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Häuschen, das leer stand. Da sprachen sie 'hier wollen wir woh
nen, und du, Benjamin, du bist der jüngste und schwächste, du
sollst daheim bleiben und haushalten, wir andern wollen ausgehen
und Essen holen.' Nun zogen sie in den Wald, und schossen Ha
sen, wilde Rehe,'Vogel und Täuberchen und was zu essen stand:
das brachten sie dem Benjamin, der mußts ihnen zurecht machen,
damit sie ihren Hunger stillen konnten. In dem Häuschen lebten
sie zehn Jahre zusammen, und die Zeit ward ihnen nicht lang.
Das Tochterchen, das ihre Mutter, die Königin, geboren
hatte, war nun herangewachsen, war gar schon, und hatte einen
goldenen Stern auf der Stirne. Einmal, als große Wäsche war,
sah es darunter zwölf Mannshemden, und fragte seine Mutter
'wem gehören diese zwölf Hemden, für den Vater sind sie doch
viel zu klein?' Da antwortete sie mit schwerem Herze» 'liebes
Kind, die gehören deinen zwölf Brüdern.' Sprach das Mädchen
'wo sind meine zwölf Brüder, ich habe noch niemals von ihnen
gehört-' Sie antwortete 'das weiß Gott, wo sie sind: sie irren
in der Welt herum.' Da nahm sie ldas Mädchen, und schloß
ihm dasIZimmer auf, und zeigte ihm die zwölf Särge mit den
Hobelspänen und den Todtenkißchen. 'Diese Särge,' sprach sie,
'waren für.deine Brüder bestimmt, aber sie sind heimlich fort
gegangen, eh du geboren warst,' und erzählte ihm wie sich alles
zugetragen hatte. Da sagte das Mädchen 'liebe Mutter, weine
nicht, ich will gehen und meine Brüder suche».'
Nun nahm es die zwölf Hemden, und gieng fort und geradezu
in den großen Wald hinein. Es gieng den ganzen Tag, und
Kindermärchen. ®