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Strvhgabe auf die Thätigkeit der Berdaunngsweckzeuge
und den Verlauf der Verdauung beeinträchtigen. Es
genügt hier, wenn derjenige Theil des Strohs, welchen
las Rüben- oder Kleefutter zur Beimischung erfordert,
geschnitten, und zwar nicht zu kurz geschnitten wird.«
Wohl ist es wahr, daß man mittelst Strohes
mid ein paar Rüben das Rindvieh am Leben erhalten
iann. Das ist aber auch Alles. Von einer rechten
Nutzung der Thiere oder von einer Leistung derselben
kann dabei keine Rebe sein. Das Erste, was bei
einer Vergleichung der Bestandtheile des Strohes mit
denen anderer Futterstoffe, z. B. mit denen des HcueS
auffallt, ist der allen Stroharten eigene große Gehalt
au Holzfasern. Nach Abzug der Holzfaser bleibt un
gefähr nur | des lufttrockenen Gewichts des Strohs
für solche Nährstoffe übrig, die einer Verdauung und
einer Verwendung für den Körper fähig sind. Aber
/s ist noch sehr zweifelhaft, ob die Verdauungswerk-
jeuge des Rindviehes im Stande find, die wirklichen
Nährstoffe aus der im Strohe vorherrschenden Holz
faser löslich und für den Körper verwendbar zu
Machen; denn Wissenschaft und Praxis haben festge
stellt, daß beim Heu, welches doch einen geringeren
Holzfasergehalt hat als das Stroh, j- der löslichen
Holzfaser unwirksam gemacht wird. Daraus muß
Man schließen, daß von der Holzfaser des Strohes
blos die Hälfte von den Thieren zur Ernährung aus
genutzt werden kaun, und es können somit nicht
2üO Pfund Stroh 100 Pfund Heu ersetzen, wie ge
wöhnlich angenommen wurde, sondern es wären
bazu etwa 400 Pfund Stroh erforderlich. Demnach
wüßte eine Milchkuh 100 Pfund guten Strohes
fressen, um 2Z Pfund stickstoffhaltiger Stoffe zu decken,
b>e sie in ihrer Ration bedarf. 100 Pfund Stroh
>st aber eine so umfangreiche Masse, daß selbst der
unbarmherzigste Strohfütterer in Verlegenheit gerathen
würde, wenn er angeben sollte, auf welche Weise diese
Masse in den Magen seiner Kuh zu bringen wäre.
Ganz ähnlich würde es sich beim Menschen ver
galten, wenn dieser nur von Kartoffeln leben sollte.
bln> mittelst der Kartoffel dem Körper eine genügende
Menge von nährenden Stoffen zuzuführen, müßte der
Magen eine weit größere Quantität aufnehmen, als er
»u verdauen im Staude ist. Die stickstofffreien Nähr
stoffe würden in diesem Falle unverändert, oder doch
Unausgenützt durch den BerdauungSkanal hindurchgehen.
Nach dem Dargelegten ist es also eine bedeutende
'Oerschwenduug, wenn man dem Vieh zu viel Stroh
darlegt; es kann aber gutes Futterstroh dem Gewicht
»ach so viel wirken als Heu, wenn es sich nur um
geringere Beimischung zu saftigem und genügend nähr
stofsreichem Futter Behufs Herstellung einer entspre
chenden Magenfüllung handelt.
Viele Landleute, namentlich Dreifelderwirthe,
scheuen sich leider noch immer vor einer Ausdehnung
des Futterbanes auf Kosten des Körnerbaues. Sie
wollen noch immer nicht daran glauben, daß der
Getreidebau auf einer kleineren Fläche, aber
bei kräftiger Düngung reicherere und siche
rere Erndten giebt, als auf größeren Flächen
bei ungenügender Düngung. Bei der Rind
viehzucht herrscht ein ähnlicher Wahn. Sie meinen
von einer größeren Anzahl Rindviehs und bei kärg
lichem Futter mehr Nutzen zu ziehen, als von einer
geringeren, aber gut genährten Zahl. Man kann
solchen Landwirthen nicht oft und nicht eindringlich
genug zurufen: nicht die Zahl der Thiere, son
dern ihre reichliche und gleichmäßig gute
Ernährung gewährt einen sicheren Nutzen.
Goldene Lehren für den Landwirth.
«Vorwärts!« Das ist jetzt das Feldgeschrei auch
in der Landwirthschaft. Wer nicht darnach trachtet,
vorwärts zu kommen, der muß hinten nachhinken und
wird am Ende ganz stecken bleiben. Befolget, ihr
Landwirthe, die nachfolgenden goldenen Regeln. Wenn
ihr dies thut, so werdet ihr sicher vorwärts kommen.
1) Richte iminer ein Auge nach oben und eins
nach unten. Bete und arbeite.
Von oben kommt Segen auf Deine Wirthschaft
und kommt Kraft in Deine Hand, kommt Vertrauen
in Dein Herz. Aber sieh nicht blos nach oben,
sonst strauchelst Du; blick' auch auf Haus und Hof,
auf Stall und Scheune, auf Feld und Wiese!
2) Schäme Dich nicht der Arbeit.
Ein tüchtiger Landwirth, wenn er auch viele
Dienstboten hat und den Herrn spielen kan», muß
dennoch alle Arbeit geschickt anzugreifen und nmster-
haft auszuführen wissen. Versteht er die Arbeit nicht
selbst, packt er sie verkehrt und ungeschickt an, so
werden ihn die Dienstboten belächeln, und um den
Respekt wird's geschehen sein. Nicht immer arbeiten die
Dienstboten richtig. Ost wollen sie's nicht; oft können
sie'ö nicht. Da muß der Herr selbst zugreifen und es
besser machen. Das Sprichwort sagt nicht umsonst:
«Willst Du haben Alles recht,
Sei nur immer Herr und Knecht.«
Halte auch Deine Kinder zur Arbeit an; denn:
«Müßiggang ist aller Laster Anfang«