Full text: Amtlicher Kalender für das Kurfürstenthum Hessen // Amtlicher Kalender für Kurhessen // Amtlicher Kalender für den Regierungsbezirk Cassel (1860-1873)

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sich daguerrotypiren oder Photographiren lassen will. 
Als Porta das erfunden und die überraschenden 
Erscheinungen sah, die es darbietet, war er gewiß 
außer sich vor Ersindungsstolz und mag ausgerufen 
haben: Wo im Himmel und auf Erden ist Jemand, 
der dergleichen aufweisen kann! 
Armer Porta! Wo ist Jemand, der nicht dergleichen 
schon vom Mutterleibe aus hat! Hundert Jahre nach 
Porta wußte man erst, daß die Einrichtung des Auges 
ganz und gar die einer Camera obscura ist! <5. t. 
Ein gutes Betriebs-Capital. 
»Ach, seufzt mancher Landmann, wie gern beträte 
auch ich den Weg des landwirthschaftlichen Fort 
schritts; — aber kann ich denn? Mir fehlt ja das 
erforderliche Betriebs-Capital; ja noch schlimmer; ich 
habe mit Schulden zu kämpfen und vermag kaum die 
nöthigen Zinsen aufzubringen." Verzagt und miß- 
muthig legt er die Hände in den Schooß, weil er 
nicht in den Geldkasten greifen kann, um Knochenmehl 
und Guano zu kaufen, — und doch läßt er Knochen 
mehl und Guano in Form von Mistjauche aus seinem 
Hofe hinaus den Dorfweg hinunter unbenutzt ab- 
fließen. Er klagt, daß er sich nicht alsbald veredeltes 
Vieh anschaffen könne, — und doch läßt er das 
sciuige auf dürftigen, jammervollen Weiden gehen, 
und auch im Winter muß es nur zu oft wegen unge 
nügender Futtervorräthe bei schlechter Pflege Hunger 
und Noth leiden. 
O, Freund, auch Du kannst schnell ei» Betriebs- 
Eapital haben, wenn Du es nur recht in Anwendung 
bringen wolltest! Soll ich Dir eö bezeichnen? 
Weise Sparsamkeit, eifrigste Benutzung 
der überall und auch in Deiner Wirthschaft 
vorhandenen Hülfsmittel, als da sind: Ver 
besserung der Wiesen, möglichst ausgedehnter Futterbau, 
gut genährtes Vieh, sorgfältigste Düngerwirthschaft, 
allmählicher Uebergang aus der wen einigträglichen 
Dreifelderwirthschaft in eine bessere; mehrschlägige 
Wirthschaft, Anbau der sich für Deine Gegend eig 
nenden Handelszewächse, Versuch mit neuen Futter 
pflanzen, — das ist das beste Betriebs-Capital. Es 
ist sicher, nachhaltig, unverzinslich, braucht nicht zurück 
gezahlt zu werden und steht auch dem verschuldeten 
Landmann zur Hand, der mit dessen Hülfe in den 
Stand gesetzt wird, seine Schulden allmählich ab 
zutragen. 
Richtig füttern! 
Wenn man zur Sommers- oder zur Herbstzeit 
an einer Viehweide vorübergeht und das Jungvieh 
betrachtet, wahrlich, dann kaun man sich der Bemer 
kung nicht enthalten, daß es bei gar vielen unsrer 
kleineren Landwirthe um die Riudviehzucht noch keines 
wegs zum Besten stehe. Wo aber die Riudviehzucht 
vernachlässigt wird, da kann sich auch der Ackerbau 
in keinem blühenden Zustande befinden; denn beide 
bedingen sich gegenseitig. Kräftige Felder setzen vielen 
Dünger, viel Dünger setzt reichliches Futter voraus 
Ein verständiger Betrieb der Viehzucht ist die Grund 
lage für das Gedeihen des Ackerbaues und für die 
Rentabilität des gestimmten Wirthschaftsbetriebs. 
Es gibt noch immer Landwirthe, welche die Rind 
viehzucht als ein nothwendiges Uebel, die ihr Vieh 
lediglich als Düngermaschinen betrachten. Dieser 
Anschauungsweise entspricht denn nun auch die Hal 
tung und Pflege der Thiere. Gar viele meinen, je 
mehr Vieh man halte, desto mehr Dünger müsse man 
erzeugen. Das ist aber ein großer Irrthum, i» 
welchem sich namentlich auch die Dreifelderwirthe 
befinden, die sich bei ihrem oft unverhältnißmäßig 
starken Viehstand auf den großen Strohvorrath ver 
lassen. Was für Jammergestalten sieht man aber 
gerade bei diesen Wirthen zu Ende des Winters aus 
dem Stalle hervorkommen! 
"Eine übermäßige Strohfütterung", sagt v>. Kuhn 
(in seiner gekrönten Preisschrift: »Die zweckmäßigste 
Ernährung des Rindviehs«) »ist eine wahre Ver 
schwendung und der Krebsschaden sehr vieler Wirthe 
schäften. Ewiger Strohmangel, wenig und schlechter 
Dünger, schlecht genährte« Vieh, geringe und doch fl 
kostspielige Milcherträge! Die Stroharten sind als 
ausschließliches Futter ungenügend, das Rindvieh auch 
nur in einem gleichmäßigen Zustande zu erhalten; 
es wird dabei ihre Nährkraft auch nur zum geringste» 
Theile ausgenutzt. Eine mäßige, der Futterzu- 
sammensetznng entsprechende rationelle Strohfütterung 
dagegen hilft mit dem Heu haushalten, ohne an der 
Fleisch- oder Milchproduktion das Mindeste zu ver 
lieren. Je feiner das Stroh zerkleinert, und je »>ebr 
es durch Dämpfen, Selbsterhitzung rc. aufgeweicht ist- 
um so leichter wird es verdaut und um so vollkommner 
ausgenutzt. Eine solche Zubereitung ist jedoch » ut 
da erforderlich, wo es sich um eine ausgedehntere 
Strohfütterung handelt. Bei geringer Beifütterung 
zu Wurzelwerk, zu jungem Klee rc. würde eine solche 
Erweichung gerade den vortheilhaften Einfluß der
	        
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