Full text: Kinder- und Hausmärchen

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Hansel mit ihrer dürren Hand, und trug ihn in einen kleinen Stall- 
Er mochte schreien wie er wollte, es half ihm nichts; sie sperrte 
ihn mit einer Gitterthüre ein, und gieng dann zu Grethel, rüttelte 
sie wach, und rief willst du aufstehen, Faullenzerin, du sollst 
Wasser holen, und deinem Bruder etwas gutes kochen, der sitzt 
im Stall, und soll fett werden. Und wenn er fett ist, so will ich 
ihn essen? Grethel fieng an bitterlich zu weinen, aber es war 
alles vergeblich, sie mußte thun was die böse Hexe verlangte. 
Nun ward dem armen Hansel das beste Essen gekocht, aber 
Grethel bekam nichts als Krebsschalen. Jeden Morgen schlich die 
Alte zu dem Ställchen und rief 'Hansel, streck deine Finger her 
aus, damit ich fühle ob du bald fett bist? Hansel streckte ihr aber 
ein Knöchlein heraus, und die Me, die trübe Augen hatte, konnte 
es nicht sehen, und meinte es wären Hänsels Finger, und verwun 
derte sich daß er gar nicht fett werden wollte. Als vier Wochen 
herum waren, und Hänsel immer mager blieb, da übernahm sie 
die Ungeduld, und sie wollte nicht länger warten. 'Heda, Grethel/ 
rief sie dem Mädchen zu, 'sei flink und trag Wasser: Hänsel mag 
fett oder mager sein, morgen will ich ihn schlachten und sieden? 
Ach, wie jammerte das arme Schwesterchen, als es das Wasser 
tragen mußte, und wie flössen ihm die Thränen über die Backen 
herunter! 'Lieber Gott, hilf uns doch/ rief sie aus, 'hätten uns 
nur die wilden Thiere im Wald gefressen, so wären wir doch zu- 
sammen gestorben? 'Spar nur dein Geblarre,' sagte die Alte, 
"es hilft dir alles nichts? 
Früh Morgens mußte Grethel heraus, den Kessel mit Wasser
	        
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