Full text: Amtlicher Kalender für das Kurfürstenthum Hessen // Amtlicher Kalender für Kurhessen // Amtlicher Kalender für den Regierungsbezirk Cassel (1860-1873)

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geleitete. Mit Morast über und über beschmutzt, 
r ?’’' bot er indessen in seiner außerdem so prachtvollen 
Kleidung nur einen um so kläglicheren Anblick dar. 
Der Erbprinz aber empfing ihn nach der ihm eignen 
unl höflichen und ritterlichen Weise und ertheilte sofort 
E Befehl, ihm jede erwünschte Bequemlichkeit zu bereiten, 
T konnte es jedoch nicht unterlassen, ihn mit den, einen 
ll'" leisen Spott enthaltenden, Worten zu begrüßen! 
,*?r| „Ah, siehe da, Herr Marschall! Seien 
ihG Sie willkommen! Sehen Sie? Revange 
E" für Speierbach." 
Und in der That, die Revange war vollkommen. 
nttc ' Denn nachdem durch den oben beschriebenen Angriff 
E des Erbprinzen Friedrich die feindliche Schlachtlinie 
2*® in der Mitte durchbrochen worden war, hatte sich 
ahe filier Reiterei nachfolgende Infanterie alsbald 
^gen den Rücken des rechten Flügels der feindlichen 
1 1C 9 Hauptstellung hingewendet, wodurch 27 Bataillone 
und 12 Escadrons, lauter Scharen, die Tallard 
*”7 Noch vor wenigen Tagen als zu den unüberwind- 
au ? lichsten des Erdballs gehörig bezeichnet hatte, 
/, erst nach Blenheim hinein gedrängt und dann von 
hti Een Seiten eingeschlossen wurden, worauf sie sich 
gezwungen sahen, die Waffen zu strecken und 
sich kriegsgefangen zu ergeben. 
' | Ueberhaupt aber war dem Feinde ein Verlust 
von mehr als 30,000 Mann an Getödteten, Ver- 
Mundeten und Kriegsgefangenen zugefügt worden; 
dazu hatte derselbe 200 Fahnen und Standarten, 
. öO Geschütze, das ganze Gepäck und große Borräthe 
e ‘ e " n an Kriegsmaterial aller Art, sowie eine reich gefüllte 
lt j: Kriegskasse eingebüßt. Wie war da der stolze, despo- 
n- Ludwig XIV. von Frankreich gedemüthigt! 
' denn das Beschämende der Niederlage der Franzosen 
sser ^vd noch vollends dadurch gesteigert, daß die baierischen 
e 'L Scharen, welche den äußersten linken Flügel gebildet, 
st , e 'Nit Ruhm und Glück gestritten und erst dann, als 
"be. «Ü e ^"vht oder Vernichtung ihrer Streitgenossen jeden 
totb ^danken an Wiederherstellung des Treffens aufgeben 
. '![ vwß, langsam und in ungebrochener Ordnung den 
ooni ^"'Ezug angetreten hatten. 
.g , Indessen fehlte wenig, daß diesem Freudentage 
und e ’ n sür jedes treue Hessenherz tief schmerzlicher 
Frauentag gefolgt wäre. Als nämlich am Abend der 
rreis ^^pvinz sich das gegen die Blutung seiner Brustwunde 
dein ^dlegte Pechpflaster wieder abnehmen lassen wollte, 
lviw t dieses nicht nur mit großen Schmerzen verknüpft, 
v o» ?"dern es zeigte sich auch die davon bedeckte Wunde 
-ine» s ^ dessen Einwirkung dermaßen entzündet, daß 
n , eI t der Prinz mehrere Tage lang in großer Lebensgefahr 
schwebte. Doch Gott hatte ihm das Ziel seiner 
Tage noch nicht gesetzt und ließ ihn wieder genesen. 
Nun, denke ich, wird jeder wissen, woher sich 
das Sprichwort: „Revange für Speierbach" 
schreibt; es erinnert ihn an einen hessischen Ehren 
tags Und wer unser heutiges 1. (Leib-) Husaren- 
Regiment sieht, der denke dabei an die alten Dragoner- 
Regimenter, die darin enthalten sind und die bei 
Hochstädt oder Blenheim hauptsächlich die Revange 
für Speierbach erfochten haben, nämlich das Regiment 
Erbprinz, später Leibdragoner, und das erst Hessen- 
Homburg, dann Auerochs und zuletzt Prinz-Friedrich- 
Dragoner genannte. Und wer in Cassel das Museum 
besucht, der lasse sich da ja den Marschallsstab und 
die Handschuhe Tallard's zeigen und erinnere sich, 
wie jenem hochmüthigen und eitlen Franzosen einmal 
von ein paar hessischen Landeskindern doch gar so 
große Angst eingejagt worden ist. 
Gewerbliches. 
1) Einfache Ermittelung von Wasserkräften. 
Da die Wasserstände in Flüssen und Bächen im 
Laufe des Jahres ungemein variiren, so kann nur 
eine wiederholte Ermittelung einen einigermaßen ge 
nauen Anhalt zur Bestimmung von Wasserkräften rc. 
geben. Um diese Ermittelungen möglichst einfach aus 
zuführen, wird im Württembergischen Gewerbeblatte 
folgende Methode vorgeschlagen: Man bedient sich 
eines Stückchens Holz als Schwimmer, welches mit 
Eisen beschwert sein kann, um etwas unter der Ober 
fläche zu bleiben; zählt die Schläge in Ermangelung 
einer Secundenuhr mit einer gewöhnlichen Taschen 
uhr, die meistens Viertelsekunden angeben. Wir 
wollen annehmen, es seien 20 Secunden verflossen, 
bis der Schwimmer am Ende des Kanals, dessen 
Länge gleich 100 Fuß sei, angekommen ist; so ist die 
Geschwindigkeit in der Mitte des Wassers 5 Fuß 
und die durchschnittliche £ oder 0,8 davon, nämlich 
4 Fuß, da sich das Wasser an den Seiten des Ka 
nals langsamer bewegt, als in der Mitte. Wenn 
nun beim Ausfluß die Kanalbreite 6 Fuß und die 
Wassertiefe 1£ Fuß beträgt, so ergießt der Kanal 
pr. Secunde 36 Cubikfuß Wasser ä 50 Pfd. oder 
1800 Pfv. Diese mit der Tiefe des Falles gleich 
6j Fuß multiplicirt, geben 11700 Fußpfund, und 
wenn die Pferdekraft zu 525 Vereinspfunden gerechnet 
wird, 22 Pferdekräfte. Angemessen bleibt es dabei 
immer, die Art und Weise anzugeben, in welcher 
die Messung und Berechnung vorgenommen wurde.
	        
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