Full text: Amtlicher Kalender für das Kurfürstenthum Hessen // Amtlicher Kalender für Kurhessen // Amtlicher Kalender für den Regierungsbezirk Cassel (1860-1873)

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billige Entschädigung den Ortsbewohnern zur Abfuhr 
der Jauche leihen, bis sie durch die Erfahrung, von 
den großen Vortheilen der Jauchedüngung belehrt, 
sich selbst Fässer angeschafft haben werde», und 
4) Diejenigen Viehbesitzer, welche dem unter 
I^und 2 Angeordneten zu ihren und ihrer Mitbürger 
Schaden nicht Folge leisten, sollten zu entsprechender 
Strafe gezogen werden. 
Jede Kuh liefert täglich für l Sgr. 
Utin, und mit jeder Ohm Jauche laufen 
^5 Sgr. zum Hof hinaus. — Dies schreibt euch 
über die Slallthür und über's Hofthor! 
Auch die Gärten müssen vor Winter 
umgegraben werden! 
Im vorigjährigen Kalender mahnten wir an das 
Umpflügen der für die Frühlingssaat bestimmten 
Felder vor Winter. Die großen Vortheile, welche 
daraus entspringen, werden in demselben Maaße 
auf Gartenboden erreicht, wenn auch dieser vor 
Winter umgegraben wird. Das thun aber auf 
fallender Weise noch immer nur Wenige, wovon 
man sich jährlich durch den Augenschein überzeugen 
kann. Die Gartenfelder bleiben liege», wie man 
sie im Herbst nach der Erndte verließ; die 
Krautstrünke starren halbverfanlt — trübselig anzu 
schauen — aus dem Schnee heraus, und noch im 
Frühjahr vermag man aus ten Resten zu erkennen, 
was auf den einzelnen Beeten gezogen.wurde. Da 
zwischen stehen verdorrte Unkräuterhorste oft in großer 
Menge; man ließ sie im Herbste ihren Samen auf 
den Boden streuen. Jst's da wohl ein Wunder, wenn 
man im Sommer jäten — immer wieder jäten muß. 
Grabet auch euere Gärten vor Winter 
tief um! Es lohnt sich. 
Der Boden bleibt dann mürbe und ist den 
Sommer über noch einmal so gut zu bearbeiten — 
und das erwünschte Maaß von Feuchtigkeit ist auch 
länger vorhanden. 
Am besten fährt der, welcher den Garten vor 
Winter düngt und umgräbt. Er hat nachher 
viel weniger von den vielen kleinen Pflanzenfeinden 
aus der Klasse der Insekten zu leiden und das 
Unkraut wird ihm auch nicht so viel zu schaffen, 
machen. Der Boden wird reiner, er wird aber auch 
erheblich fruchtbarer, weil der Dünger besser wirkt 
und dabei giebt es der Arbeit weniger. Darum grabt 
den Garten vor Winter um!- 
Die Ursachen der Verminderung der Singvögel. 
Weder die Strenge der Gesetze, noch die zahl 
reichen Schriften der Freunde der Thierwelt haben 
es verhindern können, daß sich die Zahl der Singvögel 
wit jedem Jahre in auffallender Weise vermindert. 
Während in früheren Zeiten in Gärten und auf 
Feldern, im Busche wie im Walde eine Menge Vögel 
uns durch ihren melodischen Gesang erfreuten, hört 
>han jetzt nur hier und da eine Singdrossel, eine Nach 
tigall, ein Schwarzplättchen re. an Orten, welche durch 
ihre Beschaffenheit und Lage von den genannten Sängern 
für den geeignetsten Zufluchtsort gehalten werden. 
„In meinen jüngeren Jahren" hörte ich im ver 
sichern» Frühjahr einen alten Mann sagen, der ein 
Handwerker war, aber recht hübsche Kenntnisse in 
^r Naturgeschichte besaß, „pfiff und quitelirte*) es 
uw mich herum von allen Seiten, wenn ich mich, 
huf einer Excursion begriffen, unter einem schattigen 
■Saume gelagert hatte, daß es eine wahre Freude 
Mar; aber wenn ich jetzt einmal Sonntagseine Tour in 
ie» Wald mache, so scheint mir, gegen früher, alles 
mdt und stille in der Natur." Und muß man dem 
."ianne, welcher vor Kurzem entschlafen ist, nicht voll- 
üändig Recht geben? 
*) qutnqnelirte. 
Fragen wir nun nach den Einflüssen, durch welche 
sich viele Vogelarten und namentlich die Singvögel 
in so auffallender Weise vermindern, so muß man 
zwar schon oft Gehörtes wiederholen, aber es kann 
nicht schaden, wenn immer und immer wieder aizs 
die Ursachen jener Verminderung aufmerksam gemacht 
wird, weil die Ueberhandnahme der Insekten und 
der durch dieselben verursachte Schaden an vielen 
Orten immer größer wird und die endliche Beseiti 
gung jener Ursachen dringend fordert. 
I)r. Baldamus sagt in seinem Schriftchen: 
Schützet die Vögel! „nicht der einzelne Mensch, 
sondern die fortschreitende Kultur trägt 
die Hauptschuld an der Verminderung der 
Vogelarten." Die Richtigkeit dieses Ausspruches 
läßt sich leicht nachweisen. In früheren Zeiten gab es 
an den Rainen und zwischen den Feldern eine Menge 
Buschwerk, Dorngestrüpp und niedrige Hecken, die 
von vielen Vögeln als Brutplätze geliebt wurden, 
weil sie sich nicht allein bei Gefahr rasch in den 
selben verbergen, sondern auch von da aus die 
nöthige Nahrung für die Jungen leicht finden konnten. 
Jetzt ist die Kultur bemüht, jene Zufluchtsorte 
wo möglich zu beseitigen, ohne dafür die Vögel durch
	        
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