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der Hirsch sprang ganz lustig vorbei; die Vogel blieben auf den
Testen sitzen, und sangen was sie nur wußten. Kein Unfall traf
sie: wenn sie sich im Walde verspätet hatten, und die Nacht sie über
fiel, so legten sie sich neben einander auf das Moos, und schliefen
bis der Morgen kam, und die Mutter wußte das, und hatte ihrent-
wegen keine Sorge. Einmal, als sie im Walde übernachtet hatten,
und das Morgenroth sie aufweckte, da sahen sie ein schönes Kind
in einem weißen glänzenden Kleidchen neben ihrem Lager sitzen.
Es stand auf, und blickte sie ganz freundlich an, sprach aber nichts,
und gieng in den Wald hinein. Und als sie sich umsahen, so hat
ten sie ganz nahe bei einem Abgrunde geschlafen, und wären gewiß
hinein gefallen, wenn sie in der Dunkelheit noch ein paar Schritte
weiter gegangen wären. Die Mutter aber sagte ihnen das müstc
der Engel gewesen sein, der gute Kinder bewache.
Schneeweißchen und Nosenroth hielten das Hüttchen der Mut
ter so reinlich, daß es eine Freude war hinein zu schauen. Im
Sommer besorgte Rosenroth das Haus, und stellte der Mutter jeden
Morgen, ehe sie aufwachte, einen Blumenstrauß vors Bett, darin
war von jedem Bäumchen eine Rose. Im Winter zündete Schnee
weißchen das Feuer an, und hieng den Kessel an den Feuerhacken,
und der Kessel war von Messing, glänzte aber wie Gold, so rein
war er gescheuert. Abends, wenn die Flocken fielen, sagte die Mut
ter *geh, Schneeweißchen, und schieb den Riegel vor/ und dann
setzten sie sich an den Herd, und die Mutter nahm die Brille, und
las aus einem großen Buche vor, und die beiden Mädchen hörten
zu, saßen und spannen; neben ihnen lag ein Lämmchen auf dem