inschrift setzen lassen:
"Glaubenssteiheit fiir die Welt rettete bei Breitenfeld
Gustav Adolph, Christ und Held, am 7. September
1631." Man beging eine einfache, aber ergreifende
Erinnerungsfeier an den gefallenen heldenmüthigen
Helfer der nothleidenden evangelischen Glaubensge
nossen, und am Schlusse beriethen sich eine Anzahl Männer
über den Plan, ihm ein eisernes Denkmal zu setzen.
Der Herr aber, der die Herzen der Menschen
lenket wie Wasserbäche, und aus den Ereignissen, oft
aus ganz unbedeutenden, Großes hervorkommen lässet,
woran man vorher gar nicht dachte, hatte auch Hier
Größeres in seinem Rathe beschlossen. Unter den dort
Versammelten war auch l)r. Groß mann aus Leipzig,
welcher gerade zu der Zeit als Mitglied des Const-
storiums daselbst aus den Akten die große Noth der
armen evangelischen Gemeinde Fleißen in Böhmen
kennen gelernt hatte, die früher zur sächsischen Pfarrei
Brambach eingepfarrt gewesen war, der aber plötzlich
der Kirchen- und Schulbesuch im Auslande verboten
worden war und die sich zum Nothbehelf ein bret-
ternes Bethaus und Schulhaus hatte herstellen und
zum Pfarrer und Lehrer einen gewesenen Schuhmacher
aus Gera, der nie dazu vorgebildet worden war,
hatte annehmen müssen. Di - . Großmann wußte,
daß noch eine Menge evangelischer Gemeinden in katho
lischen Ländern in ähnlicher Noth an allen Mitteln
des kirchlichen Lebens seufzten, er hatte gehört, wie
gar mancher Hilferuf von ihnen vergeblich in die pro
testantischen Länder gedrungen war. Jetzt kam ihm
unwillkührlich der Gedanke: wäre es nicht besser,
dem Gustav Adolph zu Ehren, statt eines Denkmals
von Stein oder Erz, eine durch freiwillige Beiträge
gegründete Anstalt zu stiften, die auch, wie Gustav
Adolph, den bedrängten Glaubensgenossen Hilfe bringt
in ihrer kirchlichen Noth, die zerstreuten Glaubensge
nossen sammelt und verbindet und die Evangelischen
der verschiedenen Landeskirchen einigt und in ihrer
Vereinigung stärkt?
Er theilte seinen Gedanken Anderen mit, er fand
allgemeinen Beifall. In Leipzig und in Dresden
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