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unausgerottete, chmals weitverbreitete witwenverbren-
nung, die aussetzung der kinder und die tödtung alter
yreise, der wir selbst in der vorzeit edler völker begeg-
nen und die uns wilde stämme noch heute als einen vor-
wurf wie im spiegel vorhalten. wahr ist, dasz alte greise
heiter sich vom felsen niederstürzten, witwen freiwillig
und freudig den scheiterhaufen bestiegen; das war einer
grausamen sitte wahn und ist rein menschlichen begrif-
fen von grund aus widerstrebend.
Wie menschlich gedacht ist dagegen die äsopische
fabel vom greis, der in den wald gieng holz zu fällen
und nun von seiner bürde überwältigt und den tod her-
beirufend sie hin zu boden warf. als der tod schnell
nahte, hatte der greis nichts zu bitten, als dasz: er ihm
die last wieder auf die schulter helfe. keinen alten, sagt
man, giebt es, der nicht noch ein jahr zu leben gedächte.
einigemal findet sich der widerwillen ausgedrückt, das
vollbrachte leben noch einmal durchzuführen, der greis
möchte nicht wieder ein kind werden und in der wiege
schreien (repuerascere et ın cunis vagire). Hugo ruft:
Got müeze mir ein sxligez ende geben,
wan ich sö lenge niht wolde leben
üäf erden als ich gelebet hän. Renner 21297,
das ist wahr empfunden, aber eitle sorge, nimmer hat
ein greis zum zweitenmal gelebt. kindisch werden mag
er wol, nicht wieder zum kinde.
Wir sind da angelangt, wo eingeräumt werden soll,
was niemand leugnen mag. das alter liegt hart an des
lebens grenze und wenn der tod in allen altern eintreten
oder ansbleiben darf, im greisenalter musz er eintreten
and kann nicht länger ausbleiben. wir wissen dasz der
tod. in den ersten jahren ihres lebens eine menge un-
schuldiger kinder wegraft, doch er schont ihrer oft, des