Full text: Amtlicher Kalender für das Kurfürstenthum Hessen // Amtlicher Kalender für Kurhessen // Amtlicher Kalender für den Regierungsbezirk Cassel (1860-1873)

daß der dem mürben und mit dem rechten Maaß von 
Winterfeuchtigkeit annoch versehenen Boden anvertraute 
Samen gleichmäßig und lustig keimt und durch ein ge 
sundes kräftiges Wachsthum erfreut, welches einen guten 
Ertrag in Aussicht stellt und eine frühere Erndte sichert. 
3) Vor Winter umgebrochener und in rauher 
Furche gelegener Boden wirb reiner; denn noch gar 
manches Samenunkraut keimt nach dem Umbrechen 
vor Winter und wird nachher durch den Frost zerstört. 
Wie ganz anders verhält es sich aber mit solchen 
Böden, die den Winter über geschlossen lagen! 
Unter unserem Himmel kommt's nur ausnahms' 
weise einmal vor, daß wir sie recht frühe umbrechen und 
ausstellen können. Fast immer, selbst bei leidlicher 
Witterung, kann nur spät gesäet werden. Der Boden 
hat sich den Winter über fest zusammengesetzt, er ist 
in seiner Oberfläche übermäßig naß und eisig kalt; 
es bedarf meist einer laugen Zeit, bis er soweit 
abgetrocknet ist, daß der Pflug seine Arbeit beginnen 
kann; und — wie fällt diese dann aus?! Gar 
manches Frühjahr bringt uns aber Regengüsse in 
Menge. Die Bestellung muß hinausgeschoben werden 
bis zum äußersten Termin und oft weit über denselben 
hinaus. Das Wetter wird aber manchmal nicht 
günstiger, und am Ende — was bleibt anders übrig — 
der Acker wird herumgeschmiert, der Samen einge 
knetet. Was gicbt'S da für Erndten? Späte, 
kümmerliche, verunkrautete. Am schlimmsten wird's 
wenn der nassen Bestellung trockenes Wetter oder gar 
scharfe, austrocknende Winde folgen. Manche Böden 
seheir dann aus wie Tennen, die mit Pflastersteinen 
übersäet sind. Die Egge tanzt ans ihnen umher; 
sie spielt mit den harten Schollen, ohne ihnen das 
Mindeste anzuhaben. 
Möchten alle Diejenigen, welche ihre Stoppel 
felder den W'nter über unumgebrochen liegen zu lassen 
pflegen, das Mitgetheilte beherzigen und dieselben noch 
diesem Winter in rauher Furche übergeben. Der 
Winter ist ein wackerer Ackersmann; er hilft auch ein 
Saatfeld bereiten, wie ihr's im Frühjahr nur selten 
könnt, und euer Spaunvieh wird's euch auch danken! 
d'rum frisch daran! 
Ordnung hilft Haushalten. 
Nun hat's mit dem Grünfutter ein End'; der 
Heustock muß herhalte»! Da sollte sich dann jeder 
verjorgliche Landwirth fragen: reicht wohl der Futter- 
vorrath zur Ernährung meines Viehstandes bis dahin 
aus, wo ich wieder grün futtern kann, oder muß 
ich vielleicht Vieh abschaffen, um nicht allzuknapp 
füttern oder gar im Frühjahr mit Futtermangel und 
dessen traurigen Folgen kämpfen zu müssen? 
Das sind Fragen, deren Beantwortung nicht 
schwer fällt. 
Der Landwirth sollte 
1) seine sämmtlichen Vorräthe an Heu, Grummet, 's 
Futterstroh, Wurzelwerk re. so genau als inöglich :■ 
ermitteln, und daö thut er am sichersten und bequemste» 
gleich bei der Erndte, wenn er jedes Fuder Heu, 
Grummet, Wurzelwerk rc. sofort beim Einfahren dem 
Gewicht nach abschätzt, die Fruchtgarben zählt, um dar 
nach und mit Hülfe eines Probedreschens, welches zeigen 
soll, wie viel Bunde Stroh eine gewisse Anzahl 
Garben giebt, den Strohvorrath zu ermitteln und 
sich Alles hübsch aufnotirt. 
Dann muß er 
2) sich überlegen, wie viel ein Stück Vieh per 
Tag an Futter bedarf. Jetzt ist's eine Kleinigkeit, 
daö ganze Erforderniß an Winterfutter zu bestimmen. 
Endlich muß er 
3) seinen Bedarf an Winterfutter mit deni auf 
beschriebene Weise gefundenen Bedarf vergleichen und 
daraus ergiebt sich mit Bestimmtheit, ob Futter genug 
bis zum Wiederbeginn der Grünfütterung vorhanden ist, 
oder ob Vieh abgeschafft und—wenn dies nicht geschehen 
soll •— ob weiteres Futter angeschafft werden muß. 
Wer übrigens den Bedarf an Futter ermitteln 
will, der muß genau wissen, wie viel sein Vieh zur 
nutzbringenden Ernährung bedarf. Das ist aber nur 
möglich, wenn das Futter dem Vieh in der That 
auch regelmäßig nach Maaß und Gewicht verabfolgt 
wird. Das Heu muß daher gewogen, das Wurzel- , 
werk muß gemessen werden. Nur der in dieser Weise 
Fütternde kann den Bedarf für eine bestimmte Zeit 
berechnen. Er allein kann das Vieh, sowohl »ach 
der Quantität, als nach der Zusammensetzung des 
FutterS gleichmäßig ernähren und das ist durchaus 
erforderlich, wenu'ö in gutem Zustand bleiben soll. 
Wer sich die Erndte-Ergebniße nicht aufgezeichnet 
hat, der unterlasse dies in Zukunft ja nicht; er beginne 
aber nichts desto weniger jetzt gleich nach dem Maaß 
und Gewicht zu füttern. Er wiege und binde das 
Heu im Voraus, er gebe täglich das Wnrzelwerk 
»ach dem Gewicht heraus, und er wird zu seiner 
großen Freude wahrnehmen, wie die Futtervorräthe 
bei weitem weniger schnell zusammen schrumpfen, sein 
Vieh aber in einem gleichmäßigeren Nahrungszustand 
bleiben wird, als früher, wo es heute zu viel und 
morgen zu wenig Nahrung erhielt. 
Der Landwirth niuß rechnen!
	        
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