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worden, ungestörter und langsamer fortentwickelt und auf
Island in ihren edelsten Bestandtheilen geborgen. Zwischen
altnordische» Quellen des neunten Jahrhunderts und der
jetzigen isländischen Sprache ist darum der Abstand weniger
empfindlich, als zwischen althochdeutschen Denkmälern des
achten und denen des elften Jahrhunderts. Man erkennt
klar, welchen herrlichen Einfluß volksmäßige Dichtung und
Bildung auf Sprache und Geschichte äußern. Für die histo-
rische Grammatik bleibt zu wünschen
1) daß man die alterthümlichen Stufen, welche sich, wenn
gleich als gelinde und wenig auffallende, in den verschie
denen eddischen Liedern (des achten, neunten und zehnten
Jahrhunderts) selbst nachweisen lassen und etwas merklicher
werden, wenn man die spätern Gedichte und die Prosa
damit vergleicht, sorgfältig prüfe.
2) Die schneller sinkende Sprache der alten norwegischen,
schwedischen und dänischen Gesetze untersuche und den
allmäligen Uebergang in die ncunordischen Sprachen aus-
mittle.
VI. Mittelhochdeutsche Quellen.
Eine vollständige, oder selbst nur ins Einzelne gehende
Angabe der zahlreichen Quellen, die sich im zwölften und
dreizehnten Jahrhundert für die hochdeutsche Mundart er
öffnen, wird man hier nicht erwarten. -Schwäbische, bairi
sche, östreichische und schweizerische Dichter haben um diese
Zeit, hauptsächlich im Laufe des dreizehnten Jahrhunderts
nicht blos durch eigentlich deutsche Werke, sondern durch
freie, veredlcnde Umdichtung welscher auch der Geschichte
unserer Sprache de« größten Dienst erzeigt. Manche wichtige
Denkmäler dieser schönen Periode sind untergegangen, doch
darf man annehmen, daß wir das meiste und wichtigste davon
besitzen. Dg dieses bisher nur dem geringsten Theile nach
cririsch herausgegeben worden ist, habe ich mich absichtlich
auf den Gebrauch einiger Werke beschränkt. Aus dem zwölften
Jahrhundert stammen i) das Gedicht von Carl dem Großen,
vielleicht noch am Schluß des stiften Jahrhunderts unter
Heinrich IV. vom Pfaffen Conrad gedichtet. Unvollständig
bei Schiltcr aus der Straßb. Hs. unter dem Titel: kraLm.
beili contra Saracenos; wir dürfen uns eine berichtigte
Ausg. aus der Heidelberger von Avne versprechen. Die
Sprache neigt ine Niederdeutsche. 2) Das Lied von S.
Anno (Hanno), nicdcrrheinisch, aber wegen Entstellung der
Lesarten für die Grammatik wenig brauchbar. 3) Die so
genannte Königöchronik im Cod. pal. 361. und sonst
jit Wien rc. handschriftlich. Noch nicht herausgegeben,
gleichfalls zum Niederdeutschen hinneigend und dem Lied von