selber durch Kautionen zwingt, für Alles das, was
sie den Auswanderern versprochen, auch mit ihrem
eigenen Vermögen einzustehen. Daß dann die meisten
dieser Herren zu Grunde gehen würden, wäre eine
unausbleibliche Folge.
Die Sendung der meiningischen Regierung hatte
aber auch noch außerdem einen direkten Erfolg für
die Auswanderer, denn während dieselben, diesem
Contract nach, nach irgend einem Punkte der Pro
vinz San Paulo geworfen, irgend einem der bärtigen
Pflanzer oder Sclavenhalter überliefert werden konn
ten, erwirkte der Bevollmächtigte für sie die Ueber-
fiedelung nach der Plantage eines Mannes, auf der
sich schon Verwandte von ihnen befanden, die sich,
ihren Briefen nach, wohl befanden, und machte es
ausdrücklich zur Bedingung, daß die ihnen etwa erwach
senden Kosten einer unverschuldeten Verzögerung im
Hafenplatze nicht angerechnet werden durften.
Ganz unmöglich ist es, von hier aus durch einen
Contract die Stellung der Arbeiter zu ihren Brod
herren zu regeln, denn die anscheinend klarsten und
einfachsten Aufstellungen lassen sich, wenn der Wille
dazu da ist,- leicht umgehen oder gerade in das
Gegentheil verkehren. Ich habe ein ähnliches Bei
spiel schon früher mal erwähnt, wo den Arbeitern
von einem dortigen Pflanzer ein Stück Land zu
eigener Bearbeitung zugesichert war, das sie im
U r w a l d e angewiesen bekamen, und das sie, als sie
es urbar gemacht und zwei Jahre benutzt hatten,
wieder hergeben mußten, um auf's Nene, angeblich
für sich, in Wirklichkeit aber für ihren Herrn, eine
neue Strecke auszuroden. Es soll übrigens jetzt von
der brasilianischen Regierung ein Gesetz erlassen sein,
das diese Arbeitsverhältnisse regelt.
Meiningen ist noch außerdem den anderen Negie
rungen darin mit einem guten Beispiele vorangegan
gen, daß allen Agenten bei Vermeidung der Couces-
sionsentziehung untersagt ist, Auswanderer auf der
artige Privatverträge zu befördern, und das ist vor
der Hand das einzige Mittel, diesem Unwesen zu
steuern.
Ich will gar nicht leugnen, daß solche Privat
verträge in sehr vielen Fällen zum Segen und Ge
deihen des Auswanderers ausschlagen können, und
daß er, wenn er es mit einem rechtlichen Brodherrn
zu thun bekommt, selbst vollständig mittellos sein
Vaterland verlassen und sich in einem anderen Welt
theile eine gesicherte Existenz gründen kann. Aber
wer bietet ihm hier die Sicherheit, daß er es mit
einem rechtlichen Manne zu thun bekommt? Wer kann
ihm in einem solchen Falle, wo er auf eigene Hand
einen Privatcontract abschließt, garantiren, daß er
nicht auf Schritt und Tritt betrogen wird, während
er durch seine Familie schon an den Fleck gebunden
und machtlos der Willkür seines Brodherrn preisge
geben ist?
Er darf sich auch die Verhältnisse des dortigen
Landes selbst nicht einmal nur annähernd so denken,
wie die unsrigen. Er weiß noch nicht, was es heißt,
vierzehn Tagereisen weit im Inneren eines wilden
Landes zu sitzen, dessen Sprache er nicht einmal spricht,
dessen Regierung ihn nicht schützen kann, sobald er
selber freiwillig einen Privatcontract unterzeichnet hat,
selbst wenn man annimmt, daß die dortigen Richter
und Pflanzer nicht eigene Interessen hätten und eng
befreundet wären. Eines deutschen Sclaven wegen
würden sie sich aber wahrlich nichts zu Leide thun.
Die Versprechungen hier klingen allerdings ver
lockend genug. Es liegt schon darin ein eigener Reiz
für den armen Mann, daß er sich dort Kaffee und
Zucker — hier oft unerreichbare Luxusgegenstände für
ihn — selber bauen kann. Andere Lockmittel kom
men dazu, Vieh und Hühner, ein eigen Haus und
eigen Land, und mit dem Ziel vor Augen hält er
alles Andere für Kinderspiel. — Er kann das auch
in der That in fremden Welttheilen alles erreichen,
aber er muß es nur vernünftig anfangen und sich
von vornherein nicht selber die Hände binden, sonst '
darf er sich nachher auch nicht beklagen, wenn er sich
und seine Familie dem Unglück preisgiebt.
Vor allem aber möchte ich darauf aufmerksam
machen, daß das durch die Agenten gegen die armen
unwissenden Auswanderer angewandte Verfahren hi»'
sichtlich der Unterzeichnung eines solchen Contracts
nicht geduldet werde.
Man läßt sie nämlich nicht etwa in ihrer eigenen
Heimath einen solchen Contract unterschreiben, wo
es ihnen noch möglich wäre, zurückzutreten, wen»
ihnen die einzelnen Bedingungen nicht gefallen. -
Nein, das geschieht erst in der Hafenstadt. Der Aus
wanderer muß daheim erst sein geringes VesitzthuM,
was er vielleicht noch hatte, sein weniges Hausge-
räth verkauft und seine übrigen Sachen verpackt und
nach dem Hafen geschickt, wie mit dem letzten zusaM- j
mengerafften Geld seine eigene Passage dorthin be
zahlt haben — dann erst wird ihm der Contract >
dort vorgelegt, und er muß ihn jetzt unterschreiben, 1
was ihm auch darin zugemuthet wird, denn er i
kann nicht mehr zurück. Die Brücke ist hinter
ihm abgebrochen und er rettungslos den Händen derer <