30
Man könnte also, ohne paradox zu sein, aufstellen,
dasz im alter so oft es die gesundheit angreife und er-
schüttere, dazwischen ein gefühl des wohlseins reger
walte, als in den vorausgegangenen lebensstufen. die em-
pfindung beiwohnender kraft und stärke ist auch wenn
sie ihrer unbewust bleibt, köstlich, doch übertroffen wird
sie noch von dem eindruck der erholung nach eingetre-
tener müde, von der wonne der herstellung oder des
genesens da wo die gesundheit einmal gewichen und aus-
geblieben war. ruhe ist durch vorangegangenes ermat-
ten, heilung durch krankheit bedingt, und mitten in der
ruhe oder genesung wirkt noch ein sie steigerndes nach-
gefühl des müden und kranken zustandes. kindern sagt
man nach, dasz sie in ihre gesundheit toben, jünglinge
schlagen sie oft in die schanze und männer haben nicht
recht zeit ihrer zn gedenken.
so wie ein mann, der durchaus bis zum innersten kerne gesund ist,
nie der gesundheit denkt, noch des gangs ein rüstiger wandrer.
Voss 2. 19838.
den alten wanderer labt es aber über seinen vollbrachten
gang nachzudenken und greisen erhöht sich zusehends
die sorgfalt auf ihre leibespflege. sie lernen sich vor
allem hüten was ihnen gefahr droht und alle günstigen
einflüsse bringen ihnen behagen.
Ich möchte vom erblinden und ertauben, die zwar
in jeder zeit des lebens, doch meist gegen dessen schlusz
stattfinden, etwas näher reden. das licht ist stärker, ed-
ler, schneller als der erst hinter ihm ausbrechende, ihm
nachfolgende schall. das auge ist ein herr, das ohr ein
knecht, jenes schaut um, wohin es will, dieses nimmt
auf was ihm zugeführt wird. darum hat auch die natur
das auge reicher ausgestattet und der sehkraft viel grö-
szere tragweite gegeben als der hörkraft, ein augenzeuge