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daran Aergerniß nehmen, und es sei ganz unerhört
und überhaupt unmöglich. Da aber der junge Gelb-
schnabel dennoch ganz unerschütterlich auf seinem Wil
len verharrte, so rief der Künstler endlich ungeduldig
aus: „Run, wenn Mynherr es denn absolut nicht
anders haben will, so kann's ja auch ein spanischer
Reiter werden; das aber sage ich ihm in voraus,
viel anders aussehen als eine Glocke wird's drum
doch nicht."
Line Hundemutter.
Folgendes ist zwar eine Jagdgeschichte, aber dennoch
wahr. Der Kalenderschreiber hat sie von einem glaub
haften Mann, der die Sache solchergestalt erzält:
(Line sehr scköne braune Hünerhündin, die ich vor
Jahren besaß, sollte zum ersten Male Wölfen, das
heißt in der Jägersprache so viel als Junge bekommen.
Grade als sie hoch trug, würd' ich zu einer ausge
zeichneten Entenjagd an einem See in der Nachbarschaft
eingeladen und gebeten, meine schöne Hündin bei dieser
Gelegenheit vorzufüren. Eitelkeit — die Triebfeder der
meisten Torheiten — veranlaßte mich. dem Wunsche
Folge zu leisten und dos hochträchtige Tier im Wage»
mit zu nehmen. Bon der Gesellschaft allgeinein und laut
bewundert,wurde dasselbe, als man zur Jagd ausbrach,
in ein hohes Zimmer im Erdgeschoß des Forsthauses
eingeschlossen. Kaum jedoch war die waidmännische
Lust ui Zug g kommen, als ich auf meinem Posten
das wolbe'anute Geläute (Gebell) meiner Hündin
vernahm unv gleich darauf diese erblickte, wie sie —
trotz ihrer tief herabhängenden Brüste und ungeachtet
der Rohrstcppeln, welche ihr heftige Schmerzen ver
ursachen mußten — in übermächtiger Jagdleidenschaft
den noch nicht flüggen jungen Enten eifrig hinterdrein-
schwamm. Nur sehr widerstrebend ließ sie sich ab
rufen und nötigen, den Schluß der Jagd zu meinen
Füßen abzuwarten.
Als ich dann Abends spät die ziemlich weite
Heimfahrt antrat, stellte sich unzweifelhaft heraus,
daß meine Hündin noch über Nacht die Welt ver-
mehren werde. Mein Weg fürte mich durch ein
Landstärtchen; ich fuhr vor dem Gasthause vor und
übergabdem mir altbekannten Hausknechtdie Wöchnerin,
ließ ihr im Stall eine weiche Liren bereiten und
versprach, am andern Morgen Mutter une Kinder
mit meinem Einspänner abholen zu lassen.
Noch ehe ich die Straßen des Städtchens ver
lassen hatte, schloß mir die Uebermüdung die Augen.
Zu Hause angelangt, eilte ich schlaftrunken in's Bett,
und erst am andern Morgen, als mein Bedienter
die Fensterladen des Schlafzimmers geöffnet hatte,
kam mir die Erinnerung an meine treue Jagdge- i
färt n wieder.
»Der Einspänner soll sofort noch der Stadt
gehen, um die Diane zu holen!» befahl ich, mir den
Schlaf aus den Äugen reibend.
»Die Diane?" fragte Johann erstaunt. »Die
Dane, die ist ja hier!"
»Hier?" entgegnete ich. »Und wo sind denn die
Jungen? »
»Die sind auch hier!« lautete die Antwort.
Und — Mutter wie Kinder — sie waren wirk
lich allcsammt da. Bier hübsche kleine Hündchen
hatte die treue Alte — viermal denselben Weg bin und
zniückmachend — zwei gute, mit dem Fuchsschwanz
gemessene, Stunden weit bis vor die Haustür ihres
heimatlichen Hofes getragen. Durch das niedrige
offene Stallfenster hatte sie an Gasthaus des Städtchens
ihren Abzug gehalten, und der Hausknecht, dem ich
oie Fürsorge für die Mutter und Kinder übertragen,
hatte, als er anderen Morgens das Nest leer fand,
die Augen nicht wenig aufgerißen und keine andere
Erklärung für die Geschichte zur Hand gehabt, als daß
der »Kuckuck die ganze'Gesellschaft geholt haben mäße.«
Johann öffnete die Haustür, vor welcher die
Familie bivouakiert hatte. Diane kam zu mir in's
Schlosst,! nur. Die Vorderpfoten auf den Rand
meines Bettes gestemmt, beleckte sie mir zärtlich das
Gesicht, das ich ihr, im Herzen ergriffen, geduldig
überließ; dann lief sie hinaus, erschien eine Minute
später, ihren Aeltesten in der Schnauze tragend, um
ihn auf den Fußteppich vor dem Bett niederzulegen.
Als sie dies getan, stieg sie wieder zum Bettrand
empor und sah mich mit klugen Augen an, wie wenn
sie sagen wollte: »Da hast Du Numero Eins! Paß
auf, daß sie ihn nicht fortnehmen!" Dann holte sie
in gleicher Weise das zweite Kerlchen und so weiter,
bis sie alle hereingeschafft waren, und die ganze kleine
Gesellschaft sich an den Brüsten der Mutter wieder
zusammen gefunden hatte.
Aus einem Stammbuch vom Jahre 1609.
Ich lieve Alles, was fein ist.
Ob es schon nicht mein ist;
Ob es schon mein nicht werden kann.
So hab' ich doch meine Freude dran.
Es ist auf Erden kein' beßer List,
Denn wer seiner Zunge ein Meister ist;
Biel wissen und wenig sagen,
Nicht antworten auf alle Fragen.
Rede wenig und mach' es wahr;
Was du borgest, bezahle baar.
Laß einen Jeden sein, wer er ist,
So bleibst Du auch wol, wer Du bist.
Auflösung der Rätsel im vorjährigen Kalender:
Nr. l. Ein Haar. Nr. 2. Daheim.
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