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Gulden über unser jarlichcs Einkommen zusetze» müssen.
Hätten Wir nun solches nicht in vorigen Jahren erspart,
hätten Wir dies Jahr uns ohne Schulden nicht können
hinbringen. Solches verursacht aber neben dem Mis-
wachs das vornehmlich, daß Wir Gebrüder unseres
Herrn Vaters Gottseliger treue Warnung und Testa
ment nicht genugsam in Acht nehmen, darin uns
Seine Gnaden zur Sparsamkeit und zu einiger Haus
und Hofhaltung gar treulich ermahnt, sondern unan
gesehen, daß Wir nunmehr in Vier Teile zerstückelt,
untersteht sich doch ein Jeder einen großen ansehn
lichen Hof von Edeln und Unedel» zu halten. In
sonderheit nehmen auch Etliche von uns die großen
Scharhansen in den güldenen Ketten an Hof, samint
Weibern und Kindern, denen man nichts versagen
darf, sondern Küche und Keller Tag und Nacht offen
stehen lassen muß; geben dazu groß Dienstgeld ans,
meinen uns dadurch großen Respect zu erwerben,
da sie doch darnach mit ungewischtem Maul davon
ziehen, Uns dessen nicht allein keinen Dank wissen,
sondern Unser noch in die Zäne dazu spotten.
Zudem so laßen Wir es dabei nicht, sondern
wollen unsere Frauenzimmer, deßzleichen Edelknaben,
auch die Junker selbst Alle in Sammt und Seide
kleiden; item unsere Pferde alle mit Federn und
sammeteuen Zeugen ausputzen, anders nicht alö wären
Wir welsche Zibetkatzen. Unser Herr Vater Gott
seliger harte das ganze Land alleine, schämte sich
aber nicht, seine Frauenzimmer in schlichtem Zeug
mit AtlaS verbrämt, item seine Jungen in gut
lundisch Tuch desgleichen verbrämt (auch wann
Seine Gnaden auf Reichstage zogen) zu kleiden
und Wir, die Wir Sc. Gnaden Lande in so viel
Teile zerstückelt haben, fahren so hoch daher, wel
ches wahrlich in die Länge schwer fallen und besorg-
lich einen bösen Ausgang gewinnen wird; sonderlich
wann dermaleins ein rauher wird kommen, daß Wir
in Krieg und dergleichen ge> aten würden, davor Uuö
doch Gott der Herr gnädiglich behüten wolle. Denn
wahrlich die welsche und deutsche Pracht dienen nicht
zusammen, sintemalen, ob sich gleich die Welschen
mit Kleidung stattlich halten, so eßcn sie desto
schlechter und sparsamer, laßen sich mit einem Gerichte
Eier und Salat begnügen, da die Deutschen daö
Maul und Bauch voll haben wollen, darum unmög
lich Beides, deutsch und welsch Gepränge, mit ein
ander zu ertragen. Es verderben auch Fürsten,
Grafen und Edelleute, so solches anstellen, und kom
men darüber in Leiden und Not, richten darnach,
wann sie verdorben sind, Jammer und Not an, wie
Ew. Lbd. in Frankreich und den Niederlanden vor
Angen seyen. Dabei laßen Wir es nicht, sondern
behängen uns auch noch neben den Vielen von Adel
und stattlichen Frauenzimmern an Hof mit einem
Schwarm Doctoren und Kanzleischreibern, daß unser
keiner ist, der auf seiner Kanzlei nicht schier so viel,
wo nicht mehr Doctoren, Secretarien und dazu in
höherer Besoldung hat als unser Herr Vater Gott
seliger selbst. Zudem hält unser jeder so ein Haufen
Jäger, Köche und Hausgesinde, daß schier zu jedem
Berg ein eigener Jäger, zu jedem Topf ein eigener
Koch und zu jedem Faß ein eigener Schenke ist.
Welches Alles wahrlich die Länge nicht gut tun,
sondern die hohe Notdurft erfordern wird, wollen
Wir anders nicht verderben und in Schulden geraten,
sondern den Landständen Dasjenige halten, was Wir
ihnen zugesagt, nämlich die alten Schulden tilgen,
(dazu sie uns auch schier all ihr Vermögen vor
gestreckt), daß Wir unsere Haus- und Hofhaltung
anders anstellen, alles unnütze und unnötige Gesinde
vom größesten bis auf den kleinsten, was man im
mer entraten kann, abschaffen und uns dahin richten,
daß Wir etwas für uns bringen.
Was daun ferner betrifft, ob Wir Gebrüder
allerseits unsere Gemahlinnen mit nach Naumburg
auf den daselbst bevorstehenden Erbverbrüderungstag
mitnehmen möchten, achten Wir dafür, daß WirS
dem -alten deutschen Brauche nach halten und die-
selbigen daheim haushalten lassen, sintemal solches
nicht allein zur Ersparung großer Unkosten gereicht,
sondern auch zur Verhinderung hönischer Nachreden
dienlich, daß nicht die Leute sprechen, Wir könnten
nicht eine Meile Wegs ziehen, Wir müßten denn
die Tasche an der Seite hängen haben.
Wollten Wir Ew. Lbd. hinwieder freundlichen
antworten, dero Wir zu brüderlicher Diensterzeigung
wolgeneigt.
Gegeben Cassel am 4ten März Anno 1575.
Wilhelm, Landgraf zu Hessen rc.
Etwas vom Wetter.
Wenn Menschen zusammenkommen, so fangen sie
in neunzig unter hundert Fällen ein Gespräch vom
Wetter an. Ueberhaupt wird über Nichts in der
Welt so viel gesprochen als über das Wetter und das
ist leicht erklärlich. Diejenigen irdischen Dinge, welche
dem Menschen die wichtigsten sind, hängen alle mehr
oder minder vom Wetter ab. Was wir arbeiten,
wo wir wohnen, womit wir uns neuen und kleiden,
wodurch wir uns vergnügen, unser Säen und Ernten,
unser Reisen und Zuhausebleiben, unser Frohsinn und