Full text: Amtlicher Kalender für das Kurfürstenthum Hessen // Amtlicher Kalender für Kurhessen // Amtlicher Kalender für den Regierungsbezirk Cassel (1860-1873)

rüstete sich im Gebet zu Gott auf seinen letzten Gang. 
In dem Glauben, er sei allein, betete er daher mit 
lauter Stimme: 
Heiliger und allmächtiger Gott, barmherziger lieber 
himmlischer Vater, Dir sei ewig Lob und Dank ge 
sagt, daß Du aus lauter Gnade ohne mein Verdienst 
und Würdigkeit mich von meiner Jugend au bis 
hierher von allem Bösen und sonderlich von diesen 
Schmerzen und Schwachheiten, damit Du mich väter 
lich heimgesucht, soweit wieder erlöset hast. Ach 
Herr, Du hättest ja Ursache genug, mich wegen meiner 
vielfältigen Sünden zu verstoßen, dennoch hast Du 
mitten in Deiner Strafe den Blick Deiner Gnade 
gegen mich spüren lassen. Und ob ich wohl, allgütigster 
Gott, in dieser meiner Schwachheit nicht, wie ich 
wohl gesollt, mit meinem Gebete Dir habe dienen 
können, so hast Du doch die innerlichen Seufzer 
meines Herzens angesehen und erhöret. Laß doch 
ferner meinem schwachen Herzen und matter Seele 
Hilfe wiederfahren und verleihe Gnade, daß ich 
diese Deine väterliche Züchtigung mit Geduld ertragen 
möge. Denn Du weißt, daß ich ein armer Mensch, 
ja Staub, Erde und Asche bin. Siehe mich all mit 
den Augen Deiner Barmherzigkeit und hilf mir, daß 
ich die übrige Zeit meines Lebens, die Du, o frommer 
Gott, mir gönnen wirst, zu Deines heiligen Namens 
Ehr' und Besserung meines Lebens anwenden möge. 
Ist es aber ja Dein göttlicher Wille, daß ich aus 
diesem Jammerthal scheiden soll, so schicke Du es 
mit mir, wie es Dir wohlgefällig und mir nütz und 
selig ist. Solches verleihe mir um Jesu Christi 
Deines allerliebsten Sohnes willen durch die Kraft 
des heiligen Geistes. Amen. 
Seine ihm gleichgesinnte Gemahlin, Amalie 
Elisabeth, die bei der Bedrängniß des Landes in 
Bremen Zuflucht und Sicherheit gefunden hatte, war 
alsobald von da auf die Kunde von seiner Krankheit 
mit ihren Kindern zu ihm geeilt. Aber der geliebte 
Gatte sollte ihr nicht erhalten bleiben, sanft und mit 
dem Frieden des Herrn im Herzen starb er (21. Sep 
tember 1637) in einem Alter von noch nicht 36 
Jahren in ihren Armen, nachdem er 10 Jahre, 6 
Monate und 4 Tage regiert hatte. 
Nach seinem Tode erhob sich der Verdacht, daß 
ruchlose Hände ihm Gift beigebracht und so sein 
frühes Ende herbeigeführt hätten, allein die gedruckten 
ausführlichen Berichte über seine letzten Stunden 
wissen nichts davon, und bei der Oeffnung seines 
Leichnams ergab sich's, daß Lunge und Leber 
gleich verbranntem Zunder auseinanderfielen. Mit 
! Wilhelm V. schied einer der edelsten und tüchtigsten 
Regenten aus diesem Leben; seine Zeitgenossen können 
nicht genug rühmen, wie fromm, wie bieder, wie 
tapfer und friedliebend er gewesen sei, und wahrlich, 
dieses Lob gebührt ihm als einem treu erfundene» 
Fürsten, als einem wackern Streiter Christi und als 
einem unwandelbaren Anhänger und Verfechter des 
evangelischen Glaubens mit vollstem Recht. Und eben 
dieses Festhalten an der Sache seiner Glaubensgenossen 
erwarb ihm den ehrenvollen Beinamen des Stand 
haften. Er, »den seine Unterthanen verehrten, seine 
Freunde liebten und seine Feinde fürchteten,« liegt 
in der fürstlichen Gruft der Set. Martinskirche zu 
Cassel begraben. Möge der Beschützer unseres 
Glaubens bei einem jeden von uns unvergeßlich 
bleiben, und kommst du in die Nähe des Ortes, 
wo seine Gebeine ruhen, dann weihe ih^i in stillem 
Herzen den Dank, den er für seine Treue verdient. 
- Die deutsche Bibelübersetzung durch 
vr. Martin Luther. 
Es war am Abend des 18. April im Jahre 1521, 
als Luther in glänzender Versammlung vor Kaiser 
und Reich mit lautem, freudigem Wort bekannte, 
daß er zu dem, was er in Sachen des Glaubens 
bisher gepredigt und geschrieben habe, auch fortan 
von ganzem Herzen stehen und auf die allerheiligste 
Lehre unseres Herrn Jesu Christi leben und sterben 
wolle. Und als man von ihm eine runde, richtige 
Antwort verlangte, ob er widerrufen wolle oder nicht, 
so sprach er getrost und unverzagt: Weil denn 
Kaiserliche Majestät eine schlichte, einfältige und 
richtige Antwort begehren, so will ich eine solche 
geben, die weder Hörner noch Zähne haben soll, 
nämlich also: es sei denn, daß ich mit Zeugnissen 
der heiligen Schrift oder mit öffentlichen klaren und 
hellen Gründen überwunden und überwiesen werde, 
(denn ich glaube weder dem Pabst noch den Concilien 
alleine nicht, weil es am Tag und offenbar ist, daß 
sie oft geirret und sich selbst widersprochen haben), 
so bin ich überwunden durch die Sprüche, so ich 
angezogen und angeführt habe, und gefangen in meinen: 
Gewissen in Gottes Wort, und kann und mag darum 
nicht widerrufen, weil weder sicher noch gerathen ist, 
etwas wider das Gewissen zu thun; hier stehe ich, 
ich kann nicht anders, Gott helfe mir! Amen. 
Mit diesem ewig denkwürdigen Bekenntniß, das in 
der evangelischen Kirche wie einen Siegesruf ein
	        
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