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Revange für Speierbach *).
13. August 1704.
Wenn auch revange ein französisches Wort ist,
das so viel als Wiedervergeltung bedeutet, so ist doch
„Revange für Speierbach" ein echtes althessisches
und gar köstliches Sprichwort, das einst in ganz
Hessen gäng und gebe war und auch noch heut zu
Tage von manchem gebraucht wird, obschon leider
nur wenige noch wissen, was es damit eigentlich für
eine Bewandtnis) hat; wollen's deshalb erzählen.
Durch jenen am Speierbache gewonnenen Sieg,
zufolge dessen sich auch die Reichsfestung Landau den
Franzosen hatte ergeben müssen, war Tallard's schon
immer sehr großer Dünkel und Hochmuth noch vollens
aufs höchste gesteigert worden. Als er daher im fol
genden Jahre (1704) dem mit Frankreich verbündeten
Kurfürsten Maximilian Emanuel von Baiern
eine Armee von 26,000 Mann zu Hilfe zuführte und sich
am 3. August mit dessen Heere bei Augsburg ver
einigte, wandte er sich, indem er ans seine Truppen
hinwies, mit den Worten an den Kurfürsten: „Ich
habe die Ehre, Eurer Durchlaucht hier die unüber
windlichsten Scharen des Erdballs vorzu
stellen."
Beide Heere setzten sodann, in der Absicht eine
passende Gelegenheit abzuwarten, daß sie das bei
Donauwörth lagernde Heer der Verbündeten unter dem
Prinzen Eugen von Savoyen und dem englischen
Feldherrn Lord Marlborough angreifen und aus
dem Felde schlagen könnten, über die Donau. Hier be-1
zogen sie am 12. August eine sehr vortheilhafte Stel- !
lung auf den Höhen zwischen Blenheim und Lutzingen
unweit Hochstädt und zwar so, daß die Scharen i
Tallard's, zunächst an die Donau sich anlehnend, den
rechten Flügel, jene des Kurfürsten aber, nach dem
Gebirge sich ausdehnend, den linken Flügel bildeten,
während ein sumpfiger nach der Donau hin sich er
streckender und von dem Nebelbache durchströmter
Wiesengrund die Fronte derselben beschirmte.
Am 14. November 1703 wurden zwei deutsche Truppen-
Corps (Hessen, Hannoveraner, Pfälzer und andere
süddeutsche Reichsvölker) unter dem Erbprinzen
Friedrich von Hessen (nachherigen Landgrafen
und König von Schweden) und dem Grafen von
Nassau-Weilburg von einem übermächtigen fran
zösischen Heere, welches der Marschall Tallard
befestigte, an dem Speicrbache (bei Speier in der
Rheinpfalz) überfallen und trotz belvenmüthigster
Gegenwedr, bei welcher sich namentlich das hessische
Grenadier-Regiment (jetzt 2. Bataillon des Leibgarde-
Regiments) auszeichnete, geschlagen.
DajedochTallard in seinem Hochmuthe verweigert ^
hatte, die von ihm zur Unterstützung des Kurfürsten Dl
herangeführten unüberwindlichsten Scharen des °n
Erdballs mit den Baiern zu vermischen, so waren
beide Heeresabtheilungen nach ihrer ursprünglichen ™
Schlachtordnung, die Reiterei auf den Flügeln, auch
in diese Stellung wieder eingerückt. So kam es, daß
da, wo beide in - der Mitte zusammenstießen, die ""
Schlachtlinie nur aus Reiterei bestand.
Dieses war von den Verbündeten erkundschaftet
und darauf beschlossen worden, sich diesen Umstand j 111
zu Nutze zu machen, den Hanptangriff gerade auf * ei
diese Stelle zunächst mit Infanterie und Geschütz zu °, e
richten, die feindliche Reiterei lebhaft zu beschießen, |’l
und wenn sie hierdurch erschüttert worden sei, durch
eine unter die Befehle des Erbprinzen Friedrich von 10
Hessen gestellte Reitermasse angreifen und über den
Haufen werfen zu lassen und auf diese Weise die ~
feindliche Schlachtlinie in der Mitte aus einander zu
sprenge«. »
Demgemäß setzte sich dann auch das Heer der r
Verbündeten am Morgen des 13. August 1704 schon ^
vor Tagesanbruch in 8 Colonnen in Bewegung. Da £
der Uebergang über den sumpfigen Wiesengrund des ^
Nebelbaches an der Stelle, welche die Verbündeten y.
zu ihrem Hauptangriff ausersehen hatten, die meisten .
Schwierigkeiten darbot, so hielt Tallard deren Vor- ,
dringen in dieser Richtung hin indessen nur für einen
Scheinangriff, dem er sonach wenig Aufmerksamkeit g
schenkte, und sich schon frühzeitig nach Lutzingen nach j.
dem linken Flügel der Gesamtstellung begab, weil er ^
vermuthete, daß der Hauptangriff seiner Gegner in ^
dieser Richtung erfolgen würde. So kam es, daß u
die zur Ausführung des wirklichen Hauptangriffs ^
bestimmten Truppenabtheilungen der Verbündeten
zunächst nur auf geringen Widerstand der feindlichen °
Bortruppen stießen. Dagegen stellten sich dem Ueber- ^
schreiten jenes sumpfigen Wiesengrundes mit Geschütz
und Reiterei an dieser Stelle so viele Schwierigkeiten |
entgegen, und veranlaßte deren Ueberwindung so langen ^
Aufenthalt, daß Mittag bereits vorüber war, ehe rie ^
Truppen hinüber und in Schlachtordnung aufgestellt ^
waren. Nachdem aber solches geschehen, begannen ^
sie sofort ein lebhaftes Geschütz- und Rottenfeuer aus ^
die ihnen gegenüber stehende feindliche Reiterei zu j,
eröffnen, welches sehr bald eine so verheerende Wir
kung äußerte, daß dieselbe dadurch ins Schwanken ^
gerieth. Vergebens suchte der Feind durch einige ^
schleunigst aus der nächsten Nähe herbeigezogene In- ^
fanterie - Bataillone die diesseitige Infanterie wieder