Full text: Deutsche Grammatik (Erster Theil (Erster Teilband))

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andern, die mit Deutschen in Deittschkand selbst, oder als 
Gefangenen in Italien umzugehen häufige Gelegenheit fan- 
den, eine Wißbegier gezeigt hatte, wie sie uns heutzutag 
ganz natürlich scheint, deutsche Wörter zu erfragen und nie« 
verzuschreiben, vielleicht ganze Sätze und Lieder; welcher 
größere Dienst könnte der Geschichte unserer Grammatik und 
Poesie je geleistet worden seyn? Hatte nicht ein späterer 
Lustspieldichter, wie Plautus im Pönulussden Hanno punisch 
reden läßt, einen gefangnen Germanen redend einführen 
können? 
Wir haben nichts, als Völker- Oerter- und Personen 
namen übrig, aus dem Jahrhundert vor Christus bei Livius 
und I. Casar — aus dem ersten Jahrhundert bei Plinius, 
Tacitus, Skrabv, Vcllejus Pat. — aus dem zweiten bei 
Florus und Ptolemäue — aus dem dritten bei Dio Cassius 
und Hervdia» — aus dem vierten bei Ammianus Marc. 
Eutropiiiö, Dopiscus, Aurclius Victor, Eunapius Sardia- 
NUS, Capitolinuö, Eusebius, Lactantius— aus dem fünften 
bei Jbacius, Priscus Rhetor, Orosius. Die reichhaltigste Quelle 
ist Tacitus, nach ihm Cäsar, Ptolcmaus, Strabo und Am 
mianus. Auch bei Gruter sind einige deutsche Namen in 
verschiedenen alten Jnscriptioneu zu finden. 
Es gebricht an einer vollständigen Zusammenstellung und 
Untersuchung dieser wichtigen Uebcrbleibsel. Für die Critik 
der Lesarten bleibt noch manches zu thun, besonders bei Ptor 
lcmäus, überall sollten die der ältesten Handschriften herge 
stellt und spätere Conjccturcn der Gelehrten verworfen wer 
den, wie neulich Pastow bei der 6orms„ia mit Erfolg ge 
zeigt hat. Sodann muß man sie durchgehends nickt aus 
der spateren Sprache*), sondern aus den ältesten einheimi 
schen Denkmälern behutsam erläutern, wobei das Studium 
der althochdeutschen Eigennamen in den Urkunden des sechs 
ten bis neunten Jahrhundert große Hülfe gewahrt. Es ist 
falsch, davon auszugehn, daß die deutschen Wörter von den 
Römern entstellt und ihrer lateinischen Aussprache bequemt 
worden seyen; im Gegentheil wird man bei gründlicher Untersu 
chung sich immer mehr von der Zuverlässigkeit, namentlich 
des Tacitus, überzeugen; blos die Endungen sind latcinisirt, 
aber mit wohlverstandener Rücksicht auf die Analogie zwi 
schen beiden Sprachen. Häufig oder bei verschiedenen Schrift 
stellern vorkommende Namen, z. B. caunüiekare», rencreri. 
») Liminiu» durch Hermann, Ariovistu« durch Ehrenfest zu 
erklären ist nicht besser, «IS CanuinesaMt durch Lautlichem 
länger.
	        
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