wo nicht gerechtfertigt doch entschuldigt und aus dem drang der ereignisse abgeleitet
wird: sichtbar blickt überall das wolgefallen an ihm durch. auch die metrische ausbildung
verrät, wie ich schon oben (s. 15) angedeutet habe, den weltlichen dichter. endlich würde
ein geistlicher, der an den mündlichen vortrag nicht dachte, seine zuhörer schwerlich angeredet
haben, nu virnemet (F*, 16), nu fule wir danken (G*, 20), des wil ich an üch alle jehen
'H, 20), daz ez 4% nieman kan gefagen (H, 25), oder, als die liebenden allein sind, gefragt
waz went ir daz fie teten (E, 25)?
Ich glaube vielmehr der dichter war ein adelicher. er verweilt lange bei der beschreibung
von dem reich geschmückten gemach der gräfin («*) oder bei der pracht der kleider («*, 11—13),
an der noch im elend sich die abkunft des grafen verrät (H*, 5). selbst des mit edelsteinen
bedeckten reitzeugs (A*, 6—8) geschieht erwähnung. aber noch deutlicher spricht die sorgfalt,
womit er vornehme sitten und artiges benehmen des grafen hervorhebt, dem alle dorperheit
ferne bleiben soll (A, 2. 7°, 15. 19. 20. D*, 10. 11). eine entschuldigung scheint ihm nicht
überflüfsig, dafs Rudolf von dem weggeworfenen, für gemeines volk bestimmten brot ein
wenig genofsen hat, manchen edlen mann habe die noth zu ähnlichen dingen getrieben
H, 18—20). wenn es heifst, er habe den thau gesammelt mit /iner linden wizen hant
H, 12), so wird, um den vornehmen stand anzuzeigen, wieder ein epischer ausdruck ge
braucht, dessen häufige wiederkehr in deutschen gedichten ich nachweisen kann. Exodus
87, 1—3) der von adele was geborn, der mufste in lehm und letten arbeiten mit handen
vile wizen. Nibel. (1623, 2—4) vil /chiere dö was da mit [inen wizen handen, der fi um-
beflöz, Gifelher der junge. Gudrun (4032) fi (die fürstentochter) muo/fte den oven heizen
mit ir wizen hant, und (5375) die kleider — diuw dd habent gewafchen ir vil wize hende.
Eilharts Tristant (256—57) dö nam der vil edele quote daz kint bt finen wizen handen,
1872—73) dd nam der herre Triftant die juncvrouwen bi ir wizen hunt, Frauendienst
57, 17) den brief enphie ir wiziu hant, Bertolds Crane (IV, 470. 304) de junge küniginne
jemeit im al de wäfenriemen bant mit ir wizen edelen hant. de vrowe tete im manigen
fegen mit ir wizen edelen hant Konrads Schwanritter (1076 —77) mit blanker hende linde
wart ez (das schwert von dem ritter) üf herten /trit gewent. Konrads Otto (60—63) der
felbe knabe (sohn des herzogs von Schwaben) reine des tages dä ze hove gie vor den
fchen, unde lie dar üf die blanken hende fin. auch in einem dänischen lied (Danske viser
1. 97, 5) hans händer vare murehvide.
MM,
Die sage selbst, wie ich die glückliche mischung von geschichte und dichtung nennen
mufs, ist sie verschwunden ohne eine spur zurückzulafsen? etwa ein jahrhundert später
verfafste Bertold von Holle aus Niedersachsen ein gedicht, das den namen Crane (Kranich)
führt. es sind nur bruchstücke erhalten: einige davon habe ich 1829 bekannt gemacht,
andere hat D. Wilhelm Müller auf der Göttinger bibliothek entdeckt und, mit jenen
192*