Full text: Rede auf Wilhelm Grimm und Rede über das Alter

sern und blattern hart ergriffen und meinem gesicht eine 
fülle von narben eindrückten, deren spur lange nicht 
schwinden wollte, er blieb unversehrt davon. als wir 
vollwachsen waren, ragte er daumenbreit über mich hin- 
aus. . an des jünglings gesundheit begann aber, wie am 
rothwangigen apfel, innerst ein wurm zu nagen, dessen 
sitz die ärzte jahrelang nicht konnten ausfindig machen, 
bald war dem siechenden sein athem beklommen, dasz 
er nur mühsame schritte that, bald das herz beschwert: 
es fieng plötzlich heftiger zu klopfen an und liesz nicht 
nach bis durch einen harten schlag, - wie man einen’ 
kasten zuwirft, das gleichgewicht der pulse hergestellt 
wurde. diese steten, in der frischesten lebenszeit sich 
erneuernden ängste und drohungen eines übels, das er 
nie vollends überwand, obschon die gefahr nach stufen 
zurückwich, musten auf seine ganze gemüthsart und em- 
pfindungsweise einen tiefen eindruck hinterlassen. den 
einzelnen anfällen war jedesmal abspannung, dann wohl- 
thätige erholung gefolgt, der kopf zum glück immer 
ganz frei geblieben und von da aus senkte sich bald 
auch neuer mut in die abgemattete brust. unmittelbar 
in der schwächung des leibs fühlte sich sein geist ge- 
kräftigt und früher als gewöhnlich reifend, geduld und 
gleichmut fachten seine lebenshofnung unausgesetzt an, 
gaben seinen gedanken schwung und flöszten ihm fein- 
heit des nachsinnens, tact der beobachtungen ein. was 
er damals dachte oder niederschrieb, würde er auch 
später noch ebenso gedacht und geschrieben haben, sei- 
ner ausbildung war aller sprung benommen und ein för- 
derndes ebenmasz verliehen. Um diese zeit las er nicht 
allein zur schonung und erheiterung, sondern aus inne- 
rem trieb unsere groszen dichter und war gleich ent- 
schieden Göthen zugewandt, während ich, der weniger
	        
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