bewust bleiben, der sohn zeugnis vom vater ablegend
der gewohnten ehrfurcht nie vergessen. geschwister aber
stehen untereinander, ihrer wechselseitigen liebe zum
trotz, frei und unabhängig, so dasz ihr urtheil kein blatt
vor den mund nimmt. und dazu nun die leibliche ge-
schwisterähnlichkeit, also insgeheim auch die geistige,
dem vater gleicht der sohn nur mehr oder weniger als
halb, weil er auch mutterzüge in sich aufnimmt, hin-
yegen brüder theilen sich in des vaters und der mutter
yesicht und besitzen von jedem irgend etwas; laszt brü-
der sich in der kindheit noch so unähnlich erscheinen,
im alter wenn ihre wangen einfallen, gleichen sie ein-
ander durch die bank.
Von acht unsrer eltern söhnen war ich der zweite,
Wilhelm der dritte, beide nur ein jahr im alter unter-
schieden, gleich gekleidet und stets zusammen rückend,
zum vierten bruder hin war ein gröszerer abstand, und
wenn ich seiner gedenke, trübt sich die seele mir, dasz
er sein ganzes leben hindurch alleinstehend mehr auf
sich selbst angewiesen war. auch der fünfte und sechste
hielten nah zu einander, der siebente und achte waren,
wie der erste bruder noch als kleine kinder dem tode
verfallen, so dasz ich nun obenan stand. ınan hört wol
sagen, dasz in gesegneter ehe die älteren kinder mehr
dem vater, die jüngeren mehr der mutter nachschlagen,
sowie dasz unter den söhnen der erste minderbegabt sei
als der zweite, diesen aber der dritte übertreffe, wie
auch in kindermärchen immer der dritte hervorgehoben
wird; haben solche wahrnehmungen irgend grund, so
stehn ihnen sicher zahllose ausnahmen entgegen.
Wilhelm, ein blühender, froher knabe hatte die
kinderjahre ohne gefahr durchlaufen und alle krankhei-
ten waren an ihm vorüberyerangen, während mich ma-