Full text: Amtlicher Kalender für das Kurfürstenthum Hessen // Amtlicher Kalender für Kurhessen // Amtlicher Kalender für den Regierungsbezirk Cassel (1860-1873)

sie zur Frau zu nehmen und mich mit einer halben 
Million zu begnügen. Schneller können Sie die andere 
halbe nicht verdienen!" 
Ob das Geschäft zu Stande gekommen ist? 
3. 
In Wiesbaden wurde im vorigen Sommer ein 
sehr bekannter und ausgezeichneter Arzt zu einer 
adeligen Dame gerufen. „Nun wo fehlt es Ihnen, 
meine Liebe?" redet er sie in seiner gewohnten Ge 
mütlichkeit an. „Ich bin Baronin." erwiederte die 
Gnädige gereizt und spitzig. — „O, das tut mir 
sehr leid," versetzte der Arzt„aber von diesem 
Uebel kann ich Sie nicht befreien." Damit nahm 
er Stock und Hut und empfahl sich. 
4. 
Der vor einigen Jahren verstorbene König Ludwig 
der Erste von Baiern hatte die Eigentümlichkeit, daß 
er von einmal gefaßten Meinungen sehr schwer zu 
rückzubringen war. Es ging dies so weit, daß er, 
wobei freilich auch eine gewisse Zerstreutheit mit 
wirken mochte, Personenverwechselungen, die bei ihm 
häufig vorkamen, hartnäckig festhielt. So verwech 
selte er beständig die beiden berümten, in München 
lebenden Naturforscher Spix und Martins und 
redete immer einen für den Andern an. Da geschah 
es, daß Spix starb. Bald darauf begegnete der 
König Martins und das erste Wort, das er an ihn 
richtete war: „Ah, Spix! es ist doch gut, daß, 
da nun dieser Martins todt ist, ich Sie doch nicht 
mehr mit ihm verwechseln kann!" 
5. 
Vor Beginn des amerikanischen Freiheitskrieges 
(im vorigen Jahrhundert) herrschte zwischen den 
englischen und amerikanischen Ofsicieren eine gewisse 
Eifersucht, die mancherlei Reibereien zur Folge hatte, 
Ein englischer Major, der sich von dem Capitain 
(späteren General) Putnam beleidigt glaubte, 
schickte diesem eine Herausforderung zum Duell auf 
Pistolen. Letzerer bat hierauf um eine Unterredung. 
Der Major begab sich in das Zelt des Amerikaners 
und fand ihn ruhig seine Pfeife rauchend, auf einem 
kleinen Füßchen sitzen. 
Ich bin im Pistolenschießen sehr ungeübt, begann 
Putnam, Sie würden daher bei einem Pistolenduell 
unverhältnißmäßig gegen mich im Vorteil sein. Ich 
mache Ihnen deshalb einen andern Vorschlag. Hier 
habe ich zwei Füßchen mit Pulver, in jedes der 
selben habe ich ein Loch bohren und eine Lunte hinein 
stecken lassen. Auf dem einen Fäßchen sehen Sie 
mich hier sitzen, wollen Sie nun gefälligst dort auf 
dem andern Platz nehmen, so werde ich die Lunten 
anzünden lassen und wer von uns am Längsten sitzen 
bleibt ohne zu zucken, soll als Sieger im Duell an 
gesehen sein. 
Das Zelt war voll von Officieren, welche sich 
an dem Einfall des „alten Wolfs" (wie Putnam 
gewöhnlich genannt wurde) höchlichst ergötzten. Der 
Major konnte nicht umhin, auf den Vorschlag ein 
zugehen; er mußte, um nicht für feige zu gelten, 
gute Miene zum bösen Spiel machen und nahm seinen 
bedenklichen Sitz auf dem zweiten Fäßchen ein. Das 
Zeichen ward gegeben und die Lunten wurden ange 
zündet. Putnam rauchte mit dem größten Gleichmut 
seine Pfeife fort, ohne sich im Geringsten um die 
brennenden Lunten zu kümmern, wärend der Major, 
obschon er im Allgemeinen ein mutiger Mann war, 
die seinige mit Unruhe beobachtete. Einer der Zu 
schauer nach dem andern entfernte sich aus dem Zelt. 
Zuletzt waren die beiden Gegner allein noch auf ihrem 
Platze. Da, als das Feuer nur noch wenige Zoll von 
seinem Fäßchen entfernt war, sprang der Major auf, 
riß die Lunte heraus und rief: „hören Sie, Putnam, 
das ist vorsätzlicher Selbstmord, ziehen Sie Ihre 
Lunte heraus, ich will verloren haben." 
„ Ruhig Blut!" entgegnete der Amerikaner, lang 
sam aufstehend: „Die Sache ist nicht gar so schlimm. 
Wissen Sie, was in den Fäßchen ist? Es sind — 
unschuldige Zwiebeln!" 
Rätsel. 
1. 
Wenn Du mich hast 
Bin ich Dir eine Last, 
Doch macht'« Dir noch viel größrcs Weh', 
Sobald ich Dir verloren geh'. 
2. 
Ein >silbenpaar zieht jäilich hin und her, 
Bald ist's bei uns, bald wieder über'm 
Und kommt'« in's Land, lMcer, 
Weiß von Gewand, 
Dann wehe den Schlangen und Kröten; 
Nur stille Flucht 
Dahin, wo Niemand sie sucht, 
Kann sie retten von furchtbaren Nöten. 
Die Dritte wird nicht schwer mehr scheine»', 
Zwei Großen wohnen drin mit ihren Kleinen, 
Sie wandeln ein, sie wandeln aus, 
Wie jeder pflegt im eigenen Haus. 
Das Ganze ist ein künstliches Geflecht, 
Für die Bewohner eben rechn 
Dem Storchennest dies Rätsel gleicht? 
Allein wir machen'« nicht so leicht. 
Wir steigen nicht, wir bleiben aufd erErde, 
Wenn fern von uns der Storch entfliegt, 
Sich jeder wärmt am eigenen Hcrve, 
Und Schnee im öden Neste liegt, 
Wird erst das Ganze lieb und wert; 
Oie Schnitterin es leicht entbehrt, 
t Auflösung der Rätsel im nächstjährigen 
Kalender,)
	        
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