Full text: Amtlicher Kalender für das Kurfürstenthum Hessen // Amtlicher Kalender für Kurhessen // Amtlicher Kalender für den Regierungsbezirk Cassel (1860-1873)

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hohem Grade gefördert und eine Menge schädlicher 
Insekten von demselben ferngehalten wird. 
11) Die nothwendige Nachhülfe bei Krank- 
, heiten der Bäume, das Verjüngen, Ausschneiden 
und Eintheeren alter Wunden wird meist versäumt 
und dadurch die Ursache zum frühen Absterben der 
Bäume gegeben. 
12) Das Umpfropfen geschieht nur selten und 
eine richtige Behandlung im folgenden Jahre, Be 
schneiden und theilweises Wegnehmen der jungen Edcl- 
Zweige fehlt fast durchgängig. 
13) Wassertriebe werden häufig gar nicht ent 
fernt und verursachen ein wahres Dickicht im Innern 
der Krone, oder aber man schneidet sie sämmtlich 
rücksichtslos weg, selbst diejenigen, welche sich zum 
Ausfüllen von Lücken und zum Ersetzen abgängiger 
Zweige brauchbar erweisen. 
14) Schiefwachsende Bäume, die zur rechten 
Zeit mit einer Stütze versehen, gerade gezogen wer-' 
den könnten, läßt man ruhig wachsen und erhält so 
Krüppel, die einen widerwärtigen Anblick gewähren. 
15) Mangelhafter, oft gänzlich versäumter 
Schutz gegen Hasen, gegen Beschädigungen beim Pflü 
gen, durch weidendes Vieh. Dadurch gingen bereits 
die vielversprechendsten Anpflanzungen zu Grunde. 
16) Ein Düngen der O b st b ä u m e findet 
weift gar nicht Statt, oder wenn es in Anwendung 
I kommt, so geschiehts sehr häufig in unrichtiger Weise. 
Man düngt z. B. im Winter bei jungen, ohnehin 
Zu tief gepflanzten Bäumen dicht am Stamme mit 
einer Menge Jauche oder Abtrittsdung. Dies ist aber 
I kin sicheres Mittel, die Bäume zu Grunde zu richten. 
17) Das Abraupen, was in manchen Gegen 
den fast alljährlich erforderlich ist, wird nur zu häufig 
verabsäumt. 
18) Das Abnehmen des Obstes geschieht meist 
auf die roheste Weise. Man schlägt mit Stangen 
kte Früchte herunter und bedenkt nicht, daß dadurch 
! gleichzeitig ein großer Theil der Erndten des nächsten 
Jahres mit abgeschlagen wird, nämlich die Blüthen- 
knospen und kleinen Fruchthölzer, die in Menge mit 
herunterfallen und den Boden unter deck Bäumen oft 
völlig verdecken. 
Das ist ein langes Sündenregister, lieber Better, 
und doch könnt's noch weiter hinausgeführt werden. 
soll aber für heut genügen und ich möcht nun an 
! ^"ch die Frage richten: »wunderts Euch noch, daß der 
Obstbau bei uns nicht die Erträge liefert, die er 
! geben könnte?" Nein, das muß besser werden. Ihr 
sehd ein feiner Kopf, lieber Vetter, und habt Einfluß 
in Eurer Gemeinde. Sorget, daß diese einen jungen 
Mann, der Lust und Liebe zum Obstbau hat, nach 
Cassel sendet, wenn erst der Unterricht im pomclo 
gischen Garten seinen Anfang genommen hat. Die 
Kosten werden nicht erheblich seyn und der landwirth- 
schaftliche Verein Eures Kreises trägt vielleicht einen 
Theil derselben. Wenn Ihr das durchsetzet, so ver 
dient Ihr Dank; denn Jedem soll man herzlich dan 
ken, der dazu beiträgt, daß sich der Obstbau hebt 
und verbreitet. 
Nächstes Frühjahr komm ich, wills Gott,-zu Euch, 
lieber Vetter, und dann will ich die richtigen Pfropf 
reiser auf Eure Stämmchen setzen. Bis dahin gehabt 
Euch wohl. 
Räthsel. 
1. 
Ich lieg im Thurm mit manchem Zimmer 
Und werde drin zum braunen Mohr, 
Und nie schau ich des Tages Schimmer, 
Sprengt nicht ein schneidend Schwert das Thor. 
War dort mein Kerker klein und enge, 
Doch wünsch ich noch ein finstrer Haus; 
Dort grab ich unterirdsche Gänge 
Und komm als grüner Zwerg heraus; 
Bald streckt der Zwerg sich in die Länge, 
Am Ende wird ein Riese draus. 
2. 
Ich wohn in einem steinern Hans, 
Da lieg ich verborgen und schlafe; 
Doch ich trete hervor, ich eile heraus, 
Gefordert mit eiserner Waffe. 
Erst bin ich unscheinbar und schwach und klein, 
Mich kann dein Athem bezwingen, 
Ein Regentropfen schon sauget mich ein. 
Doch mir. wachsen im Siege die Schwingen 
Wenn die mächtige Schwester sich zu mir gesellt 
Erwachs ich zum furchtbaren Gebieter der Welt. 
3. 
Der Krebs ist schwarz im Leben 
Und nach dem Tode roth; 
Doch bin ich roth im Leben 
Und schwarz nach meinem Tod. 
Daß keiner mich berühre. 
Schlimm würd es ihm gedeihn, 
Ob keinen Zahn ich führe, 
Doch beiß ich tüchtig drein.
	        
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