sehen, neue und verbesserte Saug- und Druck-Pumpen
herzustellen.
Da sich schon vor zweitausend Jahren Natur
forscher mit Erfindungen dieser Art viel abgegeben
haben, so kann man wohl ohne Uebertreibung sagen,
daß das Menschengeschlecht bereits ein hübsch Stück
lein Zeit über die Verbesserung dieser nützlichen
Instrumente nachdenkt, und sicherlich ist jeder Fort
schritt darin mit großem Jubel und als etwas Neues
aufgenommen worden, das dem Erfindungsgeiste der
Menschen unendliche Ehre macht.
Wie aber, wenn man jetzt weiß, daß schon der
erste Mensch eine Saug- und Druck-Pumpe von
unübertrefflicher Meisterhaftigkeit mit sich herumtrug?
Wie, wenn wir bedenken, daß das Herz ein herrliches
Pumpwerk ist, das unermüdlich schon im Mutterleibs
den wesentlichsten Theil seiner Arbeit beginnt, das
uiit einer wichtigen Abänderung im Augenblick der
Geburt seine Arbeit fortsetzt und unausgesetzt saugt
und drückt, bis der Mensch am Ende seiner Erden-
>vallfahrt anlangt! —
So alt das Menschengeschlecht auf Erden ist, so
lange schon trägt der Mensch einen der wunderbarsten
Apparate mit sich in der Brust herum, und doch hob
sich diese Brust so stolz, als der Kopf auch nur den
geringfügigsten Theil dieses Apparates herzustellen
und als neue Erfindung auszugeben vermochte! —
In jedem erwachsenen Menschen werden ungefähr
dreißig Pfund Blut etwa 500 mal in einem Tage
>nit einer Saugbewegung vom Herzen aufgenommen
und mit einer heftigen Druckbewegung durch ein
Unendlich verzweigtes Röhrenwerk, das man Adern
Nennt, getrieben. Was ist alle künstliche Wasser
leitung gegen diesen feinen Mechanismus, der das
Blut durch Wege hindurchzwängt, die so fein sind,
daß man die Röhrchen nicht einmal mit dem Auge
kehr sehen kann! An siebzig- bis achtzigmal ist das
Herz in jeder Minute des Lebens mit dieser Arbeit
beschäftigt und versetzt dem Menschen von innen eben
su oft einen sanften Stoß, gleich als wollte es ihn
aufmerksam machen auf seine Wirksamkeit und ihn
Auffordern, darüber nachzusinnen. — Wie lange aber
hat es gedauert, ehe der Mensch, der Alles erfindende
Mensch, auf die Ahnung kam, was das Herz ist, das
e * im Leibe trägt?
Die Antwort hierauf ist wirklich sehr beschämend!
Von den dunkeln Zeiten vor Erfindung der Pump-
^urke wollen wir gar nicht sprechen; aber in den
Jahrtausenden, die seitdem verflossen, in diesen Zeiten,
lallte man meinen, hätte jeder Pulsschlag den Menschen
lehren müssen, welch' eine bekannte Maschine er mit
sich herumträgt. Allein dem war nicht so. Erst
im Jahre 1619 hat ein englischer Arzt und sinniger
Naturforscher William Harvey die Thätigkeit des
Herzens und die Bewegung des Blutes richtig erkannt,
so daß es demnach mehr als Jahrtausende nach Er
findung der Pumpwerke bedurft hatte, um einen aus
gezeichneten Menschen auf solche Gedanken zu bringen.
Das ist wahrlich schon sehr demüthigend! — Wie
aber nahmen seine Zeitgenossen und seine Mitgelehrten
diese Wahrheit auf? — Es ist noch demüthigender,
es zu erzählen, daß Harvey mit Schimpf und Spott
verfolgt wurde, daß seine Collegen ihn anfeindeten,
und die Patienten — sich von ihm als einem rohen
Menschen, der das Herz wie eine Pumpe behandelt
wissen wollte, zurückzogen.
Zum Glück nahm sich's Harvey nicht sehr zu
Herzen; er erreichte ein hohes Alter und hatte die
Freude, daß er als Greis die Anerkennung fand, die
man dem verdienstvollen Manne früher versagte.
Vielleicht macht einer den Einwand, daß Lunge
und Herz von der Brusthöhle eingeschlossen, also der
Wahrnehmung der Menschen zu sehr verborgen sind.
Lunge und Herz kann man nur an Leichen offen dar
legen und also nur sehen, wenn sie nicht mehr wirksam
sind. Lunge und Herz sind auch in ihrer Thätigkeit
unabhängig von unserem Willen und Wissen, und
daher gerade käme es, daß sie sich der Kenntniß
der Menschen entzogen haben. Lägen sie offen im
Leben dar, würde man Gelegenheit gehabt haben, ihre
Geschäftigkeit zu beobachten, so wären die klugen
Menschen gewiß weit früher hinter all' diese sinn
reichen Einrichtungen gekommen.
Leider jedoch können wir diese beschönigende Aus
rede nicht gelten lassen.
Was liegt in seiner Wirksamkeit offener als das
menschliche Auge? Merkt nicht jedes Kind, daß man
mit dem Auge sieht? Bietet nicht jedes Thier, das
man schlachtet und zerstückelt, um den leiblichen Hunger
zu stillen, die leichteste Gelegenheit, ein Auge näher
zu untersuchen und den geistigen Hunger zu stillen? —
Und doch dauerte es Tausende und aber Tausende von
Jahren, bevor der erfindungsreiche Mensch dahinter
kam, was das Licht im Auge für eine Rolle spiele!
Und wie kam er dahinter? Wiederum durch eine
neue, nagelneue Erfindung, die vor zweihundert Jahren
ein Italiener Namens Porta machte, und die man
eine "dunkele Kammer« oder »Camera obscura» nennt,
das Ding, vor das man sich jetzt hinsetzt, wenn man
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