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ihn feinem Hofagenten in Frankfurt zur Aufbewah
rung übergab. Derselbe hütete denn auch die anver
trauten Millionen mit Sorgfalt und Treue. Als der
Kurfürst bald nach seiner Flucht durch Kaiser Napo
leon für abgesetzt erklärt wurde, war zu befürchten,
daß die Franzosen seine Schätze in Frankfurt auf
spüren und wegnehmen würden. Dies geschah jedoch
nicht, weil die wenigen Leute, welche um die Sache
wußten, reinen Mund hielten, und weil Rothschild die
kurfürstlichen Gelder in Weinfässer seines Kellers wol
versteckt hatte.
Kurfürst Wilhelm erwies sich dem klugen und
treuen Mann für den geleisteten großen Dienst dank-
bar. Maier Amschel hatte bereits früher sein Frank
furter Geschäft so in die Höhe gebracht, daß er neben
demselben schon 1798 ein zweites in Londen gründen
konnte, dessen Leitung er seinem dritten Sohne Nathan
überwies. Durch diesen ließ er auch im Aufträge
des Kurfürsten von der englischen Bank, in welcher
letzterer gleichfalls einen Teil seines Vermögens angelegt
hatte, die Zinsen erheben und an den Kurfürsten in die
Verbannung schicken. Auch dies Geschäft wurde zur
vollsten Zufriedenheit des in der Ferne verweilenden,
landvertriebenen Fürsten von Rothschild dem Pater
durch Vermittelung des Sohnes besorgt. Als nun
die Engländer 1808 ein Heer nach Spanien schickten,
um dort gegen die Franzosen zu kämpfen, hatte kein
anderes Bankhaus den Mut, die gefärliche, deshalb
aber auch sehr einträgliche, Geldlieferung an die eng
lische Armee zu übernehmen. Da erbet sich das Haus
Rothschild und Sohn dazu. Nur dadurch aber war
letzterem möglich, dies bedeutende Unternehmen zu
wagen, weil der Kurfürst von Hessen seinem treuen
Hofagenten gestattete, von jenen Geldern in der eng
lischen Bank einen beträchtlichen Teil zu erheben und
die von der englischen Regierung geforderte große Cau-
tionssumme für die Armeelieferung damit zu bezahlen.
Diese Geldlieferungen an die englische Armee in
Spanien wurden von Maier Amschel und Nathan
Rothschild mit solcher Geschicklichkeit ausgefürt, daß sie
insgesammt glücklich von Statten gingen und ihren
Unternehmer einen (redlich verdienten) Gewinn von
vielen Millionen Talern abwarfen. Das von Maier
Amschel Rothschild gegründete, jetzt in verschiedenen
Abzweigungen fortbestehende Geschäft ist heute seit
mehr als einem halben Jahrhundert das erste Haud-
luugshauö der Welt; seine Leiter und Eigentümer
sind die reichsten Privatleute und vermutlich reicher,
als irgend ein Fürst auf Erden. Sie gebieten über
unermeßliche Schätze und spielen in den großen Welt
händeln deshalb eine mächtige Rolle. Dies alles
aber ii>die Frucht der Treue, der Gewissenhaftigkeit,
des Fleißes, der Besonnenheit und Klugheit jenes
Maier Amschel, in welchem der General von Estorff
dem Landgrafen von Hessen nicht allein "keinen dum
men« Mann, sondern einen sehr klugen und, was
unendlich viel mehr heißen will, einen zugleich sehr
klugen und sehr redlichen Mann empfohlen hatte.
Maier Amschel starb im Jahre 1812. Ungeach
tet seines großen Reichthums war er bis zu seinem
Tode in Lebensweise und Kleidung immer seinen frü
heren, sehr einfachen Gewohnheiten treu geblieben.
Stets hatte er gern Almosen ausgeteilt. Auch noch
in seinem Testament sorgte er freigebig für die Armen.
Jedem seiüerMl^Aöne, denen er als bestes Ver
mächtnis da^Gebot hinterlassen hatte, stets in brüder
licher Eintracht zu leben und zu handeln, war in dem
väterlichen letzten Willen die Verpflichtung auferlegt,
bis zu ihrem Lebensende järlich an das Rothschild'sche
Haus in Frankfurt fünftausend Guleen zu zahlen,
welche von letzterem an Arme auszuteilen waren.
Lange, fast ein halbes Jahrhundert, überlebte
Maier Ämschels Wittwe, Gutta, ihren Gatten. Sie
war eine Frau von seltener Frömmigkeit und Herzens
demut. Nie war sie zu überreden, die finstere enge
Behausung in der Judengasse mit einer andern zu
vertauschen. Wärend ihre Söne in Palästen und fürst
lichem Glanze wohnten, hauste sie in der elenden
Hütte, in welcher Gottes Segen zuerst ihres Mannes
Arbeit gekrönt hatte. Sie sprach zuweilen aus, das
Aufgeben dieser Wohnung würde ihr wie eine Sünde
vorkommen, und sie sei überzeugt, das Glück werde
von ihrer Familie weichen, wenn sie sich selbst über
bebe und die. Heimatsstätte ihres Glückes verlasse.
So hat sie bis zum letzten Atemzug in demütiger
Niedrigkeit gelebt, und nicht eher ist sie ausgezogen,
als da sie 1849 im sechsundneunzigsten Lebensjahre
das Zeitliche gesegnet hatte und aus dem engen
schmalen Häuslein der Judengasse in eine noch engere
und schmalere Herberge getragen wurde, auf den israe
litischen Friedhof zu Frankfurt am Main.
Eine deutsche Frau in Frankreich.
Als das furchtbare Elend des dreißigjärigen Krie
ges durch den Frieden, der im Herbst 1648 in Münster
und Osnabrück geschlossen wurde, zwar nicht sein
Ende gefunden hatte, denn das Elend wärte noch
lange in den Nachwirkungen des Krieges fort, aber
doch zu einem äußerlichen Abschluß gebracht war, so
daß die schwer heimgesuchten deutschen Herzen jener
Zeit wieder besseren Tagen entgegenhcffen durften,
da kehrte auch hoffnungsvollen Herzens der Pfalzgraf
Karl Ludwig nach dreißigjähriger Verbannung ücks Land
seiner Väter zurück. Er kam von London, das er
verlassen hatte, nachdem so eben —- am 30. Januar