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Einstmals kam der Schusterkonrad dazu, wie der
Dorfsattler am hellen Mittag betrunken auf der Straße
lag und sich lallend und mit den Händen fechtend
gegen einen Kinderschwarm vertheidigte, der lachend und
neckend um ihn herum tanzte. Der Konrad faßte den
Trunkenen am Kragen und half ihm wieder auf die
Beine. Aber kaum war dieser in der Höhe, so wehrte
er ihm den ferneren Beistand und stammelte voll Eifer:
Laßt mich! Ich kanns allein fertig bringen! Auf der
Stelle! Denn das »Auf der Stelle!» war so seine ge
wöhnliche Redensart, die er immer anbrachte, sie
mochte passen oder nicht. Er schwankte jetzt ein paar
Schritte hin und her, that dann einen Satz zurück, um
sich im Gleichgewicht zu erhalten, und schlug dann hart
an dem Rande des durch das Dorf fließenden Baches zu
Boden. Von neuem jauchzte die Kinderschar und helle
Stimmen riefen: Ha, der Sattler schubbelt ins Waßer!
Auf der Stelle! Der Schusterkonrad gieng seinesWeges
und dachte: Nun, wenn du nicht hören willst, so leide
dafür. Am Abend aber, da es sich gerade traf,
machte er vor seinen Bekannten seinem Herzen Luft,
denn es war ihm schon lange ein Ärgernis, daß der
Branntweinsgeist so viele ergriffen und zu seinen wil
ligen Knechten gemacht hatte.- »Seht,» sprach er,
nachdem er die Geschichte mit dem Sattler erzählt
hatte, »so weit kann der Mensch kommen, daß er
das Gespött der Kinder und Mägde wird. Das edelste
und beste Geschöpf Gottes, der Mensch, der allein
Vernunft hat, stellt sich unter das Thier; das hört
doch auf, wenn es satt ist und seinen Durst gestillt
hat. Der Trinker aber schüttets so lange in sich hin
ein, bis kein gesunder Gedanke mehr in ihm ist, bis
er nichts mehr von sich weiß und er umfällt wie ein
Stück Holz. Und was verthut einer mit dem Brannt
weinsglase die kostbare Zeit! Im Rausche denkt er
an keine Arbeit nnd nach dem Rausche ist er nicht
dazu aufgelegt. Es gibt Unfrieden und Zank im
Hause, die Kinder haben -ein schlechtes Beispiel vor
Äugen und die Armuth schreitet langsam, aber desto
sicherer hinter dem Trinker her, und das Ende ist,
daß er den: Spittel verfällt oder das Gnadenbrot
der Gemeinde eßen muß. Ja, der Branntwein —
das ist schon tausendmal gesagt, aber keiner will es
verstehen und sich gesagt sein laßen — ist ein Gift
für Leib und Seele. Drüben in Amerika nennen ihn
die Wilden Feuerwaßer; wahrhaftig, man sollte ihn
Teufllswaßer nennen. Wie ruinirt er den Körper!
Der wird dick und aufgedunsen und ein Zittern zuckt
durch alle Glieder. Und sieht man einem Trunken
bold ins Angesicht, so steht da mit großen Buchstaben
zu lesen: Er ist frühe auf zum Trinken nnd hat seine
Lust am Schlemmen. Der Appetit vergeht, der Schlaf
bleibt aus, und zuletzt, wenn er nicht selbst Hand an
sich legt, bereitet ihm der Säuferwahnsinn ein schreck
liches Ende! Und was will nun so einer dem ewigen
Richter antworten? Er hat das göttliche Ebenbild
an sich geschändet, und während er seinem Leibe voll
auf gab, hat er seine unsterbliche Seele darben und
schmachten und sie versinken laßen im Schmutz und
Schlamm der Sünde. Möchte darum jeder Trinker
noch in sich schlagen und die Hand Gottes ergreifen,
die er allzeit ausstreckt, um uns von dem Verderben
zu retten. Dazu, wie einer sich aufmacht nnd für
den Rest seiner Tage unserm Herrgott sich wieder
zuwandte, will ich Euch noch ein Beispiel erzählen.«
»In einem Städtchen im Sächsischen lebte ein
Töpfermeister. Er verstand sein Handwerk vortreff
lich und hatte auch Lust zu Gottes Wort. Er malte
auf seine Schüßeln und Teller für Bürger und Land
mann , die von ihm gerne kauften, am liebsten Bibel
verse und schöne alte Gesangbuchsreime, damit sie,
wenn die Schüße! anfängt, leer zu werden, lesen
können von dem, der sie wieder füllt und ihnen auch
noch mehr gibt, als leibliche Speise. Dabei war er
bieder und treu, schlecht und recht, wie Gottes Knecht
im Lande Uz (Hiob 1). Er hatte keine eigenen Kin
der, aber eine Menge Stiefkinder. Als diese erwachse»
waren, verheiratheten sie sich bis auf eins. Wen»
Stiefkinder dahin gekommen sind, wird gegen die Stief
eltern gewöhnlich der große Kettenhund losgelaßen-
Ihr kennt ihn doch? Er hat seine Hütte gleich vor»
unter dem Oberstübchen, und diese Hütte muß ja recht
zugehalten werden, sonst passirt, was Jacobi 3, 5
von der Zunge geschrieben steht. Des Töpfers erwach
sene Stiefkinder hatten aber nie über ihren Vater
gebelfert, sie hatten im Gegentheil oftmals gesagt!
Er hat uns erzogen, wie eigene Kinder, wir habe»
nie einen Stiefvater gehabt. Auch das Vermögen der
Kinder hatte sich, obgleich noch sehr arme Verwandte
von-ihm lebten, unter seinen Händen namhaft ver
mehrt. Wer sollte es nun glauben, daß dieser Man»
nach und nach ein völliger Knecht des Branntweins
wurde. Er hatte es täglich bis zu zwei Schoppe»
gebracht. Sein Handwerk litt darunter, der Haus
friede bekam einen harten Stoß, die Kinder schloße»
sich immer enger an die Mutter an und er ward
immer fremder in der Familie. Die Frau hatte sich
ihn genommen, damit er ihr ein Helfer im Beruft
und in der Erziehung der Kinder sein sollte. Ru»
ließ er das Geschäft zu Grunde gehen und die Kinder