Full text: Graf Rudolf

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bereit ihn zu empfangen. der bote eilt mit der antwort zurück. der könig will gerne die 
schöne königin (wie sie jetzt heifst) sehen, die so manches leid erduldet hat. er kommt 
in stolzem selbstgefühl (verwenentliche), und begrüfst sie wegen ihrer ankunft. sie fragt 
ob er zu ihr sich niedersetzen wolle, und spricht klug und freundlich mit ihm; doch seine 
bemühungen sind vergeblich. 
Das verhältnis dieses königs zu der frau ist nicht leicht zu bestimmen. in den vor- 
hergehenden bruchstücken war der anfang ihrer liebe zu dem grafen erzählt. er begab 
sich im dienste ihres vaters auf einen gefahrvollen zug, aber er hatte den sieg erkämpft, 
and war doch wol mit Halap zurückgekehrt. er muls sich aufs neue in gefährlichkeiten 
vegeben haben, denen er unterlag, denn er ist wieder von der frau getrennt, und wird 
’ür tod gehalten. war, wenn die ehe eines christen mit einer heidin nicht statt finden 
konnte, ihre verbindung mit Rudolf von Halap gebilligt und öffentlich anerkannt worden? 
hatte er ihn theil an der herrschaft nehmen lassen? eine veränderung in ihrem verhält- 
nisse mufs vorausgegangen sein, denn sie hiefs vorher nur vrowe, und wird jetzt königin 
zenannt. jener könig, der sie schon früh morgens besucht, und den sie mit freundlichkeit 
aber auch mit zurückhaltung empfängt, der ein christliches reich besitzt, und zu Constan- 
tinopel herrscht, kann kein anderer als der griechische kaiser sein, dem der deutsche dich- 
ter, weil er nur Einen kaiser, den römischen, anerkennt, blofs den königstitel gibt; auch 
im Rother (313. 468. 1616) wird Constantin könig genannt. dazu stimmt die grofse pracht, 
mit welcher hernach die taufe der königin angeordnet wird. die meisten schwierigkeiten 
machen die worte: 
gezogentliche fie in virfuochete. 
fie vrdgete ob er geruochete 
mider bt fie fitzen. 
fie fprach mit quoten witzen 
fuoze wort mit rechter mäze. 
fie wifete ime die [trdze, 
dä er doch Erfte inne reit. 
er virlös fine arbeit. 
srinnert sie ihn etwa an ein früheres verhältnis, und bemüht er sich vergeblich es zu er- 
neuen? will er sich mit ihr, weil er sie für eine witwe hält, vermählen? der dichter 
bemerkt man dürfe ihr deshalb keinen vorwurf machen, der, auf den sie harre, habe ihr 
zrofse liebe erwiesen, und manche noth habe sie mit ihm ertragen. einiges recht auf ihre 
‚ärtlichkeit mufste demnach der könig von Constantinopel doch gehabt haben, aber des 
zrafen ansprüche waren stärker. den bildlichen ausdruck fie wifete ime die [träze, dä er 
doch Erfte inne reit erklärt eine andere stelle, Minnesänger 1, 195*, wo der dichter von 
seiner frau sagt fie kan die rehten /träze gewifen wol, die man ze fröiden pfaden 
fol; vgl. Freidank 36. 18 der wilen lirdıe warn. Altmeistergesangbuch 24* gotes und 
der eren Iträze
	        
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