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und wenn der Mensch satt ist, geht auch die Arbeit
besser und die Kälte spürt man nicht so. Der
Nachbar war ein wohlhabender Mann und seine
Felder hatten vor allen andern reichlich getragen.
Aber es war auch ein harter Mann, denn er wollte,
wie er sagte, seine Frucht nicht verschleudern, sondern
diesmal etwas Rechtschaffenes daraus lösen. Er
hatte sich seinen Satz gemacht; der Scheffel sollte
acht Thaler kosten, und unter dem sollte kein Kern
vom Boden herunter. Und damit er ja bei seinem
Vorsatz bleibe, hätte er an seine Stubenthür eine
große Acht mit Kreide gemalt. — Der Drechsler
suchte sein lang gespartes Geld zusammen: Orts
thaler, Weißpfennige, Achter, Sechser, Kreuzerstücke,
just sowie er es mit seiner Drehbank verdient hatte.
Doch an den acht Thalern fehlten noch einige Albus.
Bescheiden trat er vor den Bauer, bat ihn um einen
Scheffel Korn und zählte seine Armuth auf den
Tisch. Der aber schüttelte verächtlich den Kopf und
sprach: Sparet nur die Mühe und streicht eure
Heller wieder zusammen, der Scheffel kostet acht
Thaler, das ist mein Satz und dabei bleibe ich, und
Zudem muß es auch ordentlich hart Geld sein. Das
elfjährige Söhnchen des Bauern, das auch in der
Stube war, zupfte den Vater am Aermel, daß er
doch dem armen Manne helfen möchte; aber der
Alte blieb bei seinem harten Sinn. Mit Thränen
im Auge und mit bittrem Weh im Herzen verließ
ber Arme die Wohnung des Reichen. Da kam am
Abend desselbigen Tages der Bote für Stadt und
Land — die Zeitung, welche der Bauer las — in
seinem Hause an. Einen Blick hinein und er fand,
was er finden wollte — das Korn acht Thaler.
Voll Freude zündete er sich ein Licht an, stieg damit
auf den Boden, um sich seine Vorräthe zu besehen
"ud zu überschlagen, wie viel Viertel er wohl des
andren Tages zur Stadt verfahren könnte. Indem
er aber so zwischen seinen Reichthümern hinschritt,
was geschah? Er strauchelte über einen umgestürzten
^ack und siel zu Boden, und aus der Hand flog ihm
°as Licht.
. Die Flamme ergriff daneben liegendes Stroh, und
kurzer Zeit stand nicht blos das Dach, sondern
J 1 ,? ganze Haus in heller Gluth. Ungefähr um
chtttternacht, 4 Stunden nachher, nachdem er auf
letnett Satz gekommen war, stand er auf dem Schutt
leines Hauses, an dem Grab seiner ganzen Habe.
Und die Brandmale, die ihm das Feuer an Händen und
^stcht zurückgelassen hatte, mußte er sein Lebtag als die
Zeugen seiner Unbarmherzigkeit mit sich herumtragen.
»Wie hieß denn der Bauer, Konrad!" fragten einige
Neugierige aus der Versammlung.
»Ob ihr den Namen wißt oder nicht,» erwiderte
mit ernstem Gesicht der Erzähler, »das thut nichts
zur Sache, der im Himmel hat ihn sich aufgeschrieben;
das Beste ist, daß ihr dem Bauer im Heilbacher
Grunde nicht gleichet!«
Der Kaiser und der Amtmann.
Das Königreich Böhmen ward zu der Zeit, da
Kaiser Joseph II. regierte, von einer großen Theuerung
heimgesucht, und die Folge davon war eine Hungers
noth, die von Tag zu Tag zunahm. Doch der Kaiser
Joseph war in rechter landesväterlicher Weise für
seine Unterthanen besorgt. Um die Noth der armen
Böhmen zu lindern, ließ er eine Menge Korn und
andere Lebensmittel nach dem Königreich schaffen,
und reiste dann selbst ins Land, um mit eigenen
Augen zu sehen, wie es da zugehe und wie die Gabe
vertheilt werde, und überhaupt, ob die Beamten das
thäten, was er in wahrhaft väterlicher Fürsorge be
sohlen hatte. Der Kaiser liebte es, ungekannt hier
und da sich einmal einzufinden und nachzuforschen.
So kam er denn auch in einfacher Offizierskleidung,
nur von einem Bedienten begleitet, von Prag aus
in eine kleine böhmische Stadt. Vor dem Amthause
stand eine ansehnliche Zahl Wagen und Karren, die
alle mit Frucht hoch beladen waren, und um die
Wagen herum standen wieder leere Wagen, Karren
und Schubkarren und viele Bauern mit leeren Säcken,
die mit Sehnsucht auf das Abladen der Früchte und
auf ihre Vertheilung warteten. Trotzdem wurde
nichts gethan, die armen Leute zu befriedigen. Der
Kaiser sah das aus den Fenstern des Gasthofes mit
an und konnte gar nicht begreifen, woran die Schuld
dieser Verzögerung liege. Er trat endlich heraus
und unter die Leute und fragte einen alten Mann:
»Vater, wie lange wartet Ihr denn schon auf das
Vertheilen der Früchte?» »Ach, leider schon acht
volle Stunden,« sagte der Bauer, »und wir und
unser Vieh verspüren nachgerade großen Hunger,
denn wir haben nichts mit uns genommen, weil wir
glaubten, bald abgefertigt zu werden. Außer uns
warten aber auch die hungrigen Bewohner der Stadt
selbst auf die Vertheilung.» »Aber aus welchem
Grunde geschieht denn so etwas?« fragte unwillig
der Kaiser. »Der Herr Amtmann hat, wie
ich gehört habe, große Gesellschaft,« sagte, weh
müthig die Achseln zuckend, der Bauer, 'ck>a will