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verkündigte es feinem Vater wies ausgefallen war; er stieg selbst
hinauf, und als er sah daß es seine Richtigkeit hatte, gieng er
zu der Wittwe und freite sie, und die Hochzeit ward gehalten.
Am andern Morgen, als die beiden Mädchen sich aufmachten,
da stand vor des Mannes Tochter Milch zum Waschen und Wein
zum Trinken, vor der Frau Tochter aber stand Wasser zum Wa
schen und Wasser zum Trinken. Am zweiten Morgen stand Was
ser zum Waschen und Wasser zum Trinken so gut vor des Man
nes Tochter als vor der Frau Tochter. Und am dritten Morgen
stand Wasser zum Waschen und Wasser zum Trinken vor des
Mannes Tochter, und Milch zum Waschen und Wein zum Trin
ken vor der Frau Tochter, und dabei bliebs- Die Frau ward
ihrer Stieftochter spinnefeind, und wußte nicht wie sie es ihr von
einem Tag zum andern schlimmer machen sollte. Auch war sie
neidisch, weil ihre Stieftochter schön und lieblich, ihre rechte Toch
ter aber häßlich und widerlich war.
Einmal im Winter, als es steinhart geftoren hatte, und Berg
und Thal vollgeschneit lag, machte die Frau ein Kleid von Pa
pier, rief dann das Mädchen, und sprach ‘da zieh das Kleid an,
und geh in den Wald, und hol mir ein Körbchen voll Erdbeeren,
ich habe Lust danach.' ‘Du lieber Gott,' sagte das Mädchen,
'im Winter wachsen ja keine Erdbeeren, die Erde ist gefroren, und
der Schnee hat auch alles zugedeckt. Wie soll ich in dem Papier-
kleide gehen? es ist draußen so kalt, daß einem der Athem friert,
da weht ja der Wind hindurch, und die Dornen reißen mirs vom
Leib.' »Willst du mir noch widersprechen?' sagte die Stiefmutter,