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Armeen vor, deren Oberbefehl König Wilhelm hatte.
An der Spitze der ersten stand unter dem König
General von Steinmetz, der zweiten Prinz Friedrich
Carl von Preußen, der dritten der preußische Kron
prinz. In Coblenz nahm General Herwarth von Bit-
tenfeld seinen Commandositz; er sollte den Feind von
der Rheinprovinz abwehren; der Schutz der nord
deutschen Küsten gegen Angriffe von der See her
war dem General Vogel von Falkenstein übertragen.
DaS elfte Armeecorps, zu welchem die meisten Sol
daten aus Kurhessen gehören, stand bei der dritten
Armee unter dem Kronprinzen von Preußen mit
Baiern und Württembergern zusammen.
Am 2. August griffen über 30,000 Franzosen
die unbefestigte deutsche Stadt Saarbrücken an und
wurden von etwa 800 Preußen Stunden lang abge
wehrt. In Paris machte man aus dem Siege von
je 31 Franzmännern über einen Deutschen eine glor
reiche Heldentat und jubelte wie betrunken über die
selbe. Die Ernüchterung und der Katzenjammer
ließen nicht lange auf sich warten. (Der kaiserliche
Prinz Louis sLulus empfing an diesem Tage die
Feuertaufe, das heißt sein Vater spielte mit ihm eine
elende Komödie).
Am 4. Aug. erstritt die dritte Armee unter dem
Kronprinzen bei Weißenburg und dem dahinter
liegenden GaiSberg den ersten glänzenden, aber auch
blutigen Sieg. Die tapfern Kurhessen waren dabei
und bewärten ihren alten Kriegsruhm. Die Fran
zosen, deren General Douah den Tod fand, flohen
in wilder Flucht und ließen ihr Zeltlager, über
500 unverwundete Gefangene und eine Kanone (die
erste in diesem Krieg von den Deutschen genommene,
deren Eroberer damit nebenbei ein schön Stück Geld
verdient haben) im Stich. Es war der Ansang eines
furchtbaren Gottesgerichts über französischen Hochmut,
Lug und Trug.
Am 6. August besiegte die kronprinzliöbe Armee
(darunter abermals unsere Kurhessen) bei Wörth den
bis dahin noch nie besiegten französischen Feldherrn
Marschall Mac Mahon vollständig. Die Franzosen
verloren über 10,000 Todte und Verwundete und über
6000 Gefangene (darunter viele von den gefürchteten
afrikanischen Bestien, Turcos, Spahis re. genannt),
über 30 Kanonen, 6 Mitrailleusen (Kugelspritzen),
2 Adler, das ganze Gepäck und zwei Eisenbahnzüge
mit Proviant An demselben »nvergeßlicl en Tage
erstürmten Teile der Isten deutschen Armee in herr
lichem Todesmut die Höhen von Spichern westlich
von Saarbrücken, und wurden ans dieser Stadt die
Franzosen wieder hinausgejagt. Beim Abzug schoßen
sie dieselbe gegen alles Völkerrecht mit scheußlicher
Bosheit in Brand.
Am 8. Aug. forderten von Paris aus die Minister
das französische Volk zur allgemeinen Erhebung gegen
die Deutschen auf. Man sagte dem Volke ein Stückchen
Wahrheit über die erlittenen Niederlagen; im Uebri-
gen wurde fortgelogen. Inzwischen drangen die
deutschen Heere unaufhaltsam dem fliehenden fran
zösischen nach in's Herz von Frankreich ein.
Am 9. Aug. wies der Kommandeur von Straß
burg (General Uhrich) die Aufforderung zur Ueber-
gabe der von den Deutschen umzingelten Festung
rundweg ab.
wurde Kaiser Napoleon in der Pariser
Kammer für unfähig zum Oberbefehl über das Heer
erklärt, und derselbe dem Marschall Bazaiue über
tragen. Die französischen Minister, welche den un
seligen Krieg hatten machen helfen, wurden gleichfalls
abgesetzt; der berüchtigte Plünderer des Kaiserpalastes
in Peking, Graf Palikao, trat an die Spitze eines
neuen Ministeriums. Das sollte nun die „Rettung^
des eben noch so hochgemuten Frankreichs fertig bringe».
Es brachte jedoch gar Nichts fertig, ausgenommen
sich selber.
Am 1L Aug. bewilligte die französische Kammer
zum zweiten Male eine Summe von 130 Millionen
Talern für den Krieg.
Am 12. Aug. erschien eine französische Panzer-
flotte bei der Insel Helgoland. Am folgenden Tage
erklärte der Kommandant dieser Flotte die deutsche
Nordwestküste südwärts von Baltrum (westlich von
Norderney) vom 15. August ab in Blokadezustand,
das heißt, es sollte von da an kein Schiff unan
gefochten in den Häfen der Küste ein- oder auskaufen.
kündigte dis französische Regierung ihre
(niederträchtige) Absicht an, alle deutschen Unter
tanen aus Frankreich zu vertreiben, eine unerhörte
Barbarei, durck welche bald darauf viele Tausende
fleißiger, wolhabender Deutscher brodlos gemacht und
in die Verbannung gejagt wurden. Die in Deutsch
land ansäßi. en Franzose» blieben zwischen uns un-
gefärdet wohnen.
Am 14. Aug. besetzte die preußische Kavallerie,
ohne einen Schwertstreich tun zu müssen, die fran
zösische Stadt Ranch (Ranzig).
— — erschienen deutsche Truppen vor der Festung
Toul und forderten die Nebergabe, welche abge
wiesen wurde.